C4-Getreide leben in der Vergangenheit

Photosynthese ist für vorindustrielle CO2-Werte optimiert

20.11.2020 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Auch Sorghumhirse zählt zu den C4-Pflanzen. (Bildquelle: © Schwoaze / Pixabay / CC0)

Auch Sorghumhirse zählt zu den C4-Pflanzen. (Bildquelle: © Schwoaze / Pixabay / CC0)

Eine Analyse der Reaktionsraten von an der Photosynthese beteiligten Enzymen zeigt, dass die Erträge von C4-Getreide nicht ohne weiteres von steigenden Kohlendioxidkonzentrationen in der Atmosphäre profitieren.

Mit dem Klimawandel gehen für die Landwirtschaft einige Risiken einher. Ein Teil davon könnte kompensiert werden, weil die steigende Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre dazu führen kann, dass Pflanzen Wasser und Stickstoff effizienter verwerten und stärker von der Photosynthese profitieren. Während sogenannte C3-Pflanzen tatsächlich bei höherer CO2-Konzentration mehr Ertrag produzieren, konnten Studien das für C4-Pflanzen wie Mais und Zuckerrohr nicht zeigen. Durch Analysen der enzymatischen Abläufe während der Photosynthese konnte die Pflanzenforschung jetzt die Gründe dafür aufklären.

CO2-Bedarf längst gesättigt

Die Photosynthese ist eine Verkettung mehrerer Enzymreaktionen. „Klemmt“ es an einer Stelle, limitiert das den gesamten Prozess. Für die CO2-Fixierung mittels Photosynthese wäre es daher günstiger, wenn der Prozess stattdessen durch alle beteiligten Enzyme co-limitiert wäre. Bei C3-Pflanzen interagiert das maßgebliche Enzym für die Kohlenstofffixierung, RuBisCo, direkt mit CO2 aus der Atmosphäre. Da die CO2-Konzentration hier aktuell noch nicht im Sättigungsbereich des Enzyms liegt, würde sich bei einem Mehr an Kohlendioxid die Umsatzrate des Enzyms noch erhöhen.

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C4-Getreide wie Mais profitieren hinsichtlich der Kohlenstoffaufnahme kaum von steigenden CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre. Die Ursachen hat die Pflanzenforschung jetzt aufgeklärt.

C4-Getreide wie Mais profitieren hinsichtlich der Kohlenstoffaufnahme kaum von steigenden CO2-Konzentrationen in der Atmosphäre. Die Ursachen hat die Pflanzenforschung jetzt aufgeklärt.

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In C4-Pflanzen wird Kohlendioxid jedoch räumlich getrennt vom Calvin-Zyklus als Oxalat vorfixiert. Die vorgeschaltete CO2-Fixierung funktioniert wie eine Art Pumpe, die anschließend das Enzym RuBisCO beständig mit ausreichend CO2 versorgt. Wird RuBisCO aktiv, trifft es auf eine Sättigungskonzentration von Kohlendioxid, arbeitet also mit maximaler Geschwindigkeit. Mehr atmosphärisches CO2 kann daher nicht zu mehr RuBisCO-Aktivität beitragen. Ein einzelner Schritt limitiert somit die Photosynthese-Effizienz – soweit die Theorie.

Geringe Vorteile sollten dennoch resultieren: Ist die atmosphärische CO2-Konzentration höher, benötigt die Pflanze weniger Energie, um das Gas bis zur Sättigungskonzentration in die Zellen zu pumpen. Auch muss die Pflanze ihre Stomata weniger weit öffnen und verliert dadurch weniger Wasser.

49 Pflanzenarten, drei Hypothesen

Ob diese theoretischen Zusammenhänge wirklich so sind, hat nun ein Pflanzenforschungsteam untersucht, indem es die Reaktionsraten und Stoffgleichgewichte der Photosynthese-Enzyme analysiert hat. Der wichtigste Wert ist dabei das Verhältnis von CO2-Aufnahme zu intrazellulärer CO2-Konzentration. Weitere zentrale Parameter sind die maximale Photosyntheserate unter CO2-Sättigung (Vmax) und die Rate der Vorfixierung von CO2 in Form von Oxalatat, also die Carboxylierungsgeschwindigkeit (Vpmax) durch die Phosphoenolpyruvatcarboxylase (PEP-C). Für 49 C4-Pflanzenarten haben die Fachleute publizierte Daten zur Biochemie der Photosynthese zusammengetragen, ausgewertet und verglichen. 82 Datensätze waren bei heutigen CO2-Konzentrationen entstanden, 36 bei Werten, die deutlich darüber (>450 ppm) oder darunter (<350 ppm) lagen.

