Wildnis im Anthropozän

Drohnen für mehr Natürlichkeit

07.02.2017 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Drohne in Aktion. (Bildquelle: © Pexels/pixabay, CCO)

Drohne in Aktion. (Bildquelle: © Pexels/pixabay, CCO)

Der Mensch hat das Leben auf dem Planeten Erde entscheidend geprägt. Ausgerechnet mit neuester Technik kann er dazu beitragen, seinen Einfluss wieder zurückzudrängen.

Sei es durch den Klimawandel oder durch die Verbreitung bestimmter Tier- und Pflanzenarten:  Der Mensch hat die Lebensbedingungen auf dem Planeten Erde ganz enorm beeinflusst. Es gibt praktisch keine landschaftlichen Räume mehr, in denen er keine Spuren hinterlassen hat. Rückgängig machen lässt sich diese Entwicklung nicht. Aber auch wenn sich Unberührtheit der Natur fast überall verloren ist, so lassen sich doch ein paar Reparaturen vornehmen. Durch Aufforstung zum Beispiel.

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Was genau versteh man unter Wildnis? Das Bundesamt für Naturschutz beispielsweise fasst darunter jene Gebiete, die „natürlich oder einer ungelenkten Entwicklung“ überlassen sind. Das ist heute vor allem in Nationalparks und Naturschutzgebieten der Fall.

Was genau versteh man unter Wildnis? Das Bundesamt für Naturschutz beispielsweise fasst darunter jene Gebiete, die „natürlich oder einer ungelenkten Entwicklung“ überlassen sind. Das ist heute vor allem in Nationalparks und Naturschutzgebieten der Fall.

Bildquelle: © Rainer Sturm / pixelio.de

Wenn künftig selbstgesteuerte Drohnen (und nicht Menschen) diese Arbeit übernehmen, könne dies die Unabhängigkeit der Natur vom Menschen stärken, argumentieren nun einige Forscher. Demnach entsteht Autonomie nicht etwa, indem man die Natur sich selbst überlässt, sondern mit neuester Technik, ausgerechnet.

Unabhängig durch Technik

Ein Widerspruch? Nicht unbedingt. Dass nun der Mensch der Natur dazu verhilft, mit Hilfe menschengemachter Technologie von ihm unabhängiger zu werden, ist nur konsequent – zumindest in den Augen jenes Forscherteams, das nun beispielhaft einige Verfahren zusammengetragen hat, mit denen sich die Auswirkungen menschlichen Verhaltens korrigieren lassen.

Ihr Argument: Im sogenannten Anthropozän, dem gegenwärtigen Erdzeitalter, das als offizielle Epochenbezeichnung jedoch nicht anerkannt ist, mache der menschliche Einfluss vor keiner Landschaft halt – auch nicht vor jener, die wir als Wildnis bezeichnen. „Wilde Landschaften zu erhalten, erfordert immer mehr menschliches Eingreifen“, so die These der Wissenschaftler. Was das bedeutet, hat der an der Studie beteiligte Ökologe Erle Ellis vor einiger Zeit in einem Zeitungsinterview noch deutlicher auf den Punkt gebracht: „Natur ist etwas, das wir schaffen.“

Natur vor dem Menschen schützen

Die Mittel dazu: Drohnen und Roboter. Längst werden sie in der Landwirtschaft eingesetzt. Technologien, die Daten erheben und zum Teil auch vernetzen, erleichtern Ackerbau und Viehzucht. Drohnen vermessen Flächen und überwachen das Wachstum von Tieren und Pflanzen. Roboter helfen im Stall, das Vieh zu füttern, auf dem Acker machen sie sich nützlich, indem sie Unkraut jäten.

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Roboter als Hilfmittel: Die kleinen Roboter können Öl von der Wasseroberfläche saugen. (Video in Englischer Sprache; Quelle: MIT Senseable City Lab/youtube.com)

Die Technologie ermöglicht dem Menschen, die Natur besser zu nutzen. Vergleichsweise selten setzt er sie im Moment noch ein, um die Natur vor ihm zu schützen – und die Schäden, die er mitverantwortet hat, bestmöglich zu beheben. Insbesondere in Bereichen, die für Menschen schwer zugänglich sind, könnte die Technik helfen.

