Auswirkungen von Bt-Mais auf Honigbienen

(2008 – 2011) Universität Würzburg, Lehrstuhl für Tierökologie und Tropenbiologie

Thema

Es wurden mögliche Auswirkungen von gentechnisch verändertem Bt-Mais der Linie MON89034xMON88017 auf Honigbienen untersucht. Dieser Mais bildet drei Bt-Proteine und ist dadurch sowohl gegen den Maiszünsler als auch gegen den Maiswurzelbohrer resistent.

Im Einzelnen wurden folgende Fragestellungen untersucht:

  • Hat die Aufnahme von Bt-Maispollen unerwünschte Auswirkungen auf die Entwicklung von Bienenvölkern sowie einzelner Honigbienenlarven?
  • Reduziert die Aufnahme von Bt-Proteinen die Widerstandsfähigkeit der Bienen gegenüber weiteren Stressfaktoren wie z.B. Krankheitserregern?
  • Wie viel Maispollen wird in Abhängigkeit von der Struktur der umgebenden Agrarlandschaft tatsächlich in Bienenstöcke eingetragen?

Zusammenfassung

Halbfreiland: Ammenbienen, die besonders viel Pollen aufnehmen, zeigten nach neun Tagen im Flugzelt keine Unterschiede bei Sterblichkeit und Gewicht. Auch bei frisch geschlüpften Arbeiterinnen, die ins Labor überführt wurden, konnten keine negativen Auswirkungen von Bt-Maispollen auf das Schlupfgewicht und die Lebenserwartung festgestellt werden.

Darm-Untersuchungen von Ammenbienen: Es zeigten sich weder Unterschiede in der Verdauungsfähigkeit der verschiedenen Maispollen noch ein Bt-spezifischer Einfluss auf die Darmflora.

Fütterungsversuche: Weder ausgewachsene Bienen noch Bienenlarven zeigten bei Fütterung mit Bt-Maispollen eine erhöhte Sterblichkeit. Auch auf das Gewicht der Larven vor der Verpuppung hatte Bt-Maispollen keinen Einfluss. Bei Fütterung mit reinen Bt-Proteinen ließ sich auch bei Konzentrationen, die weit über die Menge hinausgehen, denen Bienen theoretisch ausgesetzt sind, keinerlei Dosis-Wirkungsbeziehung aufzeigen.

Kombinierte Stressfaktoren Es gab keinen Hinweis auf eine Wechselwirkung zwischen Bt-Pollen und dem Darmparasiten Nosema.

Exposition: Die Ergebnisse zeigen, dass Maispollen eine Bedeutung für die Pollenernährung und somit die Proteinversorgung von Honigbienen haben, unabhängig von der umgebenden Maisflächendichte. Für Maispollen wurde in den Beobachtungsstöcken ein geringerer Sammelaufwand beobachtet als für andere Pollenarten.

Versuchsbeschreibung

Um Mais-Sorteneffekte von Bt-Effekten zu unterscheiden, wurden im Feldversuch neben der gentechnisch veränderten Sorte und der isogenen Ausgangssorte zwei weitere konventionelle Maissorten zum Vergleich angebaut.

Während der Maisblüte wurden je zwei Honigbienenvölker in die Flugzelte gestellt.

In Flugzelte von vier mal zwölf Metern Grundfläche und drei Metern Höhe wurden während der Maisblüte Honigbienenvölker gestellt.

Vor den Bienenbeuten, den künstlichen Behausungen der Bienenvölker, wurden Fallen angebracht, mit denen die Anzahl toter Bienen erfasst wurde.

Wissenschaftler der Universität Würzburg untersuchen, ob Bt-Mais Honigbienen schadet.

Um die Volksentwicklung zu dokumentieren, wurden die Beuten geöffnet.

Die grün markierte Biene ist die Königin.

Die Biene mit der grünen Markierung ist die Königin.

Biene Arbeiterin im Einzelkäfig

Bienen in Einzelkäfigen während der Fütterungsversuche

Bienenlarve

Bienenlarve

Auswirkungen von Bt-Proteinen auf Honigbienen im Halbfreiland-Versuch

In 32 Parzellen des Versuchsfeldes (je acht Parzellen mit den vier verschiedenen Maissorten) wurden jeweils zu Beginn der Maisblüte zwei Bienenvölker mit einer Ausgangsgröße von ca. tausend Arbeiterinnen in einen Flugkäfig gestellt. Als Kontrolle wurden neun freifliegende Bienenvölker an ein Feld mit Phacelia tenuifolia (Bienenfreund) gestellt.

Mit Hilfe einer Totenfalle wurde täglich die Anzahl toter Bienen erfasst. Die Volksentwicklung wurde mit einer speziellen Methode (Liebefelder-Schätzmethode) während des gesamten Versuchszeitraums dokumentiert. An mehreren Terminen während der Blühperiode wurden verschiedene Parameter der Volksentwicklung erfasst: Die Anzahl offener und verdeckelter Brutzellen, die Bienenmenge und ein spezieller Brutindex.

