Ergebnisse: Gentechnisch veränderter Bt-Mais und Bienen

„Einen direkten toxischen Effekt auf Honigbienen konnten wir nicht finden, aber es gibt weiterhin Forschungsbedarf.“

Ist gentechnisch veränderter Bt-Mais eine Gefahr für Honigbienen? Bt-Mais bildet Bt-Protein, das die Larven seiner Fraßfeine abtötet. Könnte so auch die Bienengesundheit gefährdet sein, wenn Bienen Bt-Maispollen sammeln? Drei Jahre lang gingen Stephan Härtel und seine Arbeitsgruppe von der Universität Würzburg dieser Fragestellung nach. Die Wissenschaftler stellten Bienenvölker in Flugzelte und verfolgten die Entwicklung von Ammenbienen, sie fütterten Bienenlarven im Labor und stellten Beobachtungsstöcke in verschiedene Agrarlandschaften. Im Zusammenhang mit dem Bienensterben untersuchten sie das Zusammenspiel verschiedener Stressfaktoren. Bei keinem dieser Experimente konnten sie einen Einfluss von Bt-Mais auf die Bienengesundheit feststellen.

Stephan Härtel und seine Arbeitsgruppe vom Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie (Prof. Ingolf Steffan-Dewenter) der Universität Würzburg untersuchten drei Jahre lang mögliche Auswirkungen von Bt-Mais auf die Honigbiene.

Auf Parzellen mit  verschiedenen Maissorten wurden Flugzelte für Honigbienen aufgebaut.

Auf dem Maisversuchsfeld wurde in jeder Anbauparzelle ein Flugzelt mit je zwei Bienenvölkern aufgestellt. Verteilt auf insgesamt 32 Parzellen wurden gentechnisch veränderter Bt-Mais sowie drei konventionelle Maissorten angebaut.

Honigbiene sammelt Maispollen

Die Bienen konnten während des Versuchs nur den Pollen der jeweiligen Maissorte sammeln.
Foto: Stephan Härtel

Harmen Hendriksma

Harmen Hendriksma bei der Entnahme einer Bienenwabe. Er begutachtet die Volksentwicklung.

Im Bienendarm wird die Verdauung von Maispollen untersucht.

Da Bt-Proteine den Darm bestimmter Insekten angreifen, wurden die Verdauung der Maispollen und die Darmflora im Bienendarm untersucht. Auch eine mögliche Wechselwirkung zwischen Bt-Protein und einem Darmparasiten interessierte die Wissenschaftler.

Bienenlarve mit Maispollendiät

Bei einem Fütterungsversuch mit Bienenlarven im Labor wurde der Bienenkost in einer realistischen Dosis Maispollen beigemischt.
Foto: Harmen Hendriksma

Beobachtungsstock

In zwölf verschiedenen Agrarlandschaften stellten die Wissenschaftler Beobachtungsstöcke und analysierten die Schwänzeltänze der Bienen, mit denen diese sich über lohnende Sammelziele verständigen.
Foto: Susanne Schiele

bioSicherheit: Warum ist es wichtig, auch im Freiland Untersuchungen zu machen?

Stephan Härtel: Untersuchungen im Freiland sind besonders wichtig, weil man die Interaktion zwischen transgener Pflanze und Bestäuber untersuchen kann. Außerdem sind Honigbienen keine solitär lebenden Organismen, sondern sie leben in Kolonien, die man sehr schlecht im Labor halten kann.

bioSicherheit: Was muss man bei solchen Untersuchungen beachten?

Stephan Härtel: Die Versuche waren so angelegt, dass mögliche störende Einflussfaktoren weitgehend vermieden wurden. Um kontrollierte Bedingungen zu haben, stellten wir die Bienenvölker in Flugzelten auf die Anbauparzellen mit den verschiedenen Maissorten. Dort konnten die Bienen ausschließlich Maispollen von jeweils nur einer Maissorte sammeln. Auch der genetische Hintergrund der einzelnen Kolonien war vergleichbar, d.h. in unseren Experimenten waren alle Königinnen Geschwisterköniginnen, die alle auf eine Mutter zurückgingen. Besonders wichtig ist es auch, die Blühphase der Pflanze mit der Bienenkolonie zu koordinieren, d.h. man muss in dem Moment, wo die Pflanze blüht, die Kolonien in das Zelt stellen und dort können sie dann mit der blühenden Pflanze interagieren, den Pollen sammeln.

bioSicherheit: Was war der Schwerpunkt dieser Untersuchungen?

