Forschungsprojekt OPAL

In-vitro-Vermehrung soll den Bedarf an Hybridlärchen in der Forstwirtschaft decken

29.12.2023 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Einjährige Hybridlärchen (Bildquelle: © Hardy Dembny / Baumschulen Oberdorla GmbH)

Einjährige Hybridlärchen (Bildquelle: © Hardy Dembny / Baumschulen Oberdorla GmbH)

Die großen Waldschäden der vergangenen Jahre haben den Bedarf an robusten Nachpflanzungen in die Höhe getrieben. Das Forschungsprojekt OPAL will einen Teil des Bedarfs durch Hybridlärchen decken, die mittels somatischer Embryogenese effizient und in gleichbleibender Qualität erzeugt werden können.

Die Forste in Deutschland und auch in anderen Regionen der Welt stehen infolge der Klimakrise vor großen Veränderungen. Dürren, Starkregen, Stürme und Schadinsekten haben in den vergangenen Jahren so manche Holzernte auf Bruchholz reduziert. Aufforstungen setzen daher vermehrt auf klimaresiliente Baumarten. Neben Laubbäumen zählen dazu Hybridlärchen, die tiefere Wurzeln bilden als etwa Fichten. Hybridlärchen vereinen die Vorzüge der europäischen und der japanischen Lärche: Sie wachsen besonders schnell und sind sehr widerstandsfähig. So können diese Lärchen selbst als Vorwald gepflanzt werden, wo die jungen Bäume noch mit Brombeerflächen konkurrieren müssen. Eine Ernte der Bäume schon nach 30 Jahren ist durchaus realistisch.

Klassische Produktion kann Bedarf nicht decken

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Hybridlärchenkeimlinge in der Anzucht

Hybridlärchenkeimlinge in der Anzucht

Bildquelle: © Hardy Dembny / Baumschulen Oberdorla GmbH

Wie andere Forstpflanzen werden Hybridlärchen bislang auf klassische Weise aus Samen produziert. Um Hybridsaatgut zu erzeugen, müssen jedoch Bäume der beiden unterschiedlichen Lärchenarten sich gegenseitig bestäuben. Deshalb werden zwei genetisch unterschiedliche Bäume in Samenplantagen zusammen auf einer Fläche gepflanzt. „Je nach Witterung kann es sein, dass die Bäume zu unterschiedlichen Zeitpunkten blühen“, erläutert Dembny mögliche Probleme, „oder ein Baum blüht etwas zu zeitig und Spätfrost zerstört die Blüte.“ Im Ergebnis führt das zu einem schlechten Bestäubungsansatz und vielen toten Samen. Außerdem entsteht so mancher Samen durch Selbstbestäubung, ist also kein Hybridsaatgut. „Wenn man dann das Hybridsaatgut herausfiltert, hat man Ausbeuten deutlich unter 50 Prozent“, weiß Dembny. Das macht es schwierig, den steigenden Bedarf zu decken. 

Klassische vegetative Vermehrungsmethoden sind bei Hybridlärchen allerdings nicht anwendbar. Deshalb wird mit dem Forschungsprojekt OPAL versucht, die Methode der somatischen Embryogenese bei Lärchen zu etablieren und in die Produktionsabläufe einer Baumschule zu integrieren. Zudem würde eine vegetative Vermehrung die Auslese der besten Nachkommen erlauben, mithin eine Selektionszüchtung.

Die somatische Embryogenese nutzt Methoden der Biotechnologie, um einen pflanzlichen Embryo asexuell aus somatischen Zellen, etwa aus unreifen Zapfen, zu erzeugen. Auf diese Weise hergestellte Embryonen sind genetisch identische Klone. Das Verfahren ist Ende der 1980er Jahre entstanden und wird weltweit bei verschiedenen Nadelgehölzen angewendet. Im Gegensatz zu Tannen und Douglasie verspricht die Hybridlärche dabei am ehesten einen wirtschaftlichen Erfolg.

Somatische Embryogenese bei Hybridlärchen etabliert

In einem früheren Projekt der Humboldt-Universität zu Berlin und des Staatsbetriebs Sachsenforst war es immerhin gelungen, Hybridlärchenklone mittels somatischer Embryogenese zu entwickeln, die sich in großem Maßstab vermehren ließen. „Das hat gut geklappt“, berichtet Hardy Dembny, Projektleiter von OPAL und Geschäftsführer der Baumschulen Oberdorla GmbH. „Die Hybridlärche kann also eine Art sein, mit der man die Technologie auf die Füße stellen kann und am Ende Pflanzen produzieren, die im Wald gut verwendbar sind.“

Projektpartner:

Herausforderungen in der Baumschulpraxis bewältigen

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Somatische Embryonen auf einem Kulturmedium

Somatische Embryonen auf einem Kulturmedium

Bildquelle: © Hardy Dembny / Baumschulen Oberdorla GmbH

Das Projekt OPAL soll deshalb helfen, die mittlerweile in der Forschung erfolgreiche somatische Embyogenese von Hybridlärchen in die Baumschulpraxis zu bringen. „Wir könnten dann mit der Vermehrung dieses Materials den Bedarf decken“, zeigt sich Dembny zuversichtlich. Doch zuvor musste das Forschungsteam zahlreiche Herausforderungen bewältigen.

