Kein Risiko für Schmetterlinge durch gentechnisch veränderten Bt-Mais

„Die Pollenmengen, die im Labor zu einer erhöhten Sterblichkeit der Schmetterlingslarven führten, konnten wir im Freiland nicht nachweisen.“

Könnten Schmetterlinge durch gentechnisch veränderten Bt-Mais gefährdet sein? Dieser Fragestellung ging Mechthild Schuppener von der RWTH Aachen in einem dreijährigen Forschungsprojekt nach. Im Labor führte sie eine Fütterungsstudie durch, um herauszufinden, wie empfindlich Schmetterlingslarven auf Bt-Maispollen reagieren. Im Freiland untersuchte die Wissenschaftlerin, wie viel Maispollen unter natürlichen Bedingungen auf den Nahrungspflanzen von Schmetterlingen landet, und schaute sich genauer an, wo Schmetterlingsnester in Agrarlandschaften vorkommen. bioSicherheit sprach mit Mechthild Schuppener über die Ergebnisse ihrer Forschungsarbeiten.

Mechthild Schuppener von der RWTH Aachen, Institut für Pflanzenphysiologie (Bio3), Arbeitsgruppe Agrarökologie, ist in dreijährigen Forschungs- arbeiten der Frage nachgegangen, ob Schmetterlinge beim Anbau von gentechnisch verändertem Bt-Mais gefährdet sein könnten.

Schmetterlinge wie das Tagpfauenauge können mit Bt-Mais in Berührung kommen, wenn dessen Pollen auf ihren Nahrungspflanzen landet.

Untersucht wurden die beiden Schmetterlingsarten Kleiner Fuchs und Tagpfauenauge (Bild oben). Mechthild Schuppener gewann die Tiere für ihre Fütterungsversuche aus eigener Zucht.

Schmetterlingsraupe frisst an einem Brennnesselblatt.

Im Labor wurden Schmetterlingslarven mit Pollen von Bt-Mais in verschiedenen Konzentrationen gefüttert.

Am Rande des Maisversuchsfeldes wurden in verschiedenen Entfernungen Pollenfallen aufgestellt.

Im Freiland wurde untersucht, wie viel Pollen in welchen Entfernungen vom Maisfeld in Pollenfallen und auf Brennnesselpflanzen landet.

bioSicherheit: Sie wollten mit Ihren Untersuchungen herausfinden, ob durch den Anbau von Bt-Mais Schmetterlinge gefährdet sein könnten. Welche Schmetterlingsarten haben Sie untersucht und warum?

Mechthild Schuppener: Wir haben zwei Schmetterlingsarten ausgesucht, den Kleinen Fuchs und das Tagpfauenauge, und zwar weil diese beiden Arten in der Agrarlandschaft häufig vorkommen und die Larven sich zur Zeit der Maisblüte entwickeln. Hinzu kommt noch, dass die beiden Arten monophag sind, das heißt die Larven fressen nur auf einer Pflanze, der Brennnessel, und auch die kommt in der Agrarlandschaft häufig vor. Das macht es auch einfacher, das Vorkommen der Schmetterlingslarven komplett zu erfassen.

bioSicherheit: Der Bt-Mais, den Sie untersucht haben, war ein Mais, der drei verschiedene Bt-Proteine bildet. Was bedeutete das für die Untersuchungen?

Mechthild Schuppener: Zwei der drei Bt-Proteine wirken gegen den Maiszünsler, einen Schmetterling, das war für uns der Grund zu schauen, ob auch andere Schmetterlinge durch diese Bt-Proteine beeinflusst oder evtl. gefährdet sein könnten. Außerdem gibt es zu solchen Maissorten, die mehrere Bt-Proteine enthalten, bislang sehr wenige Untersuchungen. Um zu klären, ob es Wechselwirkungen gibt, haben wir diesen Mais gezielt ausgewählt. Es wäre ja z.B. denkbar, dass die Effekte größer sind, dass additive Effekte auftreten, dadurch das zwei Proteine wirken.

bioSicherheit: Wie sind Sie bei ihren Untersuchungen vorgegangen?

