Auf dem Trockenen

Die Auswirkungen extremer Dürren wurden bisher unterschätzt

02.02.2024 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Dürre-Experimente in artenreichen Wiesen auf dem Freigelände der Universität Bayreuth. (Bildquelle: © Anke Jentsch / UBT)

Dürre-Experimente in artenreichen Wiesen auf dem Freigelände der Universität Bayreuth. (Bildquelle: © Anke Jentsch / UBT)

Ein Jahr extremer Dürre kann das Pflanzenwachstum um mehr als 80 Prozent senken, fanden Forscher:innen heraus. Das ist weit mehr, als bisher angenommen wurde.

Dürren sind eine der großen Gefahren für die Landwirtschaft. Allerdings ist bisher nur wenig über die Auswirkungen von schweren ganzjährigen Dürren bekannt. Da solche Phasen in Zukunft zunehmen werden, könnten sie die Ökosysteme und die Produktivität der Landwirtschaft stärker als bisher beeinträchtigen. In einer neuen Studie hat sich ein internationales Forschungsteam unter Beteiligung der Universität Bayreuth und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) in Jena mit den Auswirkungen auf das Pflanzenwachstum befasst.

Gras- und Buschland im Fokus

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Dürre schränkt das Pflanzenwachstum stark ein, besonders auf artenarmen Wiesen.

Dürre schränkt das Pflanzenwachstum stark ein, besonders auf artenarmen Wiesen.

Bildquelle: © Sabine_999 / Pixabay

Gras- und Buschland bedeckt über 40 Prozent der globalen Landoberfläche. Außerdem speichern die dort wachsenden Pflanzen mehr als 30 Prozent des globalen Kohlenstoffvorrates und haben damit als CO2-Senke großen Einfluss auf die atmosphärische CO2-Konzentration. Außerdem sind diese Gebiete ein wichtiger Futterlieferant für die Viehwirtschaft. Da die Auswirkungen von schweren Dürren speziell auf diese Ökosysteme bisher nur unzureichend untersucht worden sind, standen sie im Fokus der Studie des International Drought-Network (IDE).

Um extreme Dürrebedingungen zu simulieren, wurden im Rahmen des International Drought-Networks (IDE) 100 Versuchsflächen auf sechs Kontinenten für ein Jahr mit einer Überdachung versehen. Die Überdachung wurde für jede Fläche so konstruiert, dass sie bis zu 50 Prozent des Niederschlags zurückhalten konnte. Da es nicht möglich ist, den Niederschlag der einzelnen Regionen im Versuchsjahr genau vorherzusagen, wurde nach Ablauf des Versuchs ermittelt, ob die tatsächlichen Niederschlagsmengen jeweils gering genug waren, um eine schwere Dürre zu simulieren (das war bei 44 Flächen der Fall), oder ob lediglich eine Dürre im Bereich natürlicher Schwankungen eingetreten war („normale“ Phase der Trockenheit, bei 56 Flächen). Über die Bestimmung der oberirdischen Biomasse wurde der Ertragsverlust im Vergleich zu Kontrollflächen ermittelt.

Hoher Verlust an Biomasse

Die Forscher:innen fanden heraus, dass das Pflanzenwachstum auf den Flächen mit normaler Trockenheit um 20,8 Prozent zurückging. Bei Flächen, die extremer Dürre ausgesetzt waren, kam es mit durchschnittlich minus 34,5 Prozent zu deutlich höheren Biomasseverlusten. Frühere Studien hätten die Biomasseverluste um ca. 50 Prozent unterschätzt, betonten die Forscher:innen.  

Außerdem konnten sie nachweisen, dass Gras- und Buschland bei einer „normalen“ Trockenphase in etwa gleich reagierten (21,4 Prozent Biomasserückgang bei Grasland und 19,5 Prozent bei Buschland). Bei extremer Dürre zeigte das Grasland einen stärkeren Rückgang (37,6 Prozent) als Buschland (20,5 Prozent). Das lag laut Forscher:innen an dem unterschiedlichen Pflanzenbewuchs: Mehrjährige, verholzende Pflanzen des Buschlands kommen besser mit Trockenheit zurecht als krautige Pflanzen des offenen Graslandes.

Von der Dürre unbeeindruckt

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Je artenreicher, desto besser ist eine Wiese gegen Trockenheit gewappnet.

Je artenreicher, desto besser ist eine Wiese gegen Trockenheit gewappnet.

Bildquelle: Mirka / Pixabay

Dem Forschungsteam fiel noch eine Besonderheit auf: 21 der 44 Versuchsflächen reagierten kaum auf extreme Dürrebedingungen, auch 17 der 56 Flächen unter normaler Trockenheit zeigten kaum Einbußen. Da die Reaktion eines Ökosystems auf Trockenheit von vielen verschiedenen Parametern bestimmt wird, bewerteten die Forscher:innen sieben ausgewählte Faktoren genauer, darunter Niederschlagshistorie, Bodenbeschaffenheit, Artenvielfalt sowie den Anteil an Gräsern. Es zeigte sich, dass Flächen, die häufig größeren Schwankungen im Jahresniederschlag ausgesetzt waren, eine höhere Toleranz gegenüber Trockenheit entwickelt hatten. Auch waren Flächen mit einer hohen Artenvielfalt deutlich widerstandsfähiger.

Diese Ergebnisse machten deutlich: Um besser für eine „trockenere Zukunft“ gewappnet zu sein, sollte Grünland möglichst artenreich ein. „Eine hohe Biodiversität fördert die Resilienz gegenüber Extremereignissen und erlauben eine schnellere Erholung: In wechselnden Extremwettersituationen sind Wiesen besonders stabil durch die Unterschiedlichkeit der funktionellen Eigenschaften ihrer ‚Mitglieder‘, also Kräuter und Gräser“, erklärt Anke Jentsch, an der Studie beteiligte Professorin für Störungsökologie und Vegetationsdynamik an der Universität Bayreuth.


Quelle:
Smith, M. D. et al (2024): Extreme drought impacts have been underestimated in grasslands and shrublands globally. In: The Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), Vol 121, No 4, 8.Januar 2024. dx.doi.org/10.1073/pnas.2309881120

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Titelbild: Dürre-Experimente in artenreichen Wiesen auf dem Freigelände der Universität Bayreuth. (Bildquelle: © Anke Jentsch / UBT)