Wenn Bt-Pflanzen ihre Wirksamkeit verlieren

20.06.2012 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Bt-Proteine können mittels gentechnischer Verfahren auf Pflanzen übertragen werden.(Quelle: © Kurt Bouda / pixelio.de)

Bt-Proteine können mittels gentechnischer Verfahren auf Pflanzen übertragen werden.(Quelle: © Kurt Bouda / pixelio.de)

Bt-Mais hat den US-amerikanischen Landwirten in den letzten Jahren zu höheren Erträgen bei deutlich geringerem Pestizideinsatz verholfen. Mit dem Auftreten erster Bt-resister Insekten müssen die Anbaustrategien jedoch überdacht werden, um die Wirksamkeit der transgenen Pflanzen zu erhalten. Das „Integrierte Schädlingsmanagement“ soll dabei helfen.

Transgene Feldfrüchte, die insektenvernichtende Proteine aus dem Bakterium Bacillus thurengiensis (Bt) produzieren, haben der US-amerikanischen Landwirtschaft gute Dienste geleistet. Einer der gefürchtetsten Maisschädlinge in den USA ist der Westliche Maiswurzelbohrer (Diabrotica virgifera). Vor Einführung der Bt-Pflanzen kosteten er und seine gleichartigen Verwandten die amerikanische Landwirtschaft etwa eine Milliarde US-Dollar pro Jahr. Mit dem Aufkommen der Bt-Pflanzen um das Jahr 1996 konnten die Landwirte den Einsatz von Pestiziden erheblich reduzieren.

Derzeit gibt es drei verschiedene Bt-Toxine, die gegen Diabrotica-Spezies aktiv sind: Cry3Bb1, Cry34/35Ab1 und mCry3Aa. Diese kommen entweder in einfacher Form oder paarweise im Bt-Mais vor. Mais mit dem Cry3Bb1-Protein wird in den USA am häufigsten angebaut, nach Angaben von Monsanto wuchs dieser Mais im Jahr 2009 auf 13 Millionen Hektar Ackerfläche in den USA. Zum Vergleich: Dies ist mehr als die gesamte ackerbaulich genutzte Fläche Deutschlands (ca. 12 Mio. Hektar).

Doch genauso wie bei konventionellen Insektiziden, können die natürlichen Fressfeinde einer Pflanze auch gegen die Bt-Proteine in transgenen Feldfrüchten Resistenzen ausbilden. Um diesen Prozess möglichst lange hinauszuzögern, hat die US–amerikanische Umweltschutzbehörde (EPA) einen sog. „Schädlings Management Plan“ ins Leben gerufen. In diesem Plan legt die Behörde großen Wert auf sog. Schutzzonen, in denen parallel zum transgenen Mais auch konventioneller angebaut werden soll.

Damit der Bt-Mais effektiv gegen Wurzelbohrer bleibt, empfiehlt die dortige Umweltschutzbehörde die Schutzzonen auf 20% der Anbaufläche bei Maispflanzen mit einem Bt-Protein und 5% bei Maispflanzen mit zwei unterschiedlichen Bt-Proteinen zu erhöhen. Diese Strategie, die sich schon bei anderen Bt-Pflanzen bewährt hat, soll den Bt-empfindlichen Insekten einen Raum zum Überleben zu schaffen.

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In sogenannten Schutzzonen soll neben Bt-Mais auch konventioneller Mais gepflanzt werden.

In sogenannten Schutzzonen soll neben Bt-Mais auch konventioneller Mais gepflanzt werden.

Bildquelle: © Rita Köhler / pixelio.de

Die Schutzzonenstrategie

Die Schutzzonenstrategie wurde in mehreren Modellstudien erarbeitet und beruht auf folgenden Annahmen: Zuerst kommen resistenzvermittelnde Allele unter den Insekten nur selten vor, sodass zunächst nur sehr wenige resistente Fressfeinde auf einer Bt-Pflanze überleben. Diese wenigen resistenten Insekten kreuzen sich dann mit den zahlreichen Bt-empfindlichen Fressfeinden aus den Schutzzonen, wo konventionelle Pflanzen ohne Bt-Toxine wachsen. Wenn das Resistenzmerkmal rezessiv vererbt wird, werden derartige Hybride auf Bt-Pflanzen sterben. Das reduziert die Vermehrung von resistenten Individuen erheblich. Dieser Ansatz wird manchmal auch als „Hochdosis-Schutzraum-Strategie“ bezeichnet, weil er am besten funktioniert, wenn das Bt-Toxin derart hochkonzentriert ist, dass alle oder fast alle Hybride aus resistenten und nicht resistenten Insekten daran zugrunde gehen.