Mechthild Schuppener: Wir haben zunächst Untersuchungen im Labor durchgeführt, wo wir Fragen zur Toxizität der Bt-Proteine beantworten wollten. Wir wollten klären, was passiert, wenn die Larven Pollen von Bt-Mais aufnehmen. Dazu haben wir Pollensuspensionen in unterschiedlichen Konzentrationen auf Blattscheiben der Brennnessel aufgetragen und den Larven angeboten. Wir haben verschiedene Aspekte untersucht. Wie sieht es aus mit der Fraßaktivität, der Gewichtszunahme, der Entwicklungszeit, wie hoch ist die Sterblichkeit? Anschließend haben wir im Freiland geschaut, ob die Larven in ihrem natürlichen Umfeld überhaupt mit Maispollen in Kontakt kommen. Wir haben untersucht, wie weit Maispollen sich verbreitet, indem wir Pollenfallen und Brennnesselpflanzen in unterschiedlichen Entfernungen zum Feldrand aufgestellt haben. In einem weiteren Schritt haben wir Untersuchungen auf Landschaftsebene durchgeführt und geschaut, wo finden sich überhaupt Larven, kommen die Larven in der Nähe von Maisfeldern vor oder entwickeln sie sich in weiten Entfernungen zu Maisfeldern.

bioSicherheit: Haben Sie im Labor eine Empfindlichkeit der Schmetterlingslarven nachweisen können und bei welchen Pollenkonzentrationen trat diese auf?

Mechthild Schuppener: Ja, wir konnten Effekte feststellen, das hatten wir ja auch erwartet, da der Pollen Bt-Proteine enthält, die gegen Schmetterlinge wirksam sind. Erste Effekte traten auf in einem Bereich zwischen 200 und 300 Pollenkörnern pro Quadratzentimeter. Die mit Bt-Maispollen gefütterten Larven fraßen weniger. Je höher die Pollendosen waren, um so stärkere Effekte traten auf. Das konnten wir sehr schön zeigen. Bei tausend Pollenkörnern lag die Sterblichkeit der Tiere, die Bt-Maispollen bekamen, deutlich höher als bei den Vergleichsgruppen, die mit Pollen von konventionellem Mais gefüttert wurden.

bioSicherheit: War das bei beiden Schmetterlingsarten gleich?

Mechthild Schuppener: Mit dem Kleinen Fuchs haben wir sehr viele Wiederholungen durchführen können, mit dem Tagpfauenauge war das leider nicht möglich, da wir nicht ausreichend Tiere zur Verfügung hatten. Nach dem, was wir testen konnten, sieht es so aus, dass sich die beiden Arten nur wenig in ihrer Empfindlichkeit unterscheiden. Man müsste aber mit dem Tagpfauenauge noch weitere Untersuchungen durchführen.

bioSicherheit: Im Freiland haben Sie untersucht, in welchem Maße die Schmetterlingslarven unter natürlichen Bedingungen mit Maispollen in Berührung kommen. Gab es da Konzentrationen, die auf eine Gefährdung schließen lassen?

Mechthild Schuppener: Wir haben in den Pollenfallen und auf den Brennnesselblättern unmittelbar am Feldrand die höchsten Pollenmengen gefunden. In einer Entfernung von fünf Metern zum Feldrand waren schon viel weniger Pollen zu finden. Die Pollenmengen nahmen mit zunehmender Entfernung sehr schnell ab. Direkt am Feldrand haben wir in den Pollenfallen durchschnittlich 150 Pollen pro Quadratzentimeter gefunden, auf den Brennnesselblättern war nur ein Fünftel dieser Mengen zu finden. Wir konnten ganz vereinzelt Brennnesselblätter finden, auf denen maximal 200 Pollenkörner pro Quadratzentimeter lagen, das waren aber Einzelfälle.

bioSicherheit: Woran liegt das, dass auf den Brennnesselblättern so viel weniger Pollen liegen bleibt?