„Es heißt zwar somatische Embryogenese, aber der Embryo hat kein Nährgewebe“, erläutert Dembny. „Wir mussten diese Bedingungen daher simulieren.“Außerdem hat bereits die Erfahrung im Laubholzbereich gezeigt, dass jeder Klon etwas unterschiedlich ist, was eine Vereinheitlichung der Methode schwierig gestaltet. „Aber das ist das Ziel“, betont der Baumschulchef. „Je weniger unterschiedliche Bedingungen wir fahren müssen, desto einfacher ist die Anzucht.“

Optimierte Produktionsbedingungen sollen Ausfälle verringern

Damit Hybridlärchen mittels somatischer Embryogenese wirtschaftlich produziert werden können, müssen die einzelnen Schritte gut funktionieren. Die wichtigsten sind vielleicht die Vereinzelung von reifen Embryonen und der Übergang vom Labor in die Erde. „Es gibt sehr strenge Qualitätskriterien, wie ein Embryo auszusehen hat“, erläutert Dembny. Ein Klon sollte hier nicht zu viele Ausfälle produzieren. Gleiches gilt für das Auspflanzen in Erde, auf das In-vitro-Material sehr unterschiedlich reagiert. „Die Ausfälle sind hier groß und ökonomisch bedeutsam“, verdeutlicht der Baumschulchef.

41 von mittlerweile 200 erzeugten Klonen hat das Team inzwischen getestet und immerhin elf gefunden, die bei der Vermehrung gut funktionieren. „Das heißt noch nicht, dass sie sich auch im Wald bewähren“, bremst Dembny etwaige Euphorie. Denn erst nach einer Prüfung im Wald ist eine Zulassung der Bäume möglich, und das Forstvermehrungsgesetz erlaubt nur zugelassene Klone zu vertreiben und zu pflanzen. Dazu müssen die Bäume hinsichtlich Größe und Volumen schneller wachsen als der normale Standard und dürfen beispielsweise auch keine krummen Stämme bilden. „Bei Saatgut kommen durchaus Bäume vor, die die Anforderungen nicht erfüllen. Die werden dann bei der Anzucht aussortiert“, berichtet Dembny. „Bei uns wird nicht die einzelne Pflanze aussortiert, sondern der ganze Klon.“ Klone, die übrig bleiben, entwickeln sich garantiert nicht zum Ausreißer.

Vielfalt wichtig

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Frisch pikierte Hybridlärchen

Frisch pikierte Hybridlärchen

Bildquelle: © Hardy Dembny / Baumschulen Oberdorla GmbH

„Je mehr unterschiedliche Klone wir haben, desto mehr Diversität kommt in den Wald“, erklärt der Projektleiter, weshalb ein guter Klon nicht genug ist. „Es wäre schädlich, wenn alle Bäume in einem Wald auf einen Klon zurückzuführen sind.“ So könnten sich beispielsweise Krankheiten schnell verbreiten. Allerdings sei in dieser Phase noch unklar, wie viele der erzeugten Klone sich letztlich im Wald bewähren werden.

Spezielle Anforderungen an die Abläufe einer Baumschule

Neben der Identifizierung der besten Klone entscheidet jedoch noch mehr darüber, ob deren Produktion wirtschaftlich sein kann. Denn für eine Baumschule ist bei der somatischen Embryogenese manches speziell. „Normalerweise haben wir bei Laubgehölzen keine Sprosse, die mit Pinzette und Skalpell auseinandergeschnitten werden“, schildert Dembny. „Und im Labor arbeitet man mit Pipetten und mit anders hergestellten Nährmedien.“ Das müsse nun sinnvoll in den Produktionsprozess in Baumschulen adaptiert bzw. integriert werden.

„Wann machen wir welche Schritte? Welche Lichtbedingungen brauchen wir in den Anzuchträumen? Welche Gefäße nutzen wir?“, zählt der Baumzüchter weitere Fragen auf, die im Projekt untersucht werden. Letzteres war auch deshalb spannend, weil Hybridlärchen eine Art Pfahlwurzel bilden. Jetzt bockt die Baumschule die Multiplatten, in denen die Bäumchen wachsen, hoch, sodass die Wurzeln in der Luft hängen und an der Spitze absterben. Air pruning oder Wurzelbeschneidung durch Luftkontakt nennt sich diese Methoden.

Intensive Produktion ab 2025 geplant

2025 soll die Produktion der Hybridlärchen hochgefahren werden. Bis dahin muss das Projekt vor allem eine Frage noch beantworten: Bislang folgt die Baumanzucht einem festen Jahresschema. Im Frühjahr fällt die Hauptarbeit an, danach gibt es – vor allem im Labor – nicht mehr viel zu tun. „Wir wollen wissen, ob man das auf eine Art kontinuierliche Produktion umstellen kann, um auch zu anderen Zeiten Pflanzen vom Labor ins Gewächshaus überführen zu können“, erläutert Dembny. Außerdem will das Team auch noch weitere Klone auf deren Qualität prüfen.

Geht alles gut, wird Projektpartner Sachsenforst der erste sein, der Hybridlärchen aus der somatischen Embryogenese in den Wald pflanzt. Andere könnten bald folgen. Prädestiniert sei etwa auch der Harz, meint Dembny. Außerdem könnte die Methode auf Tannen ausgeweitet werden. Das war ursprünglich mal im Projekt vorgesehen, doch dann sprang einer der Partner aus ökonomischen Gründen ab. Die Humboldt-Universität Berlin verfolgt das Ziel jedoch weiter.


Themenverwandte Publikationen: (nicht als Ergebnis des Projekts)

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Titelbild: einjährige Hybridlärchen (Bildquelle: © Hardy Dembny / Baumschulen Oberdorla GmbH)