„Kontroversen sind gut, wenn sie konstruktiv sind“

Interview mit Robert Hoffie

18.03.2020 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Robert Hoffie engagiert sich neben seiner Forschung an Gerste für eine offene Kommunikation und Diskussion über Pflanzenforschung. (Bildquelle: © Iris Koeppel)

Robert Hoffie engagiert sich neben seiner Forschung an Gerste für eine offene Kommunikation und Diskussion über Pflanzenforschung. (Bildquelle: © Iris Koeppel)

Mit grüner Gentechnik zu arbeiten und darüber öffentlich zu reden, ist für viele Forschende eine große Herausforderung. Robert Hoffie stellt sich ihr und hat sich insbesondere als @ForscherRobert einen Namen gemacht. Für seine Wissenschaftskommunikation wurde er nun mit dem #scicomm award ausgezeichnet.

Robert Hoffie forscht als Doktorand am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben. Im Interview berichtet er uns von seiner Arbeit, von seiner Motivation als Kommunikator und seinen Wünschen für den wissenschaftlichen Nachwuchs.

Pflanzenforschung.de: Herr Hoffie, worum geht es in Ihrer Forschung?

Robert Hoffie: Ich arbeite im Projekt „IdeMoDeResBar“. Das Projekt soll Gerste widerstandsfähiger gegen unterschiedliche Krankheiten machen. In meinem Teilprojekt geht es um einen verbesserten Schutz vor einer Viruskrankheit.
 
Pflanzenforschung.de: Um welche Krankheit geht dabei und welche Gene spielen da eine wichtige Rolle?

Robert Hoffie: Ich arbeite derzeit mit zwei Kandidatengenen, die für die Resistenz gegen die Gelbmosaikvirose bei Gerste von Bedeutung sind. Die Krankheit führt zu Ernteverlusten von bis zu 50 Prozent und kann nicht chemisch bekämpft werden. Die Gene, mit denen ich arbeite, codieren für Proteine, die eine wichtige Rolle in der Proteinbiosynthese spielen. Das Virus ist darauf angewiesen, dass die Pflanze seine Proteine produziert.

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Die Anzucht einzelner Gerstenpflanzen auf Nährmedien (in vitro-Kultur) stellt eine Herausforderung für die Forschung dar.

Die Anzucht einzelner Gerstenpflanzen auf Nährmedien (in vitro-Kultur) stellt eine Herausforderung für die Forschung dar.

Bildquelle: © Robert Hoffie

Mit Hilfe von Genomeditierung mit der Cas9-Genschere möchte ich gezielte Mutationen in den Kandidatengenen hervorrufen, um sie entweder auszuschalten oder so zu verändern, dass das Virus seine Erbinformation nicht mehr in die Proteinproduktion der Pflanze einschleusen kann. Damit wäre die Pflanze resistent gegen die Viruskrankheit.

Pflanzenforschung.de: Wie sind Sie zu diesem Thema gekommen?

Robert Hoffie: In meiner Bachelor- und Masterarbeit habe ich mich eigentlich mit der Regulation von Genen der Photosynthese beschäftigt. In meiner Masterarbeit konnte ich aber auch schon erste Erfahrungen mit Genomeditierung sammeln und war so fasziniert von dieser Methode, dass ich gern weiter damit arbeiten wollte. Deshalb habe ich mich gezielt auf meine jetzige Stelle beworben.

Pflanzenforschung.de: Wo liegen die Herausforderungen in dem Projekt?

Robert Hoffie: Wir müssen die richtigen Mutationen in den Genen auslösen. Wenn es darum geht, ein Gen einfach nur abzuschalten, ist das noch relativ einfach. Gezielte Veränderungen einzelner Genbausteine sind in Pflanzen dagegen immer noch schwierig. Eine zweite Herausforderung betrifft weniger die Genschere selbst, sondern die dafür notwendige in vitro-Kultur. Die funktioniert mit einigen Gerstensorten bisher noch nicht ausreichend gut. Wir brauchen sie aber, um die Genschere in die Pflanzenzellen zu bringen. Das versuchen wir zu optimieren.

Pflanzenforschung.de: Welche Fortschritte haben Sie schon erzielt?

Robert Hoffie: Für eines der Kandidatengene konnten wir schon die Vererbung der gezielt induzierten Mutationen in die nächste Generation nachweisen. Die Nachkommen wurden dann mit dem Virus infiziert, um sie auf Resistenz zu überprüfen. Die Pflanzen, die bezüglich der erzielten Mutation homozygot, also reinerbig, waren, erwiesen sich tatsächlich als resistent.

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Robert Hoffie gehören Forschung und Wissenschaftskommunikation zusammen.

Robert Hoffie gehören Forschung und Wissenschaftskommunikation zusammen.

Bildquelle: © IPK

Für Pflanzenforschung.de: Sie wurden neulich mit dem #scicomm award der Sektion Pflanzenphysiologie & Molekularbiologie der Deutschen Botanischen Gesellschaft für Ihre Wissenschaftskommunikation ausgezeichnet. Was spornt Sie dabei an?