Mechthild Schuppener: Auf den Pollenfallen hat man eine klebrige Oberfläche, wo der Pollen gut haften bleibt, während die Brennnesselblätter diese Oberfläche nicht haben, der Pollen kann herunterrollen und vom Wind heruntergeweht werden bzw. auch durch Regen abgewaschen werden.

bioSicherheit: Könnte es in Einzelfällen sein, dass die Tiere so viel Bt-Maispollen fressen, dass es für sie tödlich ist?

Mechthild Schuppener: Die Pollenmengen, die im Labor zu einer erhöhten Sterblichkeit der Larven führten, konnten wir im Freiland nicht nachweisen. Möglicherweise sind solche Pollenmengen im Maisfeld anzutreffen, aber dort kommen keine Larven von Kleinem Fuchs und Tagpfauenauge vor. Generell kann man davon ausgehen, dass die beiden Arten mit gewissen Verlusten klar kommen. Es gibt ja auch eine Reihe anderer Gefahren, die zum Absterben von Larven führen können, wie z.B. Parasitoide, Fressfeinde, Krankheiten, schlechte Wetterverhältnisse. Und auch das gelegentliche Mähen der Feldrandstreifen wird wohl kaum eine Larve überleben. Solche Verluste können aber kompensiert werden.

bioSicherheit: Ist die Entfernung der Futterpflanzen zum Maisfeld der entscheidende Faktor dafür, dass Schmetterlinge mit Bt-Pollen in Berührung kommen oder gibt es weitere Faktoren?

Mechthild Schuppener: Voraussetzung ist außerdem, dass die Larven zur Zeit der Maisblüte vorkommen. Beide Schmetterlingsarten haben bei uns in der Regel mehrere Generationen im Jahr, die erste entwickelt sich im Frühjahr, die zweite im Sommer. Dabei sind die Entwicklungszeiträume variabel, so dass sich ein Großteil der Larven vor oder nach der Maisblüte entwickelt und nur ein Teil der Larven genau während der Maisblüte vorkommt. Und von diesem Teil entwickeln sich nicht alle Tiere in unmittelbarer Nähe zu Maisfeldern.

bioSicherheit: Was haben Sie bei der Kartierung der Agrarlandschaften herausgefunden?

Mechthild Schuppener: Wir haben zwei verschiedene Agrarlandschaften untersucht, eine Region, in der viel Mais angebaut wird, und eine Region, in der wenig Mais angebaut wird, und haben in diesen Regionen geschaut, ob Larven vom Kleinen Fuchs und vom Tagpfauenauge zur Zeit der Maisblüte vorkommen. Wir konnten in beiden Gebieten nachweisen, dass Larven sich in der Nähe von Maisfeldern entwickeln, aber auch in weiten Distanzen zu Maisfeldern. Einzelne Tiere sind also Maispollen ausgesetzt, während andere überhaupt keinen Kontakt mit Maispollen haben.

bioSicherheit: Was ist zusammengefasst das Ergebnis ihrer Untersuchungen?

Mechthild Schuppener: Im Labor konnten wir Effekte feststellen, was auch zu erwarten war, weil im Pollen Bt-Proteine enthalten sind, die gegen Schmetterlinge wirken. Im Feld konnten wir auf den Futterpflanzen, auf den Brennnesseln nur geringe Pollenmengen nachweisen und außerdem konnten wir zeigen, dass nur ein Teil der Larven in der Nähe von Maisfeldern vorkommt. Insgesamt kann man sagen, dass das Risiko für die Schmetterlinge durch diesen Bt-Mais als vernachlässigbar gering eingestuft werden kann.

bioSicherheit: Vielen Dank für das Gespräch