Kleine Bohne, großes Genom

Genom-Assemblierung der Ackerbohne eröffnet neue Zuchtpotenziale

09.03.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Auf Ackerbohnenfelder könnten bald ganz neue Sorten wachsen. (Bildquelle: © Harrak.a/Wikimedia; CC-BY-SA-3.0)

Auf Ackerbohnenfelder könnten bald ganz neue Sorten wachsen. (Bildquelle: © Harrak.a/Wikimedia; CC-BY-SA-3.0)

Die Ackerbohne hat zahlreiche Eigenschaften, die sie für eine nachhaltige Landwirtschaft in unseren Breitengraden attraktiv macht. Genetisch ist sie bislang jedoch wenig erschlossen. Ein internationales Forschungsteam hat nun ihr Genom assembliert. Das wird die Züchtung beschleunigen.

Sie ist eine der ältesten und zugleich am wenigsten züchterisch erschlossenen Kulturpflanzen: die Ackerbohne Vicia faba. Sie ist ertragreicher als andere Körnerleguminosen und ihre Früchte bestehen zu fast einem Drittel aus Protein. Außerdem fixiert die Ackerbohne besonders viel Stickstoff in ihrem Wurzelraum und trägt lange ihre nektarreichen Blüten. Beides sind wertvolle Ökosystemleistungen, weshalb ihr großes Potenzial für eine nachhaltige Landwirtschaft insbesondere in unseren Breiten zugesprochen wird.

Züchtungsziele sind klar definiert

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Ackerbohnen könnten eine wachsende Bedeutung für eine nachhaltige Ernährung haben.

Ackerbohnen könnten eine wachsende Bedeutung für eine nachhaltige Ernährung haben.

Bildquelle: © David Mark / Pixabay

Die Pflanzenzüchtung verfolgt gegenwärtig mehrere Ziele: Neue Ackerbohnensorten sollen möglichst wenig Tannine und Alkaloidglykoside wie Vicin und Convicin enthalten. Die Substanzen gelten als sogenannte antinutritive Subtanzen und behindern die Aufnahme wichtiger Nährstoffe bei Mensch und Tier. Aus dem gleichen Grund ist eine Reduktion des Phytat- und Proteasehemmer-Gehaltes wünschenswert. Darüber hinaus ist eine Steigerung des Gehaltes an essentiellen Aminosäuren ein Ziel, um den Nährwert der Bohnen weiter zu erhöhen. All das möchte die Forschung erreichen, ohne dass die Sorten anfälliger für Krankheiten oder Schädlingsbefall werden oder der Ertrag sinkt.

Die Ziele sind somit klar umrissen, doch der Pflanzenzüchtung fehlten bisher genomische Ressourcen und Daten, um sie effektiv zu verfolgen. Bis heute ist nicht einmal der wilde Vorfahre der Ackerbohne bekannt, mit dem die Domestizierung begonnen hat. Gleichzeitig ist die Ackerbohne phänotypisch vielseitig: Die Varietäten bilden dermaßen unterschiedlich große Samen, dass die Taxonomie erst spät erkannte, dass es sich um die gleiche Art handelt. Die größten Probleme für die Züchtung bilden jedoch das gigantische Genom der Ackerbohne und die geringe Zahl Samen pro Pflanze.

11,9 von 13 Gigabasen assembliert

Genomdaten liegen nun umfangreich vor. Ein internationales Forschungsteam hat mit deutscher Beteiligung das rund 13 Gigabasen (Gb) große Genom der Ackerbohnen-Inzuchtlinie Hedin/2 mit seinen sechs Chromosomen sequenziert und 11,9 Gb davon mit hoher Verlässlichkeit assembliert. Dabei zeigte sich, dass vor allem Transposons und nicht etwa Polyploidie das Genom so aufgebläht haben: 79 Prozent des assemblierten Genoms leiten sich von Transposons ab, insbesondere von sogenannten long-terminal repeat Retrotransposons. Die Introns im Genom der Ackerbohne sind nicht ungewöhnlich groß, wohl aber die Genzwischenräume. Anhand von RNA-Sequenzierungsdaten identifizierten die Beteiligten 34.221 Gene, die für Proteine kodieren.