Frisch geschlüpfte Bienen wurden markiert, in die Kolonien gesetzt und nach zehn Tagen Sterblichkeit und Gewicht überprüft. Ein paar Tage nach dem Schlupf nehmen die jungen Bienen die größten Mengen an Pollen auf, da sie dann als Ammenbienen die Brut mit ihrem proteinreichen Futtersaft füttern.

Frisch geschlüpfte, in den Flugzelten aufgezogene Arbeiterinnen wurden entnommen und ins Labor überführt, um ihr Schlupfgewicht und ihre individuelle Lebensdauer zu ermitteln.

Untersuchung von Bienendärmen

In Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Prof. Christoph Tebbe (vTI Braunschweig) wurde die Verdauungsfähigkeit von Maispollen, der Abbau von Bt-Proteinen im Bienendarm sowie der Einfluss von Bt-Mais auf die Zusammensetzung der Darmmikroflora unter Halbfreilandbedingungen untersucht. Hierzu wurden markierte Ammenbienen nach neun Tagen aus den Kolonien wieder entnommen, tiefgefroren und später im Labor Darmsektionen durchgeführt. Menge und Verdauungsrate der aufgenommenen Maispollen wurden bestimmt sowie anhand von DNA-Sequenzen die bakteriellen Gemeinschaften der verschiedenen Darmabschnitte untersucht.

Fütterungsversuche mit ausgewachsenen Bienen

Fütterung mit Maispollen: Bienen wurden sowohl einzeln als auch in Gruppen von je 30 Bienen mit Pollen der verschiedenen Maissorten aus dem Feldversuch gefüttert. Die Fütterungsversuche wurden solange durchgeführt, bis alle Bienen gestorben waren.

Fütterung mit reinem Bt-Protein: Bienen wurden mit unterschiedlichen Konzentrationen und Kombinationen reiner Bt-Proteine gefüttert, um zu testen, ob die drei von der untersuchten Maissorte gebildeten Bt-Proteine im Zusammenspiel unerwünschte Effekte auf Honigbienen zeigen.

Fütterungsversuche mit Bienenlarven

In einem In vitro-Larventest wurden junge Bienenlarven unter standardisierten Laborbedingungen mit künstlichem Futter aufgezogen, dem sowohl Pollen aus den verschiedenen Mais-Versuchsvarianten als auch reines Bt-Protein beigemischt wurde. Bei diesem Versuchsansatz kann man genau bestimmen, wie viel Bt-Protein die Larven aufnehmen. Nachdem die künstlich aufgezogenen Bienen geschlüpft sind, können sie auf subletale Effekte hin weiteruntersucht werden.
Da der Wirkmechanismus der Bt-Proteine gegen Insektenlarven gerichtet ist, setzt der In-vitro-Larventest an einer potenziell empfindlichen Phase der Honigbienenentwicklung an und kann deshalb besonders aufschlussreiche Ergebnisse liefern.

Kombinierte Effekte von Bt-Proteinen und Krankheitserregern auf Honigbienen

Auf den Versuchsparzellen mit Bt-Mais und der isogenen Sorte wurden Völker mit Bienenkrankheiten infiziert und zwar 2008 mit dem Darmparasiten Nosema, 2009 mit Varroamilben. Die Entwicklung der Bienenvölker wurde auf die gleiche Weise wie oben beschrieben untersucht und dokumentiert. Desweitern wurden auch im Labor Experimente zur Wechselwirkung von Bt-Pollen mit Nosema durchgeführt.

Potenzielles Expositionsrisiko von Honigbienen gegenüber Bt-Mais

Es wurden 12 Landschaftsräume ausgewählt, die sich hinsichtlich des Anteils der Maisanbaufläche sowie der Verfügbarkeit alternativer Pollenquellen während der Maisblüte voneinander unterschieden. Dort wurden mit dem Beginn der Maisblüte Versuchsvölker aufgestellt, die mit Pollenfallen versehen wurden. Die Pollenfallen ermöglichten eine wöchentliche Erfassung des genutzten Pollenspektrums. Auf diese Weise sollten Aussagen darüber getroffen werden, wie viel Maispollen in Abhängigkeit von der Struktur der umgebenden Agrarlandschaft tatsächlich in Bienenstöcke eingetragen wird und wie hoch das potenzielle Expositionsrisiko der Bienen gegenüber Bt-Mais ist.

Um die Sammeldistanzen von Honigbienen für Maispollen zu analysieren, kamen vier Beobachtungsstöcke zum Einsatz, mit denen über alle 12 Standorte gewandert wurde.

Ergebnisse

Auswirkungen von Bt-Proteinen auf Honigbienen im Halbfreiland-Versuch

Die Sterblichkeit in den Bienenvölkern unterschied sich nicht in den verschiedenen Maisvarianten.
Ammenbienen, die für die Versorgung der Bienenbrut große Pollenmengen aufnehmen müssen, zeigten nach neun Tagen im Flugzelt keine signifikanten Unterschiede bei Sterblichkeit und Gewicht.

