Bienen und Bt-Mais: Wechselwirkungen mit Krankheitserregern?

Bienen im Stresstest

Bienen drängeln sich um ein Töpfchen mit gelber Pollenkost. Die frisch geschlüpften Arbeiterinnen haben ganz offensichtlich Hunger. Sie müssen sich in den nächsten vier Wochen mit Pollen immer derselben Maissorte zufrieden geben. Denn sie sind Teil eines Fütterungsexperimentes, das an der Universität Würzburg durchgeführt wird. Eine Arbeitsgruppe des Lehrstuhls für Tierökologie und Tropenbiologie geht in verschiedenen Laborversuchen der Frage nach, ob gentechnisch veränderter Bt-Mais für Bienen verträglich ist.

Stephan Härtel

Dr. Stephan Härtel, der die Forschung zu gentechnisch verändertem Bt-Mais leitet, an einem Beobachtungsstock auf dem Gelände der Universität Würzburg.

Theresa Hügel setzt je 56 frisch geschlüpfte Arbeiterinnen für einen Fütterungsversuch in kleine Behälter.

Theresa Hügel setzt je 56 frisch geschlüpfte Arbeiterinnen für einen Fütterungsversuch in kleine Behälter.

Bienenkäfig

Vier Wochen lang werden die Bienen mit verschiedenen Pollen-Diäten und Zuckerwasser gefüttert.

Entnahme eines Bienendarms: Die Verdauung der Maispollen wird  untersucht.

Am Ende des Versuchs werden die Bienendärme untersucht. Mit dem Stachel kann der komplette Bienendarm rausgezogen werden.

Im Bienendarm wird die Verdauung von Maispollen untersucht.

Die Hälfte der Bienen wurde mit dem Darmparasiten Nosema infiziert. Nun wird untersucht, ob die Nosema-Infektion die Verdauung beeinflusst hat.

Pollenkorn unverdaut

Ein weitgehend unverdauter Maispollen

Nosema-Sporen

Auch die Nosema-Sporen sind unter dem Mikroskop deutlich zu erkennen.

Katja Rahn führt mit Bienen ein Verhaltensexperiment durch.

Katja Rahn führt mit Bienen ein Verhaltensexperiment durch.

Konditionierung: Die Biene bekommt Zuckerwasser und kurz vorher einen Zitronenduft. Sie soll lernen, beim bloßen Duftsignal den Rüssel rauszustrecken.

Die Biene bekommt Zuckerwasser und kurz vorher einen Zitronenduft. Sie soll lernen, beim bloßen Duftsignal den Rüssel rauszustrecken.

„Die Bienen sind alle maximal 24 Stunden alt. Gerade am Anfang der Wachstumsphase nehmen sie viel Pollen auf, das ist wichtig für unsere Versuche.“ Vorsichtig setzt Theresa Hügel eine junge Biene mit Hilfe einer Pinzette in einen kleinen Metallkäfig, der vorne eine Glasscheibe hat.

Insgesamt 30 solcher Behälter werden mit je 56 Tieren bestückt. Sechs Behälter bilden eine Versuchsgruppe, die in den nächsten vier Wochen mit einer von fünf verschiedenen „Diäten“ versorgt wird. Die Tiere bekommen entweder Pollen gentechnisch veränderten Bt-Maises, Pollen der gleichen Maissorte ohne gentechnische Veränderung - der so genannten isogenen Sorte - oder Mischpollen von anderen Pflanzen. Alle Versuchstiere bekommen zusätzlich eine Zuckerlösung. „Es gibt noch eine weitere Diät“, Theresa Hügel schiebt ein kleines Döschen mit Pollenlösung in einen der Käfige, „nämlich Pollen der isogenen Sorte, die mit einem Insektizid behandelt wurde. Und eine Gruppe bekommt nur Zuckerlösung.“

Kombinierte Stressfaktoren

Das in Bt-Mais gebildete Bt-Protein kann seine schädigende Wirkung nur dann entfalten, wenn ein Insekt entsprechende Rezeptoren an der Darmwand hat. Verschiedene Bt-Proteine greifen jeweils sehr spezifisch nur bestimmte Insektengruppen an. Bei dem hier untersuchten Mais sind es Bt-Proteine, die gegen die Schädlinge Maiszünsler, einen Schmetterling, und den Maiswurzelbohrer, einen Käfer, wirksam sind. Bienen besitzen die Rezeptoren für diese Bt-Proteine nicht, erwartungsgemäß konnte deshalb bei gesunden Bienen bislang kein schädigender Einfluss von Bt-Mais gefunden werden. Was aber, wenn die Tiere durch Krankheit vorbelastet sind? Sie also mehreren potenziellen Stressfaktoren gleichzeitig ausgesetzt sind?

