Transgene Pappeln: Horizontaler Gentransfer von Agrobakterien auf endophytische Bakterien möglich?

(2005 – 2008) Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft, Institut für Forstgenetik und Forstpflanzenzüchtung Waldsieversdorf

Thema

An der Modellpflanze Pappel sollte ein möglicher Gentransfer von rekombinanten Agrobakterien auf in der Pappel vorkommende endophytische Bakterien untersucht werden. Diese Bakterien siedeln sich im Gewebe von Pflanzen, so auch in Forstgehölzen, an. Bisher ist noch wenig über ihr Vorkommen bekannt. Bei der Pflanzentransformation und auch danach ist es durch die unmittelbare Nähe der rekombinanten Agrobakterien zu den Endophyten möglich, dass rekombinante DNA auf die endophytischen Bakterien übertragen wird.

Da Forstgehölze langlebig sind, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit eines horizontalen Gentransfers (HGT).

Es wurden folgende Schwerpunkte bearbeitet:

  • Isolierung und Charakterisierung endophytischer Bakterien aus verschiedenen Pappelklonen
  • HGT im Modell: In-vitro-Untersuchungen zum horizontalen Gentransfer rekombinanter DNA aus Agrobakterien auf endophytische Bakterien
  • HGT-Nachweis in der Pappel: Bestimmung und Quantifizierung endophytischer Bakterien, die das Transgen tragen
  • Untersuchungen zur Überlebensdauer (Persistenz) der Agrobakterien in transgenen Pappeln und Entwicklung von Methoden zur Verringerung der Anzahl an Endophyten.

Zusammenfassung

Die Charakterisierung der Endophyten-Gemeinschaft erfolgte mit kultivierungsabhängigen und -unabhängigen Methoden. Es wurden Freiland-Pappelklone sowie in-vitro Vermehrungssysteme untersucht.

  • Für die Freiland-Pappelklone zeigte sich insgesamt eine hohe Diversität der Endophyten.
  • Zwischen den Pappelklonen und abhängig vom Standort wurden starke Unterschiede in der Zusammensetzung der Endophyten-Gemeinschaft festgestellt.
  • Die Konjugation zwischen Bakterien ist das häufigste Ereignis, das zum horizontalen Gentransfer führt. Dabei erfolgt mit Hilfe einer „Zellbrücke“ eine gezielte Übertragung von Plasmid-DNA von einem Spender- auf einen Empfängerorganismus. Es konnte nur dann ein horizontaler Gentransfer nachgewiesen werden, wenn die Konjugation durch ein externes konjugatives Plasmid ausgelöst wurde (Mobilisierung).
  • In den in vitro-Vermehrungssystemen wurden vorrangig Isolate der Gattung Paenibacillus gefunden. Da Paenibacillus phylogenetisch (stammesgeschichtlich) weit von Agrobacterium entfernt ist und von daher keine Plasmide trägt, die eine Konjugation auslösen könnten, kann ein Gentransfer aus Agrobacterium während oder nach der Transformation nahezu ausgeschlossen werden.
  • Persistierende Agrobakterien waren in vitro bis zu drei Monate und in einer Pappellinie 16 Monate nach der Transformation nachweisbar.
  • Die Wahrscheinlichkeit für einen horizontalen Gentransfer sinkt, je weniger endophytische Bakterien auf den zu transformierenden Pflanzen vorhanden sind. Die Regeneration aus steril entnommenen Spross- und Wurzelmeristemen bietet eine effektive Methode, Pflanzen zu gewinnen, die frei von Endophyten sind.

Versuchsbeschreibung

Blattstückchen werden mit Agrobakterien infiziert.

mit Agrobakterien infizierte Blattstückchen

Regeneration von Knospen, die sich an der Wundstelle bilden

Regeneration von Knospen, die sich an der Wundstelle bilden

Endophytische Bakterien, die im Pflanzengewebe leben. Um neue Gene in Pflanzenzellen zu einzubringen, wird das Bodenbakterium Agrobacterium tumefaciens als

endophytische Bakterien

Fotos: Dietrich Ewald

Material

Pappeln: Für die Transformation wurde eine weibliche Pappelhybride chinesischen Ursprungs verwendet. Klone dieser Hybride sind fortpflanzungsunfähig, eine Ausbreitung dieser Hybride über Samen ist somit nicht möglich.

Agrobakterien: Zur Transformation der Pappelklone wurde ein Agrobacterium tumefaciens-Stamm mit einem binären Vektor verwendet, der ein GUS-Reportergen trägt. Damit konnte geprüft werden, ob der Transfer des binären Vektors stattgefunden hatte.

Isolation und Charakterisierung der kultivierbaren endophytischen Bakterien

Die Isolation der Endophyten erfolgte aus Zweigen und Blättern der Pappel. Diese wurden an der Oberfläche desinfiziert, um dort siedelnde Bakterien auszuschließen. Das Pflanzenmaterial wurde anschließend homogenisiert, in Verdünnungsstufen auf Kultivierungsmedien plattiert und zum Wachstum der Endophyten kultiviert.

Anschließend wurden die Bakterien isoliert und mit einer molekularbiologischen Methode (partielle Sequenzierung der 16S rDNA) bestimmt.

Kulturunabhängige Analyse der Endophyten

Nicht alle endophytischen Bakterien der Pappel sind kultivierbar. Durch Vermehrung bestimmter bakterieller DNA-Abschnitte (16S rDNA) direkt aus dem Pflanzenmaterial und Anlegen einer Klonbibliothek konnten auch diese Bakterien erfasst werden. Die Charakterisierung erfolgte dann ebenfalls durch Sequenzierung der 16S rDNA.

