Wie Pflanzen schwitzen

Mechanismus zum Wassersparen entdeckt

15.07.2010 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Je wärmer es ist, desto mehr müssen Pflanzen mit Wasser haushalten (Quelle: © iStockphoto.com/ Victor Burnside)

Je wärmer es ist, desto mehr müssen Pflanzen mit Wasser haushalten (Quelle: © iStockphoto.com/ Victor Burnside)

Pflanzen haushalten mit ihrem Wasser. Forscher entdeckten nun einen neuen Mechanismus zur Kontrolle des Wasserhaushalts von Blättern.

Wasser ist ein lebenswichtiger Rohstoff für das Leben auf der Erde. Pflanzen benötigen Wasser für die Photosynthese. Zudem hält es als Zellflüssigkeit den Zellinnendruck aufrecht und gibt der Zelle so Stabilität. Mit dem Wasserstrom gelangen Nährstoffe über die Wurzeln in die Pflanze und werden über Leitbündel dorthin transportiert, wo sie benötigt werden. Wasser ist eine knappe Ressource. Bereits heute ist es einer der limitierendsten Faktoren der Landwirtschaft. Die Prinzipien und Mechanismen des Wasserhaushalts in Pflanzen besser zu verstehen, ist daher ein fundamentales Interesse der Pflanzenforscher und in der Agronomie.

Kleine Pflanzenpore mit großer Bedeutung

Gerade bei sommerlicher Hitze müssen Pflanzen mit ihrem Wasser haushalten. Über verschließbare Poren an der Blattunterseite, die sogenannten Spaltöffnungen (Stomata), geben sie kontrolliert Wasserdampf an die Atmosphäre ab und regulieren so ihren Wasserhaushalt (Transpiration). Die Größe der Poren reguliert zudem die Menge an einfließendem CO2, das der Pflanze für die Photosynthese zur Verfügung steht. Dies beeinflusst die Photosynthese-Produktivität der Pflanzen und ebenso die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre.

Durch die Transpiration kühlt sich die Pflanze ab. Der abgegebene Wasserdampf befeuchtet die Atmosphäre direkt über der Vegetation. Auf diese Weise wird das Mikro- und in der Gesamtheit der Vegetation der Erdoberfläche auch das globale Klima moderiert.

Wärme ist auch für Pflanzen schweißtreibend

Wie die Spaltöffnungen auf Reize der Umwelt reagieren, haben Wissenschaftler aus dem Forschungszentrum Jülich und dem Carnegie Institut in Standfort in Kalifornien herausgefunden. Ihre Ergebnisse widerlegen bisherige Vorstellungen darüber, wie Spaltöffnungen die Abgabe von Wasserdampf an die Umwelt regulieren. Im Labor untersuchten die Forscher die Reaktion von Sonnenblumen-Blättern auf energiereiches Infrarot-Licht im Vergleich zu sichtbarem Licht, das die Pflanze bei der Photosynthese nutzt. Sie wollten herausfinden, wie der Austausch von Energie und Wasserdampf außerhalb des Blattes mit Prozessen innerhalb des Blattes in Verbindung steht.

Bestrahlten die Wissenschaftler die Pflanze mit Infrarot-Licht, öffneten sich die Stomata und stimulierten so indirekt die Photosynthese. Ähnlich stark öffneten sich die Stomata, wenn Licht anderer Wellenlänge mit einer vergleichbaren Energiemenge verwendet wurde. Dies lässt die Forscher darauf schließen, dass Wärme der Motor des Prozesses ist.

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Spaltöffnungen unter mikroskobischer Betrachtung.

Spaltöffnungen unter mikroskobischer Betrachtung.