Drei Hypothesen haben die ForscherInnen überprüft. Erstens: Da unterschiedliche phylogenetische Pflanzengruppen ihre Blattressourcen unterschiedlich verwenden, sollte sich auch das Verhältnis von Vmax zu Vpmax entsprechend zwischen diesen Gruppen unterscheiden. Zweitens: Würde man die Blattressourcen so optimal verteilen, dass Vmax und Vpmax profitieren, könnte man die Photosyntheserate deutlich steigern. Und drittens: Durch steigende atmosphärische CO2-Werte hingegen sollte das Verhältnis von Vmax zu Vpmax ungünstiger werden.

Phylogenetischen Gruppen unterscheiden sich deutlich

Die erste Hypothese bestätigte sich deutlich: Die maximale Photosyntheserate und CO2-Sättigung variierte zwischen den phylogenetischen Gruppen um den Faktor vier, die Carboxylierungsrate von PEP sogar um den Faktor acht. Die höchsten Werte hatten dabei die Andropogoneae, zu denen Mais, Zuckerrohr und Sorghumhirse gehören.

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Ziel ist es, die Photosyntheserate zu optimieren. Hier gibt es mehrere Ansatzpunkte.

Ziel ist es, die Photosyntheserate zu optimieren. Hier gibt es mehrere Ansatzpunkte.

Bildquelle: © Alexas_Fotos / Pixabay / CC0

Vom errechneten Optimum für das Verhältnis von Vmax zu Vpmax, bei dem eine Co-Limitierung auftreten würde, ist beispielsweise Mais der Analyse zufolge bei heutigen CO2-Werten deutlich entfernt. Wachsen die Pflanzen jedoch unter vorindustriellen atmosphärischen Bedingungen, kommen sie dem Optimum sehr nahe. Mit steigender Kohlendioxidkonzentration sinkt die Photosyntheserate unter ihr Optimum, während die Carboxylierungsrate sich darüber hinaus erhöht. Unter heutigen CO2-Bedingungen ist die Kohlenstoffassimilation von C4-Pflanzen demnach durch die Photosyntheserate limitiert. Ihr Stoffwechsel ist noch immer auf vorindustrielle Bedingungen optimiert.

Ansätze für die Pflanzenzüchtung

Gegenwärtige und erst recht künftige atmosphärische CO2-Konzentrationen sind daher kein Vorteil für die C4-Photosynthese. Gelänge es jedoch mit gentechnischen Eingriffen, das Verhältnis von Photosyntheserate und Carboxylierungsrate Richtung Optimum zu verschieben, könnten die Pflanzen infolge höherer CO2-Konzentrationen mehr Kohlenstoff binden und dadurch besser wachsen und potenziell mehr Ertrag liefern.

Ansätze dafür könnten die bestehenden Unterschiede zwischen den phylogenetischen Gruppen hinsichtlich der Allokation von Blattressourcen sein. Allerdings setzen Pflanzen ihre Blattressourcen auch in Abhängigkeit von Umweltfaktoren unterschiedlich ein, was das Verhältnis von Vmax zu Vpmax mal näher ans Optimum bringen kann, mal weiter entfernen.

Vielversprechende Hebel sind der Studie zufolge besonders die Aktivitäten der Enzyme Carboanhydrase und RuBisCO. Ein dritter Ansatz wird bereits züchterisch verfolgt: Sänke die Dichte der Stomata, um Wasserverluste bei Dürren zu verringern, könnte das zugleich Vmax erhöhen und so die Wassernutzungseffizienz verbessern, ohne die Kohlendioxidfixierung zu verschlechtern.


Quelle:
Pignon, C.P. et al. (2020): Retrospective analysis of biochemical limitations to photosynthesis in 49 species: C4 crops appear still adapted to pre-industrial atmospheric [CO2]. In:  Plant Cell Environment, (November 2020), doi: 10.1111/pce.13863.

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Titelbild: Auch Sorghumhirse zählt zu den C4-Pflanzen. (Bildquelle: © Schwoaze / Pixabay / CC0)