Die Rekombinationsorte bei der Meiose und die Dichte der Transposons verteilen sich im Gegensatz zur Satelliten-DNA gleichförmig über die Chromosomen. Auch die Gendichte verläuft recht uniform entlang der Chromosomen, anders als bei Getreidearten, bei denen ein Drittel der Gene in nicht-rekombinierenden perizentrischen Regionen liegen. Somit ist die Ackerbohne gut zugänglich für die Genkartierung. Ihre Gene sind zudem hoch syntenisch mit anderen Leguminosen. Typisch für diploide Pflanzenarten ist die Anzahl jener Genfamilien, die in mehreren Kopien vorliegen. Die jüngste Genomduplikation datiert das Forschungsteam auf einen Zeitpunkt vor etwa 55 Millionen Jahren.

Stark methyliertes Genom

Im Vergleich mit anderen Pflanzengenomen ist das der Ackerbohne am stärksten methyliert – im CG-Kontext betrifft das sogar 95,8 Prozent der Cytosine. Es fanden sich dabei keine Hinweise darauf, dass der Methylierungsapparat fehlerhaft arbeitet.

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Ackerbohnen stehen schon heute bei vielen Menschen regelmäßig auf dem Speiseplan.

Ackerbohnen stehen schon heute bei vielen Menschen regelmäßig auf dem Speiseplan.

Bildquelle: © Kolforn / Wikimedia; CC-BY-SA-4.0

Damit die Züchtung das nun assemblierte Genom besser nutzen kann, haben die Beteiligten bereits gebräuchliche Marker für die Genotypisierung kartiert. Auch die physikalischen Koordinaten wichtiger Regionen quantitativer Merkmale (QTL) für Krankheitsresistenzen und Phänologie stellt das Team bereit. Darüber hinaus gibt es einen Genatlas mit bestimmten Mutationen, SNPs und InDels, die zu vorzeitigen Stopp-Codons führen.

Genetische Marker der Samengröße und der Hilumfarbe

Den Nutzen des nun vorliegenden Genoms erprobten die Forscherinnen und Forscher am Beispiel der Samengröße. Bislang waren die genetischen Hintergründe bis auf wenige große QTLs unbekannt. Anhand von 197 Akzessionen, die über drei Jahre an zwei Standorten angebaut wurden, analysierte das Team 15 für alle Versuche geltende Marker-Merkmal-Beziehungen. Anhand dieser  Marker ließ sich die Samengröße ähnlich präzise vorhersagen wie mit der Gesamtheit genomischer Marker. Damit dürften diese Marker die wesentlichen Orte im Genom anzeigen, die über die Samengröße der Ackerbohne entscheiden.

Auch konnte das Team nachweisen, welche Gene die Farbe des Hilums (Samennabel) der Ackerbohne bestimmen. Ursächlich ist demnach die Regulation der Expression des Gens für die Polyphenoloxidase 2. Viele Menschen bevorzugen Ackerbohnen mit blassem Hilum, doch bislang waren der Züchtung keinerlei Kandidatengene für dieses Merkmal bekannt.

Forscher:innen weltweit können nun auf die Genomdaten der Ackerbohne zurückgreifen. Der Weg zur Entwicklung optimierter Bohnensorten ist nun geebnet.


Quelle:
Jayakodi, M. et al. (2023): The giant diploid faba genome unlocks variation in a global protein crop. Nature (08. März 2023). doi.org/10.1038/s41586-023-05791-5

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Titelbild: Auf Ackerbohnenfelder könnten bald ganz neue Sorten wachsen. (Bildquelle: © Harrak.a/Wikimedia; CC-BY-SA-3.0)