Anbaubegleitendes Monitoring I: Datenerhebung bei Landwirten und durch Pflanzenschutzdienste (Verbundkoordination)

(2005 – 2008) Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) (seit 2008 Julius Kühn-Institut (JKI)), Institut für Pflanzenvirologie, Mikrobiologie und biologische Sicherheit; Braunschweig

Thema

Ziel dieses Projektverbundes war es, einen praktikablen methodischen Ansatz für das anbaubegleitende Monitoring von gentechnisch veränderten Pflanzen (GVP) zu entwickeln. Das Konzept sollte praktisch erprobt und hinsichtlich Aussagekraft, Praktikabilität und entstehender Kosten bewertet werden.

Es wurden Daten unterschiedlicher Quellen zusammengeführt und auf mögliche Umwelteffekte hin ausgewertet, die auf den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen zurückgehen könnten.

Das Forschungsvorhaben basierte auf Erkenntnissen und Erfahrungen, die in einem Vorläufer-Projekt gesammelt wurden.

Zusammenfassung

  • Die Entwicklung von Fragebögen für Landwirte diente der Erhebung lokaler Daten, die kulturartenspezifisch und anonym die Anbausituation vor Ort erfassen können. Es wurden Fragebögen für den Anbau von Kartoffel, Raps, Weizen und Zuckerrübe entwickelt, an Landwirte verteilt und optimiert.
  • Dabei stellt der kulturartenspezifische Teil der Fragebögen einen Standard dar, der beim Anbau dieser Kulturart sofort eingesetzt werden kann. Die Fragen, die an eine spezifische gentechnische Veränderung geknüpft sind, müssen entsprechend ergänzt werden.
  • Eine direkte Zusammenführung von Daten aus den Erhebungen mit Fragebögen und aus anderen Beobachtungsprogrammen in eine gemeinsame Datenbank ist aufgrund technischer und organisatorischer Hürden schwer zu realisieren. Die parallele, vergleichende Auswertung (Plausibilität, konsistente Beobachtungen) ist eher praktikabel.

Versuchsbeschreibung

(a) Auswahl der Anbauorte von gv-Pflanzen für die Datenerhebung mittels Fragebögen am Beispiel der Kulturart Mais

(b) Bestehende Beobachtungsprogramme der Pflanzenschutzdienste

(c) Ausgewählte Flächen innerhalb der Anbauregionen

Datenerhebung

Die Vielschichtigkeit etwaiger Umweltwirkungen transgener Pflanzen und die „natürliche“ Variabilität erfordern umfassendes Datenmaterial, das die Zuordnung von beobachteten Veränderungen zu möglichen Auslösern erlaubt. Diese Daten sind nicht innerhalb eines Erhebungsprogramms zu ermitteln. Auch der Gesetzgeber regt daher an, Daten verschiedener Quellen zu nutzen.

Im Rahmen des Projektes wurden daher drei methodische Erhebungsansätze und ihre Verknüpfung untersucht:

  • Fragebögen für Landwirte, die gentechnisch veränderte Pflanzen anbauen (direkte, lokale Erhebung)
  • Nutzung von Daten(banken) existierender, unabhängiger Beobachtungsprogramme, insbesondere des Pflanzenschutzdienstes (ISIP)
  • landschaftsökologische Erhebungen zu Saumbiotopen und Brachflächen unter dem Aspekt des Verwilderungspotenzials von Raps und Weizen, um geeignete Monitoringstandorte auszuwählen

Auswahl, Zusammenführung und Verarbeitung der Daten

Der prinzipielle Ansatz der Zusammenführung aus verschiedenen Quellen sah vor, dass detaillierte Daten auf Basis ihrer Raum- und Zeitkoordinaten zusammengeführt und gemeinsam ausgewertet werden. (Vorgehensweise; siehe Abbildung)

Fragebogenerhebung und Beobachtungen der Pflanzenschutzprogramme

Nach der Erfassung der Anbauflächen von gentechnisch veränderten Pflanzen (a; orange und schwarze Punkte) wird der erforderliche Stichprobenumfang statistisch ermittelt. Anschließend sollte eine entsprechende Anzahl an Flächen ausgewählt werden (a; schwarze Punkte), um zu diesen Flächen Daten durch Befragungen der Landwirte zu erheben. Daten vorhandener Beobachtungs- programme (b; grüne und rote Punkte) wie beispielsweise der Pflanzenschutzdienste sollten einbezogen, hinsichtlich eines eventuellen Auftretens von Besonderheiten gesichtet, bewertet und mit Daten der Befragungen der Landwirte abgeglichen werden.

Standortauswahl Saumbiotope und Brachflächen

In Anbaugebieten von gentechnisch veränderten Sorten (c; dunkelgrün) wurden potenziell kritische Landschaftsstrukturen (c; hellgrün) identifiziert. Innerhalb dieser Landschaften wurden wiederum Areale für das Monitoring (c; rote Quadrate) in relevanten Lebensräumen (z.B. von Saumbiotopen und Brachflächen) ausgewählt. Schwerpunkt der Untersuchungen bildeten Flächen, die für die Kulturen Raps und Weizen Potenziale für eine Auswilderung boten.

Das Projekt wurde gemeinsam von den Projektpartnern JKI, BioMath und BLaU-Umweltstudien bearbeitet.