Untersuchungen zum horizontalen Gentransfer zwischen Agrobakterien und Endophyten

Die Konjugation zwischen Bakterien ist das häufigste Ereignis, das zum horizontalen Gentransfer führt. Dabei erfolgt mit Hilfe einer „Zellbrücke“ eine gezielte Übertragung von Plasmid-DNA von einem Spender- auf einen Empfängerorganismus.

HGT im Modell: Anhand eines Modellsystems soll die Möglichkeit eines HGT der bei der Pflanzentransformation verwendeten binären Vektoren auf endophytische Bakterien untersucht werden. Es soll neben anderen Transfervarianten geprüft werden, ob eine durch die Virulenz-Gene des Helferplasmids vermittelter Übertragung binärer Vektoren erfolgen kann.

HGT-Nachweis in transformierten Pappeln. Blatt- und Sprossmaterial transgener Pappeln wurden auf das Vorhandensein von Endophyten untersucht, die das Transgen über Konjugation aus den Agrobakterien aufgenommen haben. Die Probenahme erfolgte sechs und zwölf Monate nach der Transformation. Die isolierten Endophyten werden auf das Vorhandensein des binären Vektors getestet (Transkonjuganten).

Überdauerung von Agrobakterien

Es wird angenommen, dass die Wahrscheinlichkeit eines HGT sich erhöht, wenn die zur Transformation eingesetzten Agrobakterien noch einen längeren Zeitraum in der Pflanze überleben (persistieren). Daher wurde analog zu den Endophyten zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit klassischen Nachweistests (Isolation und Kultivierung) sowie PCR (Erfassung der nicht-kultivierbaren Bakterien) das Vorhandensein von persistierenden Agrobakterien überprüft. Um die Möglichkeit eines HGT weiter zu verringern, wurde eine Methode entwickelt, die die Anzahl an kultivierbaren Endophyten in vitro verringert.

Ergebnisse

Isolierung und Charakterisierung endophytischer Bakterien aus verschiedenen Pappelklonen

Für die Freiland-Pappelklone zeigte sich eine starke Diversität der Endophyten. Es konnten bis zu fünfzig verschiedene Gattungen der Aktinobakterien, Proteobakterien, Firmicutes und Bacteroidetes nachgewiesen werden. Zwischen Kulturmethode und kulturunabhängiger Methode zeigte sich ein deutlicher Unterschied in den erfassten Bakterienklassen. Während bei den kultivierbaren Bakterien Actinobakterien den Hauptteil ausmachten, dominierten die Proteobakterien bei der kulturunabhängigen Methode.

Ausgehend von einer Gewächshaus-Pappel kann ein Sprossmeristem in Kultur genommen werden.

Sprossmeristem: Kultiviertes Gewebe aus einem Spross

Wurzelmeristem

Wurzelmeristeme können z.B. aus bewurzelten Sprossen kultiviert werden

Wurzelmeristem. Um die Anzahl endophytischer Bakterien zu verringern, werden Pflanzen aus Meristemen regeneriert. Meristemgewebe besteht aus undifferenzierten, uneingeschränkt teilungsfähigen Pflanzenzellen, wie man sie z.B. an der Sprossspitze fin

Nicht nur beide Methoden zeigten deutliche Unterschiede in der Verteilung der Bakteriengruppen, auch zwischen den einzelnen Pappelklonen wurden starke Unterschiede festgestellt. Der Standort der Klone hatte ebenfalls einen Einfluss auf die Diversität der Endophyten.

Im Gegensatz zur hohen Diversität in den Freiland-Pappelklonen wurden in den in vitro-Vermehrungssystemen vorrangig Isolate der Gattung Paenibacillus gefunden. Da Paenibacillus und Agrobacterium phylogenetisch (stammesgeschichtlich) weit voneinander entfernt sind, ist die Wahrscheinlichkeit eines Gentransfers aus Agrobacterium sehr gering.

Verringerung der Anzahl endophytischer Bakterien

Erfahrungen bei der in vitro- Kultivierung im Obstbau zeigen, dass die aus Obstgehölzen isolierten Meristeme eine geringere Dichte an Viren aufweisen. Möglicherweise trifft dies auch auf Bakterien zu. In Verbindung mit eigenen Untersuchungen (Ergebnisse der in vitro-Kultivierung), wurde deshalb die Methode der Meristemkultur (Spross- und Wurzelmeristem) zur Verringerung der Endophytenzahl gewählt. Die Probenahme erfolgte drei, sieben, elf und 19 Monate nach Inkulturnahme des Meristems aus einem Spross bzw. aus der Wurzel und der anschließenden Regeneration von Pflanzen in vitro. Unabhängig von der Methode konnten zu keinem Zeitpunkt Endophyten nachgewiesen werden.

HGT-Nachweis

Ein horizontaler Gentransfer binärer Plasmide von rekombinanten Agrobakterien auf endophytische Bakterien konnte bisher lediglich in vitro nachgewiesen werden. Der binäre Vektor wurde dabei mit Hilfe eines externen konjugativen Plasmids auf endophytische Bakterien (Stenotrophomonas, Agrobacterium rubi) übertragen. Dagegen konnte der Transfer vermittelt durch vir-Gene bisher nicht nachgewiesen werden.

Überdauerung von Agrobakterien

Bis zu drei Monaten bzw. in einem Fall nach 16 Monaten nach der Transformation konnten Agrobakterien in den Pappellinien nachgewiesen werden. Nach Überführung der transformierten Pflanzen ins Gewächshaus konnten in mehreren Proben wieder Agrobakterien gefunden werden.