Stephan Härtel: Wir haben uns bei unseren Untersuchungen auf die Ammenbienen konzentriert. Ammenbienen sind besonders interessant für die Sicherheitsforschung, weil sie die größten Mengen an Proteinen, also an Pollen aufnehmen. Bienen übernehmen ein paar Tage nach dem Schlupf die Aufgabe, die Bienenlarven und die Königin zu füttern. Wir haben also frisch geschlüpfte Bienen markiert und in die Kolonien gesetzt. Nach zehn Tagen haben wir dann geschaut, wie sieht es mit der Sterblichkeit aus, gibt es Gewichtsunterschiede zwischen den verschiedenen Versuchsgruppen, gibt es Unterschiede in der Darmfunktion?

bioSicherheit: Warum haben sie sich speziell mit dem Darm der Ammenbienen beschäftigt?

Stephan Härtel: Der Darm ist sehr interessant, weil der Wirkmechanismus der Bt-Proteine gegen den Darm gerichtet ist, d. h. wenn entsprechende Bindungsstellen vorhanden sind, reisst das Bt-Toxin Löcher in die Darmwand. Deshalb ist es interessant zu schauen, ob möglicherweise auch der Darm der Honigbiene geschädigt wird. Gemeinsam mit dem Team von Christoph Tebbe vom Thünen Institut in Braunschweig haben wir untersucht, ob Bienen, die Bt-Pollen gefressen haben, den Pollen genauso gut verdauen wie Bienen, die konventionellen Maispollen gefressen haben. Außerdem haben wir uns die Darmflora der Bienen angeschaut.

bioSicherheit: Was sind zusammengefasst die Ergebnisse der Halb-Freilandversuche?

Stephan Härtel: Bei den Ammenbienen haben wir keine Effekte von Bt-Mais auf die Sterblichkeit gefunden, keine Effekte auf das Gewicht. Wir haben auch keinen Effekt auf die Darmfunktion gefunden, d.h. die Ammenbienen, die sehr viel Bt-Pollen aufgenommen hatten, verdauten den Pollen genauso gut wie Bienen, die konventionellen Maispollen gefressen hatten. Wir haben auch keinen Einfluss auf die Darmflora gefunden.

bioSicherheit: Sie haben einen speziellen Larventest entwickelt. Was ist das Besondere an diesem Test?

Stephan Härtel: In der bisherigen Sicherheitsforschung gab es keinen standardisierten Test für Bienenlarven. Bienenlarven sind ähnlich wie die Ammenbienen eine sehr interessante Phase im Lebenszyklus der Honigbiene, weil viele Bt-Proteine insbesondere gegen Larven gerichtet sind. Deshalb ist es sinnvoll, Larven von Honigbienen zu testen. Im Rahmen der Doktorarbeit von Harmen Hendriksma haben wir einen schon vorhandenen Test genommen und diesen an die Fragestellungen der Sicherheitsforschung adaptiert d.h. wir haben z.B. Bt-Pollen in die Bienen-Diät hineingemischt, um dann zu schauen, welchen Effekt diese Bt-Pollen auf die Entwicklung von Bienenlarven haben.

Wir haben sowohl Bt-Pollen getestet als auch Bt-Reinproteine. Der Vorteil an Bt-Pollen ist, dass er die natürliche Form der Exposition darstellt, also der Pollen wird aufgenommen und der Bt-Wirkstoff wird erst im Darm freigesetzt, so wie es in der Honigbiene im Volk auch passiert. Der Vorteil an den Reinproteinen ist, dass man die Dosis auf ein Vielfaches erhöhen kann. Wir haben bis zur 186fachen Dosis Bienen mit den Reinproteinen gefüttert. Wir konnten weder bei Fütterung mit Pollen noch mit Reinproteinen einen Zusammenhang zwischen dem Bt-Wirkstoff und der Sterblichkeit oder dem Gewicht von Larven finden.

bioSicherheit: Sie haben auch untersucht, ob Bt-Mais ein zusätzlicher Stressfaktor sein könnte für Bienen, die schon durch Krankheit vorgeschädigt sind. Was haben Sie da gemacht?

