Fruktan-Kartoffel

Die Knolle mit den Ballaststoffen

Am Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Golm ist eine neuartige Kartoffel entwickelt worden: Dank zweier eingeführter Gene bildet sie in ihren Knollen nicht nur Stärke, sondern auch besondere Kohlenhydrate: Fruktane. Diesen Ballaststoffen, reichlich in Artischocken oder Chicorée vorhanden, wird eine gesundheitsfördernde Wirkung zugeschrieben. Zwar wird eine Markteinführung der Golmer-Kartoffel heute nicht mehr angestrebt, aber für die biologische Sicherheitsforschung war diese Kartoffel eine interessante Modellpflanze. Ein Forschungsverbund untersuchte 2001-2004 die Frage, ob die für Kartoffeln völlig neuen Zuckerkomponenten zu veränderten Wechselwirkungen mit der Umwelt führen.

Fruktane, wie etwa Inulin, sind Ballaststoffe mit präbiotischer Wirkung: Sie verbessern die Darmflora, indem sie das Wachstum der „guten“ Bakterien auf Kosten der „schlechten“ fördern. Das sorgt nicht nur für eine gute Verdauung und eine gesteigerte Aufnahme bestimmter Mineralstoffe. Einige Studien fanden sogar Hinweise auf verbesserte Blutfettwerte (weniger Cholesterin) und ein geringeres Risiko für Dickdarm-Krebs.

Inulin-Quelle Chicorée.
Inulin wird heute vor allem aus Chicorée gewonnen. Doch auch gentechnisch Kartoffeln können Inulin produzieren.

Inzwischen sind verschiedene, mit Fruktanen angereicherte Lebensmittelprodukte auf dem Markt. Meist werden bei solchen Produkten, z.B. Joghurts oder Milchdesserts, Fruktanzusätze (Präbiotika) mit bestimmten „gesunden“ Milchsäurebakterien wie LC1 oder Bifidostämmen (Probiotika) kombiniert, so dass sich ihre positiven Einflüsse ergänzen.

Zur Gruppe der Fruktane gehört auch Inulin, das vor allem in Chicorée, Artischocken, Topinambur, Knoblauch oder Zwiebeln vorkommt. Einige Ernährungswissenschaftler meinen, dass die natürliche Inulinaufnahme mit der Nahrung zu gering sei, um ihre gesundheitsfördernde Wirkung zu entfalten. Schon heute wird Inulin aus Chicorée isoliert und zu einer „funktionellen“ Lebensmittelzutat aufbereitet.

Fruktan-Kartoffel mit Artischocken-Genen

Auch für die Gentechnik ist eine Inulin-Anreicherung in Pflanzen ein interessantes Thema. Verschiedene Gruppen und Unternehmen arbeiten an Zuckerrüben oder Kartoffeln mit höheren Inulingehalten.

Wissenschaftlern vom Max-Planck-Institut für molekulare Pflanzenphysiologie in Golm ist es gelungen, Kartoffeln zur Bildung von Inulin bzw. Fruktan anzuregen. Anfangs ging es darum, den Stoffwechselweg zu verstehen, der in Artischocken die Zuckerbausteine zu Inulin verknüpft. Man fand zwei Enzyme, welche die entscheidenden Umwandlungsprozesse steuern. Nachdem es gelungen war, die Gene für die beiden Enzyme im Genom der Artischocke zu finden und sie in das der Kartoffel zu übertragen, produzierten ihre Knollen tatsächlich Inulin - in der langkettigen, besonders verdauungsstabilen Variante, wie sie für Artischocken typisch ist.