Bei den ins Labor überführten frisch geschlüpften Arbeiterinnen konnten keine negativen Auswirkungen von Bt-Maispollen auf das Schlupfgewicht und die Lebenserwartung festgestellt werden.

Untersuchung von Bienendärmen

Bei Ammenbienen, die neun Tage lang im Flugzelt ausschließlich Maispollen sammeln konnten, zeigten sich keine Unterschiede in der Verdauungsfähigkeit der verschiedenen untersuchten Maissorten.

Es war kein Bt-spezifischer Einfluss auf die Häufigkeit und die Vielfalt der Darmbakterien erkennbar.

Kombinierte Effekte von Bt-Proteinen und Krankheitserregern auf Honigbienen

Es wurde kein Hinweis auf eine Interaktion zwischen Bt-Pollen und dem Darmparasiten Nosema gefunden. Bienen, die Bt-Pollen gefressen hatten, wiesen, verglichen mit den anderen Versuchsgruppen, keine stärkere Infektion mit Nosema auf.

Fütterungsversuche mit ausgewachsenen Bienen

Fütterung mit Maispollen: Es zeigten sich keine Unterschiede in der Lebenserwartung von Honigbienen-Arbeiterinnen zwischen den verschiedenen Pollenbehandlungen.

Fütterung mit reinem Bt-Protein: Zunächst wurde die maximale Bt-Proteinmenge errechnet, der Bienen bei Aufnahme von Bt-Maispollen ausgesetzt sind (aufgenommene Pollenmenge multipliziert mit der Menge des gebildeten Proteins im Pollen). In einer Zuckerlösung wurden die verschiedenen Bt-Proteine sowie auch ein Protein-Mix in vier Konzentrationen an die Bienen verfüttert. Damit wurde auch ein „worst-case-scenario“ abgedeckt, d.h. es wurden Konzentrationen getestet, die weit über die Menge hinausgehen, der Bienen theoretisch ausgesetzt sind. Die Ergebnisse zeigen auch bei hohen Dosen keinerlei Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen den getesteten Bt-Proteinen und der Bienensterblichkeit.

In-Vitro-Larventest Bienen verkleinert

Das Überleben von Larven bei Fütterung mit Maispollen
Bt: Bt-Maispollen (MON810 und MON89034xMON88017, n=40),
C: Pollen von konventionellem Mais (drei verschiedene Sorten n=59)
H: Pollen der Zierpflanze Heliconia rostrata als Positiv-Kontrolle; die Pflanze ist für Bienen bekanntermaßen giftig (n=10)

Fütterungsversuche mit Bienenlarven

Der In-vitro-Larventest wird als Standardmethode für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und transgenen Nutzpflanzen empfohlen.

Fütterung mit Maispollen: Pollen der verschiedenen Maissorten vom Versuchsfeld sowie auch Pollen des Bt-Maises MON810 wurde direkt in das Larvenfutter (L3-Stadium) gemischt. Es konnte gezeigt werden, dass der im Futter schwimmende Pollen von den Bienenlarven aufgenommen wurde. Bei den Larven die mit Bt-Maispollen gefüttert wurden, überlebten hundert Prozent. Bei Fütterung mit Pollen der konventionellen Maissorten war die Überlebensrate geringfügig niedriger. Demnach zeigte sich kein signifikanter Unterschied zwischen den verschiedenen Maisvarianten. Auch das Gewicht der Larven vor der Verpuppung unterschied sich nicht.

Fütterung mit reinen Bt-Proteinen: Die einzelnen Bt-Proteine sowie auch ein Protein-Mix wurden dem Larvenfutter in fünf Konzentrationen (L2-Stadium) beigegeben. Es wurde wiederum ein „worst-case-scenario“ getestet. Es ergaben sich keine negativen Bt-Effekte auf die Überlebensrate und das Präpuppengewicht der Bienenlarven.

Potenzielles Expositionsrisiko von Honigbienen gegenüber Bt-Mais

Über einen Zeitraum von 22 Tagen wurde von den Bienen gesammelter Pollen mit Hilfe von Pollenfallen entnommen und der Maispollenanteil in der umgebenden Landschaft bestimmt. Die Volksentwicklung wurde vor und nach dem Versuchszeitraum dokumentiert. Um die Pollenaufnahme von Ammenbienen in den unterschiedlichen Landschaften zu quantifizieren, wurden Sektionen von Bienendärmen vorgenommen. Die Ergebnisse zeigen, dass Maispollen eine Bedeutung für die Pollenernährung und somit die Proteinversorgung von Honigbienen haben, die Nutzung von Maispollen hängt aber nicht von der Maisflächendichte in der Umgebung der Bienenstöcke ab.

662 Bienentänze wurden beobachtet und daraus die Koordinaten für die von den Sammelbienen aufgesuchten Pollenquellen an allen Standorten errechnet. Es zeigte sich, dass Maispollen für Honigbienen attraktiv ist. Die Sammeldistanzen für Maispollen waren aber verglichen mit anderen Pollenarten signifikant geringer.