Gutachten zu gv-Mais Bt11 soll neue wissenschaftliche Zweifel rechtfertigen

Gentechnik-Mais MON810: Frankreich strebt neues Anbauverbot an

Die französische Regierung hat bei der EU-Kommission beantragt, das Verfahren für die Neuzulassung von gentechnisch verändertem Bt-Mais MON810 auszusetzen. Zur Begründung heißt es, aus einem EFSA-Gutachten zu einer anderen Bt-Maissorte ließen sich neue wissenschaftliche Zweifel an der Umweltsicherheit von MON810 ableiten. Im September hatte der Europäische Gerichtshof das französische MON810-Anbauverbot für unrechtmäßig erklärt. Kommt die Kommission dem Antrag nicht nach, hat Frankreich die Möglichkeit, sich auf die Sicherheitsklausel zu berufen und ein erneutes Anbauverbot zu verhängen.

Im Verlauf der Vegetationsperiode fressen sich die Maiszünslerlarven durch den Stängel der Maispflanze.

Maiszünslerlarve im Stängel einer Maispflanze. Bt-Mais bildet in allen Pflanzenteilen eine insektizide Substanz, ein Bt-Protein, die die Raupen des Schädlings abtötet.

Derzeit bereitet die EU-Kommission die Entscheidung über die Wiederzulassung für den Anbau von MON810 vor. Gentechnisch veränderte Nutzpflanzen werden in der Europäischen Union grundsätzlich nur für zehn Jahre zugelassen und dann einer erneuten Sicherheitsbewertung unterzogen. Die Neubewertung von MON810 wurde bereits 2009 von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) abgeschlossen. Die EFSA konnte keine wissenschaftlichen Gründe erkennen, die gegen eine Neuzulassung sprechen würden.

Die französische Regierung beantragte nun, das Zulassungsverfahren auszusetzen, und führt dazu eine EFSA-Stellungnahme zu einem gentechnisch veränderten Bt-Mais der Firma Syngenta vom Dezember 2011 an. Die Maissorte Bt11 produziert das gleiche gegen den Maiszünsler gerichtete Bt-Protein Cry1Ab wie MON810.

In der EFSA-Stellungnahme wird darauf hingewiesen, dass beim Anbau von Bt11 wie auch beim Anbau anderer Bt-Pflanzen immer die Gefahr bestehe, dass unter den Schädlingen resistente Subpopulationen entstehen. Für den Anbau von Bt11 empfiehlt die EFSA daher Maßnahmen zum Resistenzmanagement, wie sie auch beim Anbau von MON810 durchgeführt werden sollen.

Weiter heißt es in der Stellungnahme, die von Bt11 und MON810 gebildeten Bt-Proteine könnten in Bezug auf ihre biologische Wirksamkeit als äquivalent betrachtet werden. Außerdem würden beide Sorten vergleichbare Mengen Bt-Protein im Pollen bilden. Daraus schließt das EFSA-GMO-Panel, dass das mathematische Modell zur möglichen Schädigung von Schmetterlingen durch MON810, das 2010 entwickelt wurde, auf Bt11 übertragen werden kann. Nach diesem Modell wurde für MON810 berechnet, dass die empfindlichste Schmetterlingsart im ungünstigsten Fall geschädigt werden könnte, jedoch wären nur 0,3 Prozent der Population betroffen. Deshalb empfiehlt die EFSA, um Bt-Maisfelder Randstreifen mit konventionellen Maispflanzen anzulegen und bei Vorkommen extrem sensitiver Arten ein Monitoring durchzuführen. Bei Einhaltung aller empfohlenen Maßnahmen erachtet die EFSA den Anbau von Bt11 als unbedenklich.

Das französische Umweltministerium interpretiert die Aussagen der EFSA zur Vergleichbarkeit von Bt11 und MON810 dahingehend, dass sich aus dem Gutachten zu Bt11 neue wissenschaftliche Zweifel bezüglich der Umweltsicherheit von MON810 ableiten lassen. Gleichzeitig wird kritisiert, dass die Neubewertung noch nicht nach den neuen Richtlinien durchgeführt wurde, die 2010 in Kraft traten.

2008 wurde in Frankreich ein Anbauverbot für MON810 erlassen. Es wurde im September 2011 vom Europäischen Gerichtshof für unrechtmäßig erklärt, weil es auf der falschen Rechtsgrundlage basierte. Können aber neue wissenschaftliche Zweifel an der Sicherheit von MON810 geltend gemacht werden, hat jeder EU-Mitgliedsstaat das Recht, nationale Sofortmaßnahmen zu ergreifen, sofern er zuvor die EU-Kommission angerufen hat und diese untätig geblieben ist. Folgt die Kommission also dem Antrag Frankreichs nicht, hat Frankreich die Möglichkeit, ein neues Anbauverbot auszusprechen.

In der Praxis hätte ein erneutes Anbauverbot allerdings keinerlei Auswirkungen: Ende Januar hatte Monsanto öffentlich erklärt, den Vertrieb von MON810-Saatgut in Frankreich einzustellen, unabhängig von einem Fortbestand des Anbauverbots und von dem Verfahren zur Wiederzulassung.