Mit ihrem Fütterungsexperiment geht Theresa Hügel dieser speziellen Fragestellung nach. Sie möchte herausfinden, ob Bienen, die von Darmparasiten befallen sind, Bt-Mais schlechter vertragen als gesunde Bienen.

Vor einigen Jahren hatten in einem Freilandexperiment an der Universität Jena Bienen, die in Flugzelten ausschließlich mit Bt-Maispollen ernährt wurden, empfindlicher auf eine zufällige Infektion durch den Darmparasiten Nosema reagiert als Bienen, die konventionellen Maispollen bekamen.

Hinweise aus dem Bienendarm

Die Bienen werden im Labor in einer wohltemperierten Klimakammer bei 26 Grad Celsius gehalten. Nach sechs Tagen wird die Hälfte der Versuchstiere mit dem Darmparasiten Nosema infiziert.

Um eine mögliche Wechselwirkung zwischen dem Bt-Protein und dem Darmparasiten aufzuspüren, wird in einem ersten Schritt die Lebenserwartung der Bienen in den verschiedenen Versuchsgruppen dokumentiert. Am Ende des Versuchs werden dann die Bienendärme entnommen und untersucht, ob Bt-Maispollen bei Nosema-Befall schlechter verdaut wurde als die anderen Pollenvarianten. Denn das hätte möglicherweise Einfluss auf die Bienengesundheit.

„Wenn man den Stachel abzieht, lässt sich der gesamte Bienendarm leicht aus der Biene rausziehen“, sagt Theresa Hügel, packt beherzt mit der Pinzette zu und befördert einen Darm unverletzt aus der Biene. Unter dem Mikroskop untersucht sie anschließend den Inhalt des Enddarmes. Mit Hilfe einer Zählkammer, einer in der Mitte vertieften Glasplatte mit Liniennetz, zählt sie genau aus, wie viele Pollen aufgenommen und wie weitgehend sie verdaut wurden. Die Ergebnisse von Theresa Hügels Versuchen werden noch in diesem Jahr vorliegen.

Zitronenduft = Zuckerwasser

Katja Rahn befestigt behutsam eine Biene in einem kleinen Plastikständer. „Damit sie nicht stechen, kommen die Bienen vorher kurz ins Kühlfach“, erläutert sie und greift sich das nächste von der Kälte benommene Tier. Zehn Versuchstiere stellt sie im Halbkreis auf dem Tisch vor sich hin und beginnt mit einem interessanten Experiment.

Katja Rahn interessiert sich für das Lernverhalten der Bienen. Mit einer Standardmethode aus der Verhaltensbiologie geht sie der Frage nach, ob gentechnisch veränderter Bt-Mais einen Einfluss auf die Lernfähigkeit von Bienen hat. Auch sie füttert die Tiere mit den verschiedenen Pollendiäten, aber nur über zwei Wochen mit jeweils 30 Bienen in einem Käfig. Danach wird mit der so genannten Konditionierung begonnen.

„Wenn man Bienen Zuckerwasser anbietet, strecken sie ihren Rüssel raus“, Katja Rahn schiebt ein Tröpfchen Zuckerwasser aus einer Kanüle und lässt es eine Biene mit dem Rüssel aufnehmen. Kurz zuvor hat sie das Tier mit einem Hauch von Zitrone beduftet. Im Verlaufe des Experimentes, das über mehrere Tage geht, sollen die Tiere lernen, dass das Angebot von Zuckerwasser mit diesem Duft verbunden ist und schließlich nur auf das Duftsignal hin ihren Rüssel rausstrecken.

Bislang sieht es nicht so aus, dass Bienen, die mit Bt-Maispollen gefüttert wurden, schlechter lernen als die anderen.