Stephan Härtel: Das weltweit beobachtete Bienensterben ist ein Phänomen, das durch verschiedene Faktoren beeinflusst wird und wir haben untersucht, ob Bt-Protein einer dieser Faktoren sein könnte. Honigbienen sind sehr vielen verschiedenen Stressfaktoren ausgesetzt, in der Agrarlandschaft gibt es Pestizide, es gibt eine Reihe von Honigbienenkrankheiten und es ist wichtig zu schauen, wie das Zusammenspiel zwischen diesen verschiedenen Faktoren ist. Wir haben speziell untersucht, ob es ein Zusammenspiel zwischen einem Darmparasiten und Bt-Protein gibt. Biologisch gesehen ist es sehr sinnvoll, dieses Zusammenspiel zu untersuchen, weil beide den Darm schädigen können. Wir haben in unseren Ergebnissen keinen Hinweis darauf gefunden, dass es eine Interaktion zwischen Bt-Pollen und dem Darmparasiten Nosema gibt. Bienen, die Bt-Mais gefressen hatten, wiesen keine stärkere Infektion mit Nosema auf. Verglichen mit anderen Versuchsgruppen war da kein Unterschied zu sehen.

bioSicherheit: Schließlich haben Sie in realen Agrarlandschaften untersucht, wieviel Maispollen überhaupt von Bienen eingetragen wird und ob sie Mais gerne anfliegen. Wie sind hier die Ergebnisse?

Stephan Härtel: Wir haben ein Landschaftsexperiment gemacht mit zwölf verschiedenen Landschaften. In diesen Landschaften sind wir mit vier Beobachtungsstöcken gewandert. Der experimentelle Ansatz war, dass jede Landschaft einen unterschiedlichen Anteil an Maisflächen im Flugradius dieser Kolonien hatte. Mit den Beobachtungsstöcken haben wir die einmalige Möglichkeit, den Schwänzeltanz zu beobachten. Die Bienen verständigen sich mit diesen Tänzen z.B. über Ressourcen in der Agrarlandschaft. Wir haben Schwänzeltänze von Bienen, die Maispollen gesammelt hatten, decodiert, um herauszufinden, wohin und wie weit fliegen eigentlich die Bienen in der Landschaft.

In unserem Landschaftsexperiment ist klar herausgekommen, dass Maispollen attraktiv sind für Honigbienen, sie zeigen sogar eine erhöhte Tanzaktivität für Flächen, auf denen Mais angebaut wird, d.h. die Sammelflüge wurden von den Honigbienenvölkern bevorzugt auf Maisflächen gemacht, wenn man das vergleicht mit anderen Landnutzungsformen wie z.B. Grünland oder Waldflächen oder auch anderen Äckern.
Aber wenn man davon ausgeht, dass es Unterschiede in der Pollenqualität gibt, dann finden wir interessanterweise, dass sie für Maispollen nicht so weit fliegen, also weniger Energie aufwenden als für andere Pollenarten.

bioSicherheit: Was ist für Sie zusammengefasst das wichtigste Ergebnis Ihrer dreijährigen Forschung?

Stephan Härtel: Wir haben in unseren Untersuchungen keinen Hinweis darauf gefunden, dass es einen direkten toxischen Effekt von Bt-Protein auf Honigbienen gibt. Man kann aber sagen, dass durchaus verschiedene Aspekte vertieft untersucht werden müssten. Man müsste z.B. Untersuchungen machen mit ganzen Völkern in Landschaften, in denen Bt-Mais angebaut wird. Diese Lücke besteht nach wie vor. Weiterhin muss man einfach sagen, dass diese Forschung mit multiplen Stressoren erst am Anfang steht. Wir haben in unserem Projekt einige Methoden entwickelt, die man gut einsetzen kann, um solche Untersuchungen zu machen.

In allen relevanten Agrargebieten der Welt gibt es die Honigbiene, also unsere Honigbiene Apis mellifera, und auch überall dort, wo transgene Pflanzen angepflanzt werden, kommt sie vor. Die Sicherheitsforschung, die wir hier in Deutschland machen, ist deshalb von großer Relevanz und diese nimmt nicht ab, sondern eher zu, weil global gesehen immer mehr transgene Pflanzen angebaut werden.

bioSiocherheit: Vielen Dank für das Gespräch.