JKI, Braunschweig:

  • Projektleitung und Koordination
  • Konzeption der Fragebögen für die Landwirte und Datenerhebungen vor Ort; einbezogen wurden die Feldfrüchte Raps, Kartoffel, Zuckerrübe und Weizen; der seit dem Jahre 2001 für die Kulturart Mais erarbeitete Fragebogen wurde weiterentwickelt.
  • Bewertung und ggf. Einbindung der von Pflanzenschutzdiensten der Länder erhobenen Daten in das GVP-Monitoring
  • Kosten-Nutzenanalyse

BLaU-Umweltstudien, Göttingen

  • Erprobung eines an Anbauschwerpunkten und Landschaftsstrukturen orientierten Auswahlverfahrens für Monitoring-Flächen
  • Erprobung eines Monitorings unter Einbeziehung landwirtschaftlicher Nutzflächen und ausgewählter nicht-landwirtschaftlicher Lebensräume

BioMath, Rostock

  • Entwicklung und Anwendung des statistischen und informationstechnischen Instrumentariums, u.a. für die Flächenauswahl sowie die Zusammenführung und Auswertung der Monitoring-Daten

Ergebnisse

Datenerhebung über Fragebögen

Als Teil des Konzepts für ein anbaubegleitendes Monitoring wurden am JKI Braunschweig wissenschaftlich fundierte Fragebögen zur Erhebung von Anbaudaten bei Hauptkulturpflanzen entwickelt. Ein Fragebogen zu Mais liegt bereits seit 2001 vor.

Seit Mitte 2005 wurden auch für Zuckerrübe, Raps, Weizen und Kartoffeln Fragebögen entwickelt, die bei künftigen Monitoring-Programmen eingesetzt werden können, sollte es bei diesen Kulturarten zu einem Anbau von gv-Sorten kommen. Diese Fragebögen wurden in landwirtschaftlichen Betrieben getestet, welche konventionelle Sorten dieser Kulturarten anbauen, da bei diesen Kulturarten keine gv-Sorten für den Anbau zugelassen sind.

Der Fragebogen umfasst drei (bzw. 4) Teile:·

  • Daten zum Betrieb
  • Beobachtungen: Angaben zum Standort des Anbaus, Erfassung und Bewertung von Qualität und Wachstum der Pflanzen sowie von auftretenden Krankheiten und Schädlingen·
  • Anbaumanagement: Anbautechnik, Fruchtfolge, Pflanzenschutzmaßnahmen, Düngung

Ein vierter Teil des Fragebogens wird jeweils auf die spezifischen transgenen Merkmale abgestimmt.

Die über die Fragebogen erhobenen Daten ergaben ein Bild der aktuellen Anbaupraxis für die jeweiligen Kulturarten. Dieser „übliche Normalzustand“ (Baseline) kann als sinnvoller Vergleichmaßstab herangezogen werden, um mögliche Veränderungen durch den Anbau von gv-Sorten erkennen zu können.

Die Fragebögen für Raps, Zuckerrübe, Kartoffel und Weizen wurden im Jahr 2006 in Detailabstimmung mit Fachexperten des JKI und von Landwirtschaftskammern, mit Pflanzenzüchtern und in Rückkopplung mit den Landwirten inhaltlich optimiert. Auch 2007 und 2008 erhielten Landwirte, die vergleichbare konventionelle Sorten anbauten, den Fragebogen. Je Fruchtart wurden zwischen 44 und 100 Fragebögen verteilt, die Rücklaufquote lag zwischen acht und 42 Prozent, was für eine statistische Auswertung nicht ausreichte. Der Grund dafür lag im zusätzlichen Aufwand der Landwirte, dem kein praktischer Nutzen gegenüberstand. Eine höhere Rücklaufquote konnte allerdings dann erzielt werden, wenn dem Landwirt bekannte landwirtschaftliche Berater die Fragebögen verteilten. Die anonyme Verarbeitung der erfragten Daten gewährleistete, dass die Angaben „nach bestem Wissen und Gewissen“ gemacht wurden, und ist eine Voraussetzung für die Sicherung der Antwortqualitäten.

Die benötigte Zeit für die Eingabe der Daten in die Datenbank, die Überprüfung und Auswertung der Daten sowie die Zusammenstellung der Ergebnisse wird pro Fragebogen auf 1,5 Stunden geschätzt. Die Kosten für eine Erhebung mit 2500 Fragebögen über zehn Jahre belaufen sich auf etwa 45000 Euro pro Jahr.

Datenerhebung über landwirtschaftliche Beobachtungsprogramme

Ein weiterer Schwerpunkt war in Zusammenarbeit mit dem Projektpartner BioMath die Bewertung und das Zusammenführen von Daten der bestehenden landwirtschaftlichen Beobachtungsprogramme, z.B. der Pflanzenschutzdienste der Länder. Diese Strategie erwies sich als technisch und organisatorisch schwierig. Es liegen zwar umfassende Detaildaten vor, sie sind aber nur mit zusätzlichem technischen Aufwand direkt mit den Fragebögen zusammenzuführen, und es treten je nach Kulturart „Datenlücken“ auf. Deshalb wurde eine übergreifende Datenbank als ineffektiv bewertet. Auch für andere Erhebungsprogramme gelten ähnliche technische und organisatorische Hürden. Die ausführlichen Ergebnisse zu diesem Punkt sind im Teilprojekt „Anbaubegleitendes Monitoring III: Entwicklung eines statistischen Instrumentariums zur Datenauswertung“ beschrieben.