Einfluss der Zeaxanthin-Kartoffel auf das Bodenleben und die Bodenqualität

(2005 – 2008) Technische Universität München – Lehrstuhl für Bodenökologie, Oberschleissheim

Thema

Bodenorganismen (Bakterien und Pilze) haben in Agrarökosystemen eine Schlüsselfunktion in Bezug auf Bodenqualität und Pflanzengesundheit. Sie sind unter anderem verantwortlich für den Abbau der Ernterückstände, mineralisieren organisch gebundenen Stickstoff und stabilisieren die Bodenstruktur.

Ziel des Projektes war es daher, den Einfluss transgener Kartoffeln mit veränderter Carotinoid-Zusammensetzung auf die Struktur und Funktion mikrobieller Lebensgemeinschaften im Wurzelbereich zu untersuchen. Es sollte außerdem überprüft werden, ob die gentechnische Veränderung einen Einfluss auf den Phänotyp der Pflanzen hat, und ob der Streuabbau der transgenen Pflanzen anders verläuft und sich damit möglicherweise auf die Nachfrucht Weizen auswirkt.

Zusammenfassung

  • Ab dem Blütezeitpunkt verlief die Entwicklung aller Sorten und Linien sowohl im Gewächshaus als auch im Freiland vergleichbar.
  • In Bezug auf Farbe, Größe und Form der Knollen zeigten die transgenen und nicht-transgenen Kartoffelpflanzen keine Unterschiede.
  • Die Veränderung eines Gens in transgenen Pflanzen kann zu einer Veränderung des Phänotyps führen, die über die Modifikation des veränderten Gens hinausgeht (Pleiotrope Effekte). Diese Unterschiede im Phänotyp zwischen transgener Pflanze und Wildtyp sind jedoch geringer als die innerhalb der verschiedenen Sorten.
  • Ein veränderter Phänotyp hat einen Einfluss auf die Zusammensetzung der Mikroorganismen im wurzelnahen Raum und damit auch auf die Umsetzungsraten. Der Einfluss wurde in erster Linie durch den Standort, die Witterung und den Entwicklungsstand der Pflanzen bestimmt.

Versuchsbeschreibung

Gewächshaus und Freiland

Als Pflanzenmaterial standen zwei transgene Linien, die nicht-transgene Ausgangslinie und weitere vier konventionelle Sorten zur Verfügung. Im ersten Versuchsjahr 2005 fand der Anbau am Versuchsstandort Roggenstein (Bayern) statt, ab 2006 kam der Standort Oberviehhausen hinzu.

Wurzelfenster werden eingerichtet, um das Wurzelwachstum zu beobachten und Proben zu entnehmen.
Wurzelfenster
Wurzelfenster

Installation von Wurzelfenstern unter Feldbedingungen.

Probenahme an einem Wurzelfenster Kügelchen aus Filterpapier dienen als Auffangbehälter an der Wurzeloberfläche

Probenahme der wurzelnahen Bodenlösungen. Kügelchen aus Filterpapier (5 mm Durchmesser) dienen als Auffangbehälter an der Wurzeloberfläche

Pflanzenwachstum und Rhizosphärenchemie (Uni Hohenheim, Institut für Pflanzenernährung)

Die gentechnische Veränderung des Pflanzenstoffwechsels kann möglicherweise unbeabsichtigte Auswirkungen auf die Wurzelausscheidung (Exsudation) haben. Wurzelexsudate haben Einfluss auf die Nährstoffverhältnisse im Wurzelraum, d.h. auf die Nährstoffmobilisierung durch Mikroorganismen in der Rhizosphäre und den Ernährungsstatus und damit auf das Pflanzenwachstum.

Feldversuche. Der Ernährungsstatus der Pflanzen wurde zu verschiedenen Stadien der Pflanzenentwicklung an voll entwickelten Blättern erfasst (Inhaltsstoffanalysen). Beobachtungen zum Wurzelwachstum erfolgten zweistufig: Der Schwerpunkt lag auf Untersuchungen unter Freilandbedingungen an „Wurzelfenstern“ (siehe Abb.). Die Wurzelausscheidungen und wurzelnahen Bodenlösungen wurden chemisch untersucht.

Gefäßversuche. Parallel dazu wurden Gefäßversuche in so genannten Wurzelkästen unter kontrollierten Bedingungen durchgeführt, um den Einfluss möglicher Stressfaktoren wie Trockenheit, Mineralstoffmangel oder Salzstress abzuschätzen. Dazu wurden die Kartoffelpflanzen über Achselstecklinge in Nährlösung oder Torf-Sandgemisch vermehrt und anschließend in Wurzelkästen umgepflanzt. Die Anzucht der transgenen Linien und der Kontrollpflanzen erfolgte über einen Zeitraum von sechs Wochen mit fünf Wiederholungen für die einzelnen Stressbehandlungen.