Studien der letzten Jahre zeigten, dass die Hochdosis-Schutzraum-Strategie auf dem Feld tatsächlich erfolgreich ist. Bei allen drei bisher bekannten Fällen, bei denen auf Feldern Bt-resistente Insekten gefunden wurden, waren entweder nicht genügend Schutzzonen vorhanden, die Dosis des Bt-Toxins nicht hoch genug oder beides zusammen. Da sich die Konzentration des Bt-Toxins nicht so einfach verändern lässt, stellt die wirksamste Komponente zum Schutz vor Resistenzbildungen das Anbringen von Schutzzonen dar. Nur wie groß sollen diese sein?

Bei Bt-Baumwolle in Australien mussten die Schutzräume zeitweise sogar auf mindestens 70 % der gesamten Anbaufläche erhöht werden. Grund dafür war die nicht ausreichende Toxizität des dort verwendeten Bt-Proteins (Cry1Ac) auf seine Zielorganismen. Die Fläche der Schutzzonen konnte dort erst reduziert werden, als die Bauern Baumwolle mit zwei kombinierten Bt-Toxinen (Cry1Ac und Cry2Ab) anbauten. Modellversuche deuten darauf hin, dass wenn entweder das Bt-Toxin nicht konzentriert genug oder die anfängliche Anzahl an resistenten Insekten nicht niedrig genug ist, die Fläche der Schutzzone erhöht werden muss, um eine Resistenzbildung ganzer Populationen hinauszuzögern.

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Bei Bt-Baumwolle in Australien mussten die Schutzräume zeitweise sogar auf mindestens 70 % der gesamten Anbaufläche erhöht werden.

Bei Bt-Baumwolle in Australien mussten die Schutzräume zeitweise sogar auf mindestens 70 % der gesamten Anbaufläche erhöht werden.

Bildquelle: © iStockphoto.com/ juthathip tybon

Die Toxizität des Bt-Toxins lässt sich ganz einfach im Labor testen. Dazu kreuzen Wissenschaftler beispielsweise einen Bt-resistenten Maiswurzelbohrer mit einem Bt-sensiblen. Deren Nachkommen setzen sich auf den zu testenden Bt-Pflanzen aus. Ist das Bt-Toxin giftig genug für diese Hybride, werden nahezu alle Tiere auf den Pflanzen sterben. Ist dies nicht der Fall, reicht die Toxizität des Bt-Proteins höchstwahrscheinlich nicht aus, um Resistenzen unter den Maiswurzelbohrern zu vermeiden.

Einrichtung von Schutzzonen braucht Zeit

Wissenschaftler fanden nun heraus, dass die von der EPA empfohlenen Schutzraumflächen wahrscheinlich nicht ausreichen, um eine Resistenzbildung des Maiswurzelbohrers wesentlich hinauszuzögern. Doch so schnell lassen sich die Anbaustrategien der dortigen Bauern nicht verändern. Die meisten in den USA produzierten Maissamen sind bereits transgen und enthalten Gene zur Insektenabwehr. Um die Anbaufläche der Schutzräume erhöhen zu können, benötigen die Bauern mehr Maissamen ohne Gene zur Kontrolle des Wurzelbohrers. Und deren Produktion wird etwas Zeit in Anspruch nehmen. Die Wissenschaftler schlagen daher vor, die wenigen verfügbaren konventionellen Maissamen vorerst nur dort auszubringen, wo Resistenzen bereits aufgetreten sind oder erfahrungsgemäß wahrscheinlich auftreten könnten. Doch viele Landwirte sind von dieser Vorsichtsmaßnahme wenig begeistert. Denn größere Schutzzonen einzurichten, ist für sie mit mehr Arbeit und finanziellen Einbußen verknüpft.  

Das Integrierte Schädlingsmanagement

Der Schlüssel zu einer Verzögerung in der Resistenzbildung von Schädlingen scheint im sog. Integrierten Schädlingsmanagement zu liegen, bei dem Bt-Mais nur eine von vielen Möglichkeiten ist, den Maisschädlingen Herr zu werden. Die Autoren einer aktuellen Studie empfehlen beispielsweise den wechselnden Anbau von Bt-Mais mit unterschiedlichen Bt-Toxinen, regelmäßigen Fruchtwechsel auf den Feldern (Fruchtfolge) und den umsichtigen Einsatz von Insektiziden. Diese Strategie scheint die Anzahl von Bt-resistenten Insekten am effektivsten verringern zu können.