Bildquelle: © iStockphoto.com/ Nancy Nehring

Bisher ging man davon aus, dass die Schließzellen der Spaltöffnungen Sensor- und Photozellen besitzen, die die Lichtstärke und andere Umweltreize wahrnehmen können und so eine Reaktion (die Öffnung oder Schließung der Stomata) darauf ermöglichen. Im Gegensatz dazu deuten die Studienergebnisse darauf hin, dass es einen direkten biophysikalischer Prozess gibt, der den Wasserhaushalt steuert, aber von der Photosynthese oder Sensorzellen unabhängig ist. Der entscheidende Faktor für die Funktion der Spaltöffnungen scheint vielmehr der Energieeintrag des eingestrahlten Lichtes zu sein.

Was geschieht dabei im Blattinneren?

Fällt Sonnenstrahlung auf eine Pflanze, wird die Energie der Strahlung im Blattinneren absorbiert und auf das Blattwasser übertragen, so dass dieses verdunstet. Der Wasserdampf verteilt sich im Blattinneren und kann an der Innenseite der Blatthaut (Epidermis) kondensieren. Der Druck in der Zelle erhöht (oder verringert) sich und setzt einen Mechanismus in Gang, der die in der Epidermis befindlichen Poren öffnet (oder schließt).

Bislang nahm man an, dass Wasser vor allem direkt in der Kammer unter der Spaltöffnung verdunstet. Die Forscher konnten nun zeigen, dass das ganze Blatt die Energie aufnimmt, somit mehr Wasserdampf entsteht und die Spaltöffnungen dabei lediglich die Tore nach außen sind.

Das Sonnenblumen-Experiment wiederholten die Wissenschaftler mit fünf anderen Pflanzen. Sie variierten dabei die Temperaturen und die Menge an verfügbarem CO2. Auf Basis der Experimentaldaten entwickelten sie ein Model zur Nachahmung der Energiebalance des Blattsystems. Auch die Modellrechnungen bestätigten die Laborergebnisse: Die Regulierung der Spaltöffnungen hängt von physikalischen Prozessen im Blattinneren ab.

Ein neues Modell für die Forschung

Seit 300 Jahren studieren Wissenschaftler die Funktionsweise der Spaltöffnungen. Nun sei es gelungen, die Regulationsmechanismen des Wasserhaushalts von Pflanzen auf wechselnde Umweltbedingungen besser zu verstehen, erklären die Forscher. Bisherige Modelle über die Funktionsweise der Stomata müssten auf Grund dieser neuen Ergebnisse korrigiert werden.

Die Erkenntnisse der Studie werten die Wissenschaftler als einen Durchbruch für die Pflanzen- und auch die Klimaforschung. Ein besseres Verständnis des Wasserhaushalts der Pflanzen helfe einerseits die Wachstumsbedingungen von Pflanzen unter verschiedenen Umweltbedingungen besser zu verstehen. Potenziell könnte dieses Wissen dazu beitragen, Pflanzen für verschiedene Standortbedingungen zu optimieren. Hierdurch könnten Ertragssteigerungen vor allem aber die Sicherung der Erträge in der Landwirtschaft verbessert werden.

Auch derzeitige Klimamodelle können auf Basis der Daten verbessert werden. Eine zunehmende Wärmestrahlung auf das Pflanzenblatt führt einerseits zu einer stärkeren Transpiration und damit zu Wasserverlust aber auch zu einem feuchteren und moderateren Klima über der Vegetation. Weiterhin geht mit der Transpiration eine verstärkte Aufnahme von CO2 für die Photosynthese einher. CO2 trägt als Treibhausgas zum Klimawandel bei. Wird bei starker Sonneneinstrahlung (und ausreichend Wasser) viel CO2 in der Photosynthese umgesetzt, hat dies eine geringere CO2-Konzentration in der Atmosphäre zur Folge – ein Faktor der in derzeitigen Klimamodellen noch nicht berücksichtigt wird.


Publikation:
Pieruschka at al. (2010): Control of transpiration by radiation. PNAS (Online veröffentlicht am 12. Juli 2010), doi: 10.1073/pnas.0913177107.(Link)

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