Expression der Zeaxanthin-Epoxidase (TU München, Institut für Pflanzenzüchtung)

Die gentechnische Veränderung bewirkt, dass das Carotinoid Zeaxanthin in der Knolle angereichert wird. Dies wird dadurch erreicht, dass ein bestimmtes Enzym (Zeaxanthin-Epoxydase), welches Zeaxanthin in ein anderes Carotinoid umwandelt, blockiert wird. Die gentechnische Veränderung beruht auf der Antisense-Strategie.

Da Zeaxanthin nur in den Knollen angereichert werden soll, steht die Transkription der Antisense-mRNA für das entsprechende Enzym unter der Kontrolle eines knollenspezifischen Promotors. Die Menge an gebildetem Enzym Zeaxanthin-Epoxidase wurde in den Knollen, Wurzeln, Beeren und Pflanzenteilen zu verschiedenen Zeitpunkten ermittelt (u. a. mittels „real time“ Reverse-Transkriptase-PCR).

Solaningehalt in transgenen Kartoffelbeeren (TU München)

Falls in den Kartoffelbeeren transgener Pflanzen ein veränderter Gehalt an giftigem Solanin nachgewiesen würde, sollte der Möglichkeit einer erhöhten Verbreitung von Samen über Wildtiere nachgegangen werden.

Mikrobieller Stickstoffumsatz (TU München)

Mineralisierung von organischem Stickstoff, Nitrifikation und Denitrifikation sind sehr bedeutende Prozesse im Boden, die über Mikroorganismen ausgeführt werden. Dabei wird der organisch gebundene Stickstoff in den Ernterückständen in pflanzenverfügbaren mineralischen Stickstoff umgesetzt (Mineralisierung). Das gebildete Ammonium wird entweder direkt von der Pflanze verwertet oder durch Mikroorganismen in Nitrat umgewandelt (Nitrifikation). Herrscht Sauerstoffmangel im Boden wird Nitrat in elementaren Stickstoff oder das Treibhausgas „Lachgas“ umgewandelt (Denitrifikation). Die diesen Prozessen zugrunde liegenden Gene und deren Aktivierung können gemessen werden.

Streuabbau – Mikrobielle, chemische und molekularbiologische Untersuchungen (TU München)

Durch die genetische Modifikation der Pflanze kann es zu einem veränderten Gehalt an „sekundären Pflanzenstoffen“ in allen Pflanzenteilen kommen, der den Abbau der Streu und damit die Freisetzung von Nährstoffen für die nachfolgende Frucht verändern.

Das Streumaterial (Stamm, Blatt und Wurzel) der verschiedenen Kartoffelpflanzen wurde gesammelt und in Streubeutel gefüllt. Diese wurden an beiden Standorten in achtfacher Wiederholung entlang des Feldes in zwanzig Zentimeter Tiefe eingegraben. Nach zwei, acht bzw. 19 Wochen wurden die Abbauraten der Beutelinhalte und parallel dazu die am Abbau und der Besiedlung der Streu beteiligten Bakterien- und Pilzgemeinschaften über DNA-Analysen bestimmt.

Ergebnisse

Der erste Feldversuch fand 2005 in Roggenstein statt. Die Versuchspflanzen wurden in zufällig verteilten Parzellen mit je acht Wiederholungen pro Sorte angebaut. Im Jahr 2005 erfolgte die Genehmigung der Freisetzung für diesen Standort zu spät. Die konventionellen Sorten wurden aber dennoch angebaut, um einen Standortvergleich zu ermöglichen.

2006 kam der Standort Oberviehhausen dazu. Der Versuchsansatz erfolgte nach dem gleichen Muster wie im Jahr zuvor in Roggenstein. Die Probenahme wurde in Abhängigkeit vom Entwicklungsstadium der Kartoffeln an drei Terminen innerhalb der Vegetationsperiode durchgeführt.

Qualität und Menge der Erträge

In Bezug auf Farbe, Größe und Form der Knollen zeigten die transgenen und nicht-transgenen Kartoffelpflanzen keine Unterschiede. Auch die Festigkeit der Schale war als gleichwertig anzusehen. Das Fruchtfleisch der transgenen Kartoffelsorte war aufgrund des höheren Zeaxanthin-Gehaltes erwartungsgemäß intensiver gelb. Die Durchschnittswerte der Erträge aller Sorten aus den Feldversuchen Roggenstein (2005 und 2006) bzw. Oberviehausen (2007) lagen geringfügig über dem für Süddeutschland ermittelten Wert, wobei im Jahr 2007 allgemein die Erträge aufgrund ungünstiger Witterung niedriger waren. Die Erträge der beiden transgenen Linien unterschieden sich nicht signifikant von denen der Vergleichssorte Baltica.

