Neuntes Internationales Biosafety.Symposium in Jeju, Südkorea

Forschung: Erkenntnisgewinne für die Risikoabschätzung

Gut 250 Vertreter aus Forschung, Industrie und Zulassungsbehörden trafen sich in Jeju-Island, Südkorea, um den Stand der internationalen Sicherheitsforschung zu gentechnisch veränderten Pflanzen zu präsentieren und diskutieren. Das Biosafety-Symposium findet alle zwei Jahre statt und wird von der Internationalen Gesellschaft für Biologische Sicherheitsforschung (ISBR) ausgerichtet.

Während auf den voran gegangenen Veranstaltungen einzelne Projekte und Fallstudien im Vordergrund standen, hatten die Organisatoren des neunten Biosafety-Symposiums in Jeju einen neuen Themenschwerpunkt auf die Tagesordnung gesetzt: Es ging darum, die biologische Sicherheitsforschung stärker an den Anforderungen auszurichten, die sich aus den Zulassungsverfahren für gv-Pflanzen ergeben.

Die Teilnehmer des 9. International Biosafety Symposiums in Jeju/ Südkorea; 24.-29.September 2006

Sally L. McCammon , APHIS (Animal and Plant Health Inspection Service; US-Landwirtschaftsbehörde), die Vorsitzende des Symposium-Komitees.

Posterausstellung. Viele Teilnehmer aus Südkorea und anderen asiatischen Ländern informierten sich über die internationale Sicherheitsforschung.

Dong-Hern Kim, Projektleiter Gentechnik am NIAB (National Institute of Agricultural Biotechnology).

In Südkorea werden bisher keine gv-Pflanzen angebaut. Es sind vierzehn GVO-Produkte als Lebensmittel zugelassen. In den letzten Jahren wurde die Agro-Biotechnologie in Korea verstärkt gefördert. 2002 wurde das NIAB gegründet und neben einer eigenen Genomforschung an verschiedenen Kulturpflanzen auch das Programm (Biogreen21) für die Entwicklung und Risikoforschung gentechnisch veränderter Pflanzen ins Leben gerufen. Es wurde bisher an mehr als zwanzig Kulturpflanzen geforscht, insbesondere an Reis und verschiedenen Gemüsekohlarten. Es werden auch Auskreuzungsversuche zu Reis durchgeführt. Angegliedert an das neu eingerichtete Agro-Forschungszentrum ist eine eigene Gentechnik-Ausstellung für Schulen.

Im Kern ist es in allen Ländern ähnlich: Bevor eine gentechnisch veränderte Pflanzen zugelassen wird, führen die zuständigen Behörden eine Risikoabschätzung durch. Sie müssen dabei zu einer Entscheidung kommen, ob nach dem derzeitigen Stand des Wissens eine Freisetzung oder der Anbau von gv-Pflanzen vertretbar ist. Die Behörden erwarten, dass sie sich dabei auf Erkenntnisse aus der Sicherheitsforschung stützen können. Allerdings beschäftigen sich viele Wissenschaftlergruppen mit eher grundsätzlichen, langfristig angelegten Fragestellungen, etwa zu Ökosystemen oder Biodiversität. Die Behörden benötigen dagegen konkrete, möglichst präzise und eindeutige Daten, auf deren Basis sie Zulassungsentscheidungen treffen können. Jeju wollte neue Impulse liefern, Forschung und die Praxis der Regulierungsbehörden besser aufeinander abzustimmen.

„Nicht alles was zählt, kann gezählt werden, und nicht alles was gezählt werden kann, zählt.“

In ihrem einleitenden Vortrag betonte Sally McCammon von der US-Regulierungsbehörde und Vorsitzende des Symposium-Komitees, dass nach zwanzig Jahren Erfahrung zunehmend klarer werde, was Risikoabschätzungen bei gv-Pflanzen leisten könnten und wo noch Forschungsbedarf aufgrund verbleibender Unsicherheiten bestehe. Insbesondere müsse - und hier sprach sie für viele der anwesenden Regulierungsbehörden - international besser abgestimmt werden, wie eine Risikoabschätzung in der Zulassungspraxis methodisch ausgeführt wird. In ihrem Resümee am Ende der Tagung wünschte sich McCammon, dass Sicherheitsforschung und Regulierungsbehörden künftig stärker aufeinander zugehen.

