Kleine Helden

Acker-Wildkräuter „spenden“ nützliche Pilzsymbionten an Nutzpflanzen

14.03.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Klein aber oho: Der Persische Ehrenpreis (Veronica persica) unterstützt den Weizen beim Wachsen. (Bildquelle: © WikimediaImages / Pixabay)

Klein aber oho: Der Persische Ehrenpreis (Veronica persica) unterstützt den Weizen beim Wachsen. (Bildquelle: © WikimediaImages / Pixabay)

Die Wurzeln von Acker-Wildkräutern beherbergen zahlreiche symbiotische Pilzarten. Forscher:innen haben nun festgestellt , dass die Wildkräuter „ihre“ Pilze auch an Nutzpflanzen weiterreichen. Positive Folge: Weizen und Co wachsen schneller.

Acker-Wildkräuter – gerne auch abfällig „Unkräuter“ genannt – haben bei Gärtnern und Landwirten nicht den besten Ruf. Zu Unrecht, wie eine neue Studie zeigt. Denn die kleinen Pflänzchen, die tapfer auf dem Acker zwischen den großen Nutzpflanzen wachsen, sind nicht immer nur lästige Konkurrenz. In einigen Fällen unterstützen sie sogar die Nutzpflanzen.

Pflanzen und ihr Mykobiom

Pflanzen unterhalten unterirdisch allerlei wichtige Beziehungen: Nicht nur zur Bodenfauna oder zu Bakterien, sondern vor allem auch zu Pilzen. Bekannt sind zum Beispiel die Mykorrhiza-Pilze, die mit vielen Pflanzen Symbiosen eingehen - an und in den Wurzeln. Diese Symbiosen verbessern die Nährstoffversorgung der Pflanzen, machen sie resistenter gegen abiotischen Stress und helfen gegen Pathogene, indem sie das Immunsystem der Pflanze stärken. Die Vielfalt an Pilzarten im Boden ist umso höher, je mehr Pflanzenarten auf einer Fläche wachsen. Denn jede Pflanzenart sorgt für ein individuelles Pilz-Umfeld (Mykobiom) und erhöht somit die Biodiversität im Boden. Pflanzen locken ihre Pilz-Symbionten mit Stoffausscheidungen aus ihren Wurzel (Exsudate) an. Unerwünschte Pilze schrecken sie damit ab. Außerdem können sie ihre Pilze auf Nachbarpflanzen übertragen, etwa durch Kontakt der Wurzeln.

Wild und kultiviert

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Auch die Kamille (Matricaria chamomilla) ist ein hilfsbereites Acker-Wildkraut.

Auch die Kamille (Matricaria chamomilla) ist ein hilfsbereites Acker-Wildkraut.

Bildquelle: © Miro / Pixabay

Nutzpflanzen haben im Verlauf ihrer Domestikation teilweise die Fähigkeit verloren, symbiontische Pilze „anzuwerben“. Daher könnten Acker-Wildkräuter Nutzpflanzen bei der Versorgung mit symbiotischen Pilze unterstützen, zumal sie spontan auf Feldern auftauchen und die Nutzpflanzen umgeben, so die Vermutung der Forscher:innen.

Diese Hypothese überprüften sie bei Weizen und mit neun typischen Acker-Wildkräuter: Klettenlabkraut (Galium aparine), die Purpur-Taubnessel (Lamium purpureum), das Einjährige Rispengras (Poa annua), das Gewöhnliche Rispengras (Poa trivialis), die Kamille (Matricaria sp.), der Klatschmohn (Papaver rhoeas), der Weißklee (Trifolium repens), der Persische Ehrenpreis (Veronica persica) und die Futter-Wicke (Vicia sativa).

Dazu ernteten die Forscher:innen die reifen Weizenpflanzen und bestimmten das Mykobiom der Wurzeln und des umgebenden Bodens. Parallel erfassten sie die in unmittelbarer Nähe (Umkreis kleiner als einen Meter) wachsenden Acker-Wildkräuter. In zusätzlichen Experimenten unter Laborbedingungen ließen die Forscher:innen Weizenpflanzen in sterilem Substrat zusammen mit je einer Wildpflanzenart wachsen, die noch ihr spezielles Mykobiom aus dem Feld besaßen.

Klein und hilfsbereit

Es zeigte sich, dass die Anwesenheit von Wildkräutern auf dem Acker das Weizen-Mykobiom deutlich veränderte, insbesondere die Zahl der Pilzarten erhöhte sich. Das Boden-Mykobiom hingegen veränderte sich kaum. Die Forscher:innen schlossen daraus, dass eine direkte Übertragung der Pilze von Pflanze zu Pflanze das Weizenmikrobiom bereicherte. Die Laborversuche zeigten, dass bis auf T. repens und L. purpureum alle untersuchten Acker-Wildkräuter das Mykobiom der Weizenpflanzen positiv beeinflussten: Fast immer erhöhte sich die Biomasse des Weizens.

Lasst Acker-Wildkräuter wachsen!

Die Forscher:innen betonen, dass die oft beschworene Konkurrenz zwischen Acker-Wildkraut und Nutzpflanze weniger stark ausfiel als befürchtet. Stattdessen war die Anwesenheit bestimmter Acker-Wildkräuter für die Weizenpflanzen von Vorteil. Ob sich diese Befunde auch unter Feldbedingungen bestätigen lassen, müsse noch überprüft werden, so die Forscher:innen. Sie weisen auch auf die Möglichkeit hin, dass die Mykobiom-Interaktionen zu einer höheren Widerstandskraft der Nutzpflanzen gegen Pathogene und abiotischen Stress wie Trockenheit und Hitze führen könnten. Jedenfalls müsse das Dogma, dass Acker-Wildkräuter die Ernteerträge von Kulturpflanzen nur verringern, gründlich überdacht werden. Der Nutzenaspekt sei bisher völlig übersehen worden.


Quelle:
Hu, J. (2023): Neighbourhood effect of weeds on wheat root endospheric mycobiota. In: Journal of Ecology, 22. Januar 2023. dx.doi.org/10.1111/1365-2745.14073

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Titelbild: Klein aber oho: Der Persische Ehrenpreis (Veronica persica) unterstützt den Weizen beim Wachsen. (Bildquelle: © WikimediaImages / Pixabay)