Pflanzenwachstum und Rhizosphärenchemie

Feldversuche. Für die in Roggenstein bzw. in Oberviehhausen untersuchten Parameter – Ernährungsstatus der Pflanze, Wurzelwachstum, pH-Wert an der Wurzeloberfläche und Konzentration der Wurzelausscheidungen - zeigte sich kein Unterschied zwischen transgenen und nicht-transgenen Pflanzen und die Variabilität war vergleichbar mit den konventionellen Sorten. Jedoch zeigte sich für einige Parameter ein Unterschied zwischen den beiden Versuchsjahren. Das Wurzelwachstum z. B. war im Jahr 2006 allgemein höher, was wahrscheinlich an den feuchten und damit besseren Wachstumsbedingungen vor den jeweiligen Probenahmeterminen lag.

Die Konzentration der organischen Wurzelausscheidungen in der Rhizosphärenbodenlösung war im allgemeinen zwischen den Sorten und transgenen Linien vergleichbar.

Gefäßversuche. Im ersten Projektjahr wurde das Kultivierungssystem etabliert, dass die Vermehrung der Kartoffeln über Seitensprosse ermöglicht. Es diente dazu, die Wurzelexsudation verschiedener Sorten unter Stressbedingungen zu ermitteln.

Die Ausgangssorte Baltica und ihre beiden transgenen Linien wurden verschiedenen Stressfaktoren ausgesetzt wie z. B. Mangel an Stickstoff, Phosphat oder Sauerstoff sowie eine erhöhte Aluminiumkonzentration. Die Wurzelexsudate wurden in dem Waschwasser der Wurzeln gemessen. Es konnten bei den untersuchten Sorten keine signifikanten Unterschiede in der Wurzelexsudation nachgewiesen werden - außer einer Behandlung mit Aluminium-Ionen (Al 3+ ) in toxischen Konzentrationen, die bei den transgenen Linien eine verstärkte Abgabe von Citrat im Bereich der Wurzelspitzen bewirkte. Der Grund hierfür muss in weiteren Untersuchungen geklärt werden.

Expression der Zeaxanthin-Epoxidase

Im Jahr 2005 wurde eine Analysemethode entwickelt um die Antisense-mRNA aus den verschiedenen Pflanzenorganen zu quantifizieren. Diese Methode wurde dann im Jahr 2006 auf die Proben aller drei Wachstumsstadien angewendet. In den Blättern und Wurzeln zeigten die transgenen Linien im Vergleich zur Ausgangssorte Baltica zu allen drei Zeitpunkten die gleiche Enzymaktivität. In den Knollen jedoch wurden wie erwartet nur in den beiden transgenen Linien deutliche Mengen an Zeaxanthin-Epoxidase nachgewiesen, wobei die eine transgene Linie höhere Enzym-Mengen enthielt.

Erstellung von Trankriptionsprofilen im Gewächshausversuch

In den untersuchten Blattproben zeigten sich bei einigen der untersuchten Gene unterschiedliche Transkriptionsraten. In den Knollen der beiden transgenen Linien im Vergleich zur Ausgangsorte Baltica wurden dagegen keine Änderungen der Transkriptionsrate gemessen.

Solaningehalt in transgenen Kartoffelbeeren

Da die Beeren in Absprache mit den lokalen Behörden vor der Reife entfernt wurden, konnte die Analyse des Solaningehaltes nicht durchgeführt werden.

Mikrobieller Stickstoffumsatz

In der Rhizoshäre der transgenen und der nicht-transgenen Kartoffelpflanzen wurden Gene, die am mikrobiellen Stickstoffumsatz beteiligt sind, nachgewiesen, sowie deren Anzahl erfasst. Für die beiden Prozesse Nitrifizierung und Denitrifizierung blieb der Unterschied zwischen der Ausgangssorte und den transgenen Sorten unter dem für die konventionell gezüchteten Sorten beobachteten Bereich. Es war aber ein deutlicher Einfluss von Standort und Witterung auf das Verhalten der am mikrobiellen Stoffumsatz beteiligten Gene zu beobachten.

Streuabbau

Der Streuabbau verlief unterschiedlich an beiden Standorten. In Oberviehausen wurde die Streu der Ausgangssorte Baltica zu allen drei Probenahmezeitpunkten am langsamsten abgebaut, während die Streu der beiden transgenen Sorten deutlich schneller abgebaut wurde. Am Standort Roggenstein waren die Unterschiede im Streuabbau sehr gering und statistisch nicht signifikant.