Auch Teilnehmer aus der Industrie regten ein international besser abgestimmtes Vorgehen an, wie mit den verbleibenden Unsicherheiten einer Risikoabschätzung in der Regulierungspraxis umgegangen werden kann. Die Diskussionen und Vorträge während des Symposiums zeigten, dass allgemein erkannt wird, dass vor der Zulassung einer gv-Pflanze nicht alle theoretisch möglichen Folgen im voraus zu beherrschen und gewisse „Rest-Unsicherheiten“ in Kauf zu nehmen sind.

Sue Meek, eine Vertreterin der australischen Zulassungsbehörde für Gentechnik, endete ihren Vortrag mit der Feststellung, dass in den letzten Jahren ein großer Erkenntnisgewinn bei der Risikoabschätzung stattgefunden hat, ein Rest an Unsicherheit aber immer bleiben wird. Sie zitierte dabei Albert Einstein: „Nicht alles was zählt, kann gezählt werden, und nicht alles was gezählt werden kann, zählt.“

Die Vortragsabfolge orientierte sich stark an den einzelnen Elementen und Schritten einer Risikoabschätzung, wie sie von den Regulierungsbehörden bei Zulassungsanträgen durchzuführen ist. So wurden etwa für gv-Mais, -Raps und -Reis mögliche Gefährdungen, die Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens und deren Folgen für die Umwelt analysiert. Eine eigene Vortragsreihe präsentierte Modelle für eine Risikoabschätzung von möglichen Gefährdungen bei Bt-Mais auf Nicht-Zielorganismen.

Gegen Ende der Tagung wurden allgemeine Konzepte und konkrete Ergebnisse des über fast zehn Jahre anhaltenden Monitorings zu einer möglichen Resistenzentwicklung beim Maiszünsler gegenüber Bt-Mais vorgestellt. Seit 1995 werden in den USA jährlich Maiszünsler-Populationen auf Resistenzen gegenüber dem Bt-Toxin untersucht. Bis heute konnte keine Abnahme in der Empfindlichkeit festgestellt werden.

Rita A. Teutonico , NSF (National Science Foundation; Washington/USA), leitet AGRA, eine Arbeitsgruppe, die Behörden und Forschung koordiniert.

Prioritäten in der Sicherheitsforschung setzen

In den USA wurde 2003 eine nationale Arbeitsgruppe AGRA (Agricultural Biotechnology Risk Analysis Research task group) eingerichtet. Aufgabe dieser beim NSF (National Science Foundation) angesiedelten Plattform ist es, die Kommunikation zwischen den verschiedenen Regulierungsbehörden und Forschungseinrichtungen, die sich mit der Risikoforschung befassen, zu erleichtern. Die Behörden erhalten so einen direkten Einblick in den Stand der Forschung. Sie können ihre Bedürfnisse schneller in die Forschung tragen und zielgerichteter die öffentliche Forschungsförderung auf die verbleibenden Erkenntnislücken ausrichten.

Diese Plattform wurde von vielen Teilnehmern des Symposiums in Jeju als gelungene Initiative bewertet, die noch einmal die Dringlichkeit einer zukünftigen stärkeren Zusammenarbeit zwischen Regulierungsbehörden und Forschung unterstrich. Eine ähnliche Initiative hat auch die veranstaltende Internationalen Gesellschaft für Biologische Sicherheitsforschung(ISBR) gestartet. Gestützt auf das unter dem Dach der ISBR weltweit wachsenden Netzwerkes von Vertretern aus Forschung, Behörden und Industrie soll in den nächsten Jahren ein klareres Bild gezeichnet werden, bei welchen Themen es in naher Zukunft vordringlich ist, von der Sicherheitsforschung aufgegriffen und bearbeitet zu werden.