Flotte bekämpft Öl

Zum Beispiel auf See. Als die Ölplattform Deepwater Horizon 2010 in Brand geriet, flossen etliche Barrel Öl ins Meer. Wenige Monate später stellten amerikanische Wissenschaftler Roboter vor, die eigens für Situationen wie diese gemacht sind: In Form von solargesteuerten, schwimmenden Boxen, die untereinander vernetzt sind, rücken die Roboter bei Ölkatastrophen in Schwärmen aus, um das Öl zu entfernen.

Mit einem Band aus Nanogewebe können die Roboter Öl von der Wasseroberfläche abschöpfen: Es stößt Wasser ab, während es Öl aufsaugt – und das in beträchtlichem Umfang. Das Material nimmt laut Angaben der Entwickler bis zum 20-Fachen des eigenen Gewichts auf. Ihren Angaben zufolge hätten 5.000 bis 10.000 ihrer Roboter die Folgen des Unglücks im Golf von Mexiko binnen weniger Wochen beheben können.

Roboter schützen Korallen

Ein anderes Beispiel: Am Great Barrier Reef vor der Küste Australiens sorgen Dornenkronenseesterne für das Sterben des Korallenriffs. Ein ausgewachsener Seestern dieser Art frisst täglich eine tellergroße Fläche Korallen. Dass sich Seesterne so stark vermehren, geht auf Düngemittel zurück, die in der Landwirtschaft eingesetzt werden und ins Meer gespült werden. Die Invasionen der Dornenkronenseesterne treten in immer kürzeren Abständen auf.

Bisher schicken die australischen Behörden Taucher auf den Meeresgrund, um die Seesterne von Hand unschädlich zu machen. Laut WWF wurden auf diese Art 400.000 Tiere entfernt. Nur: Das war ein Tropfen auf den heißen Stein. Nun können Roboter die Arbeit übernehmen. Mit dem Cotsbot haben australische Wissenschaftler eine Maschine entwickelt, die in einem per GPS definierten Bereich die Seesterne unter Wasser aufspürt und ihnen eine tödliche Lösung injiziert. Dabei sollen sie effizienter als menschliche Taucher sein.

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Leibspeise Korallen: Seesterne gefährden das Great Barrier Reef in Australien.

Leibspeise Korallen: Seesterne gefährden das Great Barrier Reef in Australien.

Bildquelle: © Amada44/ wikimedia.org/ CC BY-SA 3.0

Was ist Wildnis?

So sinnvoll und wirksam Methoden wie diese auch sein mögen – es bleibt die Frage, ob es wirklich noch mit Wildnis zu tun hat, wenn der Mensch über das Überleben der Arten entscheidet? Und macht es hierbei einen Unterschied, ob er Seesterne von Hand eliminiert oder via Roboter? Die Prämisse der Forscher, dass Natur notwendigerweise vom Menschen gestaltet ist, dürfte nicht überall Anerkennung finden.

Das Bundesamt für Naturschutz beispielsweise versteht unter Wildnis jene Gebiete, die „natürlich oder einer ungelenkten Entwicklung“ überlassen sind. Das ist heute vor allem in Nationalparks und Naturschutzgebieten der Fall. Der Behörde zufolge macht sich so verstandene Wildnis auf rund 0,6 Prozent der deutschen Fläche breit.

Mehr Wildnis geplant

Bald aber soll es mehr wilde Fläche geben. Die „Nationale Strategie zur biologischen Vielfalt“ des Bundesumweltministeriums verlangt, dass bis 2020 auf zwei Prozent der deutschen Landesfläche Wildnis entsteht – etwa in Mooren, im Hochgebirge oder auf verlassenen Truppenübungsplätzen.

Dass technologisches Know-how dazu beitragen kann, die Artenvielfalt zu schützen, stellt das Strategiepapier nicht in Frage. Das Kapitel zu Wildnisgebieten sieht jedoch vor, dass sich Natur hier „ungestört“ und „nach eigenen Gesetzmäßigkeiten“ entwickelt. Davon, dass Drohnen und Roboter die Natur auf diesem Weg unterstützen, ist vorerst keine Rede.


Quelle:
Cantrell, B., Martin, L. und Ellis, E.C. (2017): Designing Autonomy: Opportunities for Now Wildness in the Anthropocene. In: Trends in Ecology & Evolution, (17. Januar 2017), doi: 10.1016/j.tree.2016.12.004.

Weiterführende Informationen:

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Titelbild: Drohne in Aktion. (Bildquelle: © Pexels/pixabay, CCO)