Kuriose Pflanzenwelt: Utricularia

Der fleischfressende Wasserschlauch

16.03.2021 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Wasserschläuche (hier: Utricularia vulgaris) sind übersät mit Fangblasen, die unter Wasser nach Beute fischen. (Bildquelle: © iStock.com/Holcy)

Wasserschläuche (hier: Utricularia vulgaris) sind übersät mit Fangblasen, die unter Wasser nach Beute fischen. (Bildquelle: © iStock.com/Holcy)

Vegan ist in – Fleisch ist out. Wasserschlauchpflanzen folgen diesem Trend allerdings nicht. Denn geschluckt wird alles, was in die Fangblasen passt. Nur in der Not wird die fleischfressende Pflanze zum Veganer.

Dass es in unseren heimischen Gewässern fleischfressende Pflanzen gibt, dürfte die meisten überraschen. Doch außer dem bekannten Sonnentau in Mooren gibt es auch verschiedene Spezies der Gattung Wasserschlauch. Der Gewöhnliche Wasserschlauch (Utricularia vulgaris) ist so ein fleischeslustiger Vertreter. Mit seinen bis zu einem Meter langen Wedeln treibt diese Pflanze meist in stehenden Gewässern frei herum. Denn im Gegensatz zu den meisten Pflanzen hat diese Pflanze keine echten Wurzeln.

Eine Pflanze ohne Wurzeln – wie geht das?

Fast alle Pflanzen haben Wurzeln, um essentielle Nährstoffe wie Stickstoff- und Phosphatverbindungen aus dem Boden aufnehmen zu können. Wasserschläuche leben jedoch in einer meist nährstoffarmen Umgebung. Sie haben deshalb die Strategie entwickelt, ihre Nährstoffe aus Tieren und anderen Organismen im Wasser zu beziehen.

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Der Gewöhnliche Wasserschlauch (Utricularia vulgaris). Zu ihrer Beute zählen Wasserflöhe, Rädertierchen, Fadenwürmer und Schnecken, dazu kommen Protisten wie Wimpertierchen und gelegentlich Algen. Selten wird auch größere Beute gemacht, etwa kleine Kaulquappen oder Stechmückenlarven.

Der Gewöhnliche Wasserschlauch (Utricularia vulgaris). Zu ihrer Beute zählen Wasserflöhe, Rädertierchen, Fadenwürmer und Schnecken, dazu kommen Protisten wie Wimpertierchen und gelegentlich Algen. Selten wird auch größere Beute gemacht, etwa kleine Kaulquappen oder Stechmückenlarven.

Bildquelle: © H. Zell / wikimedia.org / CC BY-SA 3.0

Und wie kommen Wasserschlauchpflanzen an ihre Beute?

Wie alle anderen fleischfressenden Pflanzen haben die Wasserschläuche eine spezielle Technik entwickelt, um ihre Beute zu fangen. Ihre Oberfläche ist mit einem Geflecht aus Sprossen (= Stolone) übersäht, die kleine Fangblasen tragen. Sobald ein Beutetier die feinen Härchen an den Fangblasen berührt, öffnen sich diese schlagartig und der dabei entstehende Unterdruck saugt das Opfer ein.

In der Blase gefangen wird das Opfer dann verdaut und die Nährstoffe in die Pflanze geleitet. Dabei ist es von Vorteil, dass Wasserschlauchpflanzen in Gewässern frei umhertreiben und so häufiger Beutetierchen wie Wasserflöhen oder sogar Kaulquappen begegnen. Denn im Gegensatz zu den meisten anderen fleischfressenden Pflanzen haben sie kein besonderes Lockmittel, um Beute anzuziehen.

Was passiert, wenn länger keine tierische Beute vorbeikommt?

Da die Härchen ihrer Fallen nur über Berührung ausgelöst werden, saugen die Pflanzen einfach alles ein, was ihnen zu nahe kommt und in die Fangblasen passt. Früher wurde vermutet, dass pflanzliche Beute wie Algen oder Pollen kaum zur Nährstoffversorgung beitragen. Bei Experimenten zeigte sich aber, dass auch vegetarische Beute den Pflanzenwuchs beschleunigt. Tierische Nahrung ist aber zur Stickstoff- und Phosphorversorgung viel wertvoller und ermöglicht die Ausbildung von energie- und nährstoffgeladenen Überdauerungsknospen kurz vor Winterbeginn.

Warum ist eine positive Stickstoffbilanz so wichtig für Pflanzen?

Pflanzen benötigen unbedingt Stickstoff, um beispielsweise Proteine und ihre Erbsubstanz, die DNA, bilden zu können. Dazu nehmen sie Ammonium- oder Nitratsalze aus ihrer Umgebung auf. Je mehr Stickstoff sie zur Verfügung haben, desto kräftiger wachsen sie.

Daher setzen Landwirte häufig Stickstoffdünger wie Ammoniumnitrat ein. Die Folge: Häufig ist dann mehr Nitrat im Boden als die Pflanzen aufnehmen können. Überschüssiges Nitrat droht ins Grundwasser zu sickern und unser Trinkwasser zu belasten. PflanzenforscherInnen versuchen daher herauszufinden, wie Landwirte die Düngung umweltfreundlicher gestalten können. Nährstoffe effizient zu nutzen, ist dabei ein zentrales Ziel, dem sich auch das interdisziplinäre Projekt „INPLAMINT“ verschrieben hat. Lesen sie hier, was sich hinter dem Projekt verbirgt.


Quellen:

  • Koller-Peroutka, M. et al. (2014): Capture of algae promotes growth and propagation in aquatic Utricularia. In: Annals of Botany, (18. Dezember 2014), doi: 10.1093/aob/mcu236.
  • Stiftung Naturschutz Berlin (2016): Südlicher Wasserschlauch, (abgerufen am 05.03.2021).

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Titelbild: Wasserschläuche (hier: Utricularia vulgaris) sind übersät mit Fangblasen, die unter Wasser nach Beute fischen. (Bildquelle: © iStock.com/Holcy)