Auch die Aussaat von Bt-Pflanzen, die zwei aktive Bt-Toxine beherbergen, könnte eine Maßnahme bei der Schädlingsbekämpfung sein. Denn bisher sind auf Feldern mit derartigen Bt-Pflanzen noch keine Bt-resistenten Insekten gefunden worden. Um dies erst gar nicht zu provozieren, empfehlen die Wissenschaftler bei solchen Feldern prophylaktisch eine 20%-ige Schutzzone einzurichten.

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Neben dem Westlichen Maiswurzelbohrer ist auch der Maiszünsler (Ostrinia nubilalis) ein wirtschaftlich bedeutender Mais-Schädling.

Neben dem Westlichen Maiswurzelbohrer ist auch der Maiszünsler (Ostrinia nubilalis) ein wirtschaftlich bedeutender Mais-Schädling.

Bildquelle: © entomart/ wikimedia.org; gemeinfrei

Besonders wirkungsvoll scheinen auch die dreifach kombinierten Maishybride zu sein, wenn es um Ertragssteigerung und Insektenabwehr geht. Diese Maisvarianten sind gentechnisch so verändert, dass sie die meisten Fressfeinde aus den Gattungen der Lepidoptera und Coleoptera vernichten, sowie resistent gegen das Herbizid Roundup von Monsanto sind. Derartige Maispflanzen wurden im Jahr 2010 auf etwa der Hälfte aller US-amerikanischen Maisfelder angebaut. Vergleichsversuche mit Kontrollpflanzen, die lediglich über die Herbizidresistenz verfügten, resultierten je nach Anbaujahr und -ort in einem um 0,27 bis 1,19 Tonnen pro Hektar erhöhten Ertrag bei den dreifach kombinierten Maishybriden. Die großen Schwankungen bei den Ernteerträgen liegen in der Natur der Dinge: Maisschädlinge kommen nicht jedes Jahr im selben Gebiet in gleicher Anzahl vor.

Ein wichtiger Schädling des US-amerikanischen Maises, der Maiszünsler, kann zwei oder manchmal auch drei Generationen pro Jahr produzieren. Abhängig vom Befall und vom Entwicklungsstadium der Pflanzen kann der Maiszünsler zu sehr unterschiedlichen Schäden und Ernteausfällen führen. Auch das Wetter spielt dabei eine wichtige Rolle: Es beeinflusst sowohl die Entwicklung der Insekten als auch die der Maispflanzen. 

Untersuchungen zeigten, dass die dreifach kombinierten Maishybride ihren natürlichen Artgenossen auch bei der Ertragsstabilität überlegen sind. Diese Ertragsstabilität könnte, nach Angaben der Wissenschaftler, vor allem Bauern in Entwicklungsländern zugute kommen, die häufig mit starken Ertragschwankungen zu kämpfen haben. 

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigten nicht nur Ertragssteigerungen als Vorteil der dreifach kombinierten Maishybride. Mit diesen würden allerdings die Ressourcen der Erde geschont, da auf weniger Fläche mehr produziert werden könne. Weitere wesentliche Vorteile beim Anbau derartiger Pflanzen sehen Forscher im reduzierten Einsatz von Pestiziden, der Verbesserung der Maiskornqualität und dem Schutz benachbarter Feldfrüchte durch das Unterdrücken von Fressfeinden. Daher sei es so wichtig, die Bt-Toxine in ihrer Wirksamkeit zu erhalten und das Aufkommen resistenter Insekten zu vermeiden.


Quellen:

  • Edgerton, M.D. et al. (2012): Transgenic insect resistance traits increase corn yield and yield stability. In: Nature Biotechnology 30, 493–496, doi: 10.1038/nbt.2259.
  • Tabashnik, B.E. and Gould, F. (2012): Delaying Corn Rootworm Resistance to Bt Corn. In: Journal of Economic Entomology, 1105(3):767-776, doi: 10.1603/EC12080.

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Titelbild: Bt-Proteine können mittels gentechnischer Verfahren auf Pflanzen übertragen werden. (Quelle: © Kurt Bouda / pixelio.de)