Robert Hoffie: Mit der Grünen Gentechnik allgemein und den neuen Genomeditierungs-Techniken im Speziellen haben wir sehr vielversprechende Werkzeuge, um zusätzlich zu den bisherigen Methoden der Pflanzenzüchtung gezielt Eigenschaften der Nutzpflanzen zu verändern. Aber bei all unserer Begeisterung für die sich daraus ergebenden Möglichkeiten gibt es in der Öffentlichkeit auch kritische Stimmen gegenüber diesen neuen Methoden.

In interessierten Kreisen läuft daher eine kontroverse Diskussion, ob und wie die Techniken nicht nur in der Grundlagenforschung, sondern auch in der Medizin und Pflanzenzüchtung genutzt werden können. Mir geht es in diesem Spannungsfeld vor allem darum, die Sicht aus der praktischen Forschung in den Diskurs einzubringen.

Pflanzenforschung.de: Wie gehen Sie mit diesen kontroversen Diskussionen um?

Robert Hoffie: Kontroversen sind ja zunächst mal gut, wenn sie konstruktiv sind. Dann kann man um gute Lösungen ringen und lernt meistens ja auch selbst etwas dabei. Sollte es mal emotional werden, hilft es natürlich, selbst ruhig und sachlich zu bleiben. Der Vorteil von Diskussionen online ist, dass man auch vergleichsweise einfach aussteigen kann, wenn es beleidigend oder zu unsachlich wird. Das passiert aber zum Glück selten.

Pflanzenforschung.de: Was zeichnet für Sie gute Wissenschaftskommunikation aus?

Robert Hoffie: Zu allererst muss sie natürlich ehrlich sein. Außerdem sollte sie sich nicht darauf beschränken, Ergebnisse zu kommunizieren, sondern auch deutlich machen, wie Forschung abläuft und warum sie betrieben wird. Und gerade wenn es um so vielschichtige
Themen wie Gentechnik in der Pflanzenzüchtung geht, muss man auch den größeren Zusammenhang in den Blick nehmen, zuhören und die anderen Positionen verstehen. Viele Aspekte in der Diskussion lassen sich auch kaum naturwissenschaftlich beantworten. Da geht es oft um rechtliche, wirtschaftliche und gesellschaftliche Fragen. Beispielsweise, wer von biotechnologischen Methoden profitiert.

Pflanzenforschung.de: Sie nehmen auch an der PLANT 2030 ACADEMY teil, die junge Pflanzenforschende in ihrer beruflichen und persönlichen Entwicklung fördert. Welche Aktivitäten sind für sie interessant?

Robert Hoffie: Besonders interessant ist der Austausch mit Promovierenden aus anderen Instituten und Universitäten. Wie gehen sie mit den Herausforderungen einer Promotion um, wie sind Dinge bei ihnen organisiert? Es ist immer hilfreich, sich darüber auszutauschen. Außerdem interessieren mich die Einblicke in andere Institute und Unternehmen bei den Exkursionen.

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Persönliche und berufliche Entwicklung sowie Austausch sind zentrale Elemente der PLANT 2030 ACADEMY.

Persönliche und berufliche Entwicklung sowie Austausch sind zentrale Elemente der PLANT 2030 ACADEMY.

Bildquelle: © Matthias Arlt/PLANT 2030

Pflanzenforschung.de: Inwiefern unterstützen die Angebote der PLANT 2030 ACADEMY Sie?

Robert Hoffie: Sie helfen den Blick zu erweitern und sich gerade auch für den weiteren beruflichen Werdegang zu orientieren.

Pflanzenforschung.de: Wie schätzen Sie allgemein den Stellenwert der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ein?

Robert Hoffie: Nach meinem Eindruck hat der Stellenwert zugenommen. Wir haben am Institut ein eigenes Graduiertenprogramm mit vielen „Soft Skill“-Kursen, dazu die PLANT 2030 ACADEMY mit weiteren vielfältigen Angeboten. Auch andere Einrichtungen bieten solche Fortbildungsmöglichkeiten für ihren Nachwuchs an, sodass sich Promovierende über ihr eigentliches Forschungsprojekt hinaus qualifizieren können. Schaut man sich dann die Stellensituation in der Wissenschaft nach der Promotion an, kann man sich allerdings manchmal fragen, wofür der Nachwuchs so gut ausgebildet wird, wenn langfristig nur eine Handvoll Professuren oder Gruppenleiterstellen als potentielle Stellen übrigbleiben.

Pflanzenforschung.de: Zu guter Letzt haben Sie drei Wünsche frei; einen für Ihre Forschung, einen für die Zukunft der Wissenschaftskommunikation und einen für die Nachwuchsförderung. Welche sind das?

Robert Hoffie: Für meine Forschung wünsche ich mir, dass die Ergebnisse es auch irgendwann in die praktische Anwendung auf dem Feld schaffen. Für die Wissenschaftskommunikation wünsche ich mir, dass sie selbstverständlicher Bestandteil von Forschung wird. Und für die Nachwuchsförderung wünsche ich mir Planbarkeit und Perspektiven, die über zwei, drei Jahre Projektlaufzeit hinausgehen.

Pflanzenforschung.de: Haben Sie vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für Ihre Vorhaben!