Prognosemodell für Durchwuchsraps

(2008 – 2011) Julius-Kühn-Institut (JKI), Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen, Institut für Sicherheit in der Gentechnik bei Pflanzen, Quedlinburg

Thema

Samen, die bei der Rapsernte ausfallen, können lange Zeit im Boden überdauern, keimen dann oft erst nach Jahren und wachsen als Durchwuchsraps in den Folgekulturen. Wenn gentechnisch veränderter Raps angebaut wird, kann es auf diesem Wege zu ungewollten Vermischungen in konventionellen Raps-Folgekulturen kommen. Unter kontrollierten Bedingungen in Labor- und Feldversuchen konnten als wesentliche Einflussfaktoren für die Samenüberdauerung die Rapsanbauhäufigkeit auf einem Feld, die Nacherntebearbeitung von Rapsstoppeln und die Sortenwahl identifiziert werden.

Ziel des Projektes war es, ein Prognosemodell für das Auftreten von Durchwuchsraps zu entwickeln und bestehende Erkenntnisse zu erweitern. Zu diesem Zweck wurden Durchwuchsbonituren auf landwirtschaftlichen Praxisschlägen durchgeführt und anhand von Schlagkarteidaten die wesentlichen Einflussgrößen der Überdauerung von Rapssamen ermittelt.

Das Projekt ist Teil des Verbundprojektes „Entwicklung und Überprüfung von Confinement-Strategien für Raps“. Zwischen den Verbundpartnern Universität Hohenheim, Universität Göttingen und dem Julius-Kühn-Institut (JKI) fanden Kooperationen auf Ebene der Laboranalytik, der Nutzung von Versuchsflächen und des Datenaustausches für Modellierungen statt.

Zusammenfassung

Die Untersuchungen zeigten, dass in den meisten untersuchten Rapsschlägen eine erfolgreiche Identifizierung von Durchwuchsraps möglich war. Dabei waren Saatfenster-Bonituren von Durchwuchsraps gegenüber den Untersuchungen in Halbzwergraps-Beständen aufgrund des geringeren Aufwands für die Landwirte zu bevorzugen.

Die Ergebnisse lieferten Hinweise, dass ähnlich wie unter kontrollierten Bedingungen auch im Praxisanbau Häufigkeit und Überdauerungszeit von Durchwuchsraps durch die Sortenwahl beeinflusst werden. Außer dem Genotyp spielen auch die Umweltbedingungen für das Management von Durchwuchsraps eine wichtige Rolle. Bei der Modellbildung hatten die Faktoren Standort (Boden-Klima-Raum) und Fruchtfolgeanteil maßgeblichen Einfluss auf die Rapsdurchwuchshäufigkeit. Die Kenntnis dieser Faktoren ermöglicht langfristige Prognosen für das Auftreten von Durchwuchsraps bei geringen bis hohen Bodensamenvorräten.

Versuchsbeschreibung

Ausfallraps nach der Rapsernte
Foto: JKI

Durchwuchs in Halbzwerg-Rapsbestand

Hochwüchsige Pflanzen im Bestand der Halbzwerg-Rapssorte „Avenir“
Foto: Heinrich Thöle

Durchwuchsraps in Saatfenstern

Zählung von Durchwuchsraps in Saatfenstern und zwischen breiten Reihen
Foto: Heinrich Thöle

Durchwuchsraps in der landwirtschaftlichen Praxis

Über eine Fragebogen-Aktion wurde bundesweit eine repräsentative Anzahl Rapsschläge ermittelt, auf denen in den vergangenen zehn Jahren Rapsanbau stattfand und auf denen Rapsanbau für das Aussaatjahr 2009/2010 bzw. 2010/2011 geplant war.

Anhand der Auswertung der Schlagkarteien dieser Flächen wurde die Anbaupraxis der letzten zehn Jahre ermittelt. Alle relevanten Anbaudaten sollten statistisch ausgewertet und für das Prognosemodell „Durchwuchsraps“ genutzt werden.

Feldversuche zur Feststellung von Durchwuchsraps

In den Anbaujahren 2009/10 und 2010/11 wurden die Bonituren des Durchwuchsrapses auf ausgewählten Ackerschlägen mit Kulturraps durchgeführt. Da Durchwuchs- und Kulturraps nicht ohne Weiteres unterscheidbar sind, wurden einander ergänzende Methoden zur Identifizierung angewendet:

  • Bonitur in Saatfenstern
    Bei der Aussaat wurden in den Rapsbeständen absichtlich Lücken (Saatfenster) angelegt.
  • Bonitur in Halbzwerg-Rapsbeständen
    Halbzwerg-Rapshybriden sind deutlich kürzer in der Wuchshöhe als Normalstrohsorten, sodass Durchwuchsraps herausragt.
  • Bonitur zwischen breiten Reihen

Die Bonituren in den Saatfenstern fanden im Herbst 2009 statt. Die Bonituren in den Halbzwerg-Rapsbeständen erfolgten im Frühjahr 2010 und die Bonituren in Saatfenstern und zwischen breiten Reihen im Herbst 2010.

Identifizierung des Genotyps von Durchwuchsraps

Auf fast allen Ackerschlägen wurde in den vorangegangenen Jahren mehrfach Raps angebaut. Dabei kamen verschiedene Sorten zum Einsatz. Um Informationen über den Einfluss der angebauten Raps-Genotypen auf die Anzahl der Durchwuchspflanzen zu erhalten, wurden Blattproben von Durchwuchsrapspflanzen entnommen und mithilfe molekularer Marker auf ihre Sortenherkunft untersucht.

Prognosemodell „Durchwuchsraps“

Ein Prognosemodell soll Landwirte bei der Rapsanbauplanung unterstützen, indem es das zu erwartende Ausmaß an möglichem Durchwuchsraps in Abhängigkeit von Sorte, Standort und Anbaumaßnahmen vorhersagt. Die Anbauempfehlungen können insbesondere im Hinblick auf einen Wechsel von einer transgenen zu einer konventionellen Rapssorte von Nutzen sein, wenn es um die Vermeidung unerwünschter Vermischungen geht. In das Modell flossen unter anderem anbaurelevante Informationen von Schlagkarteien und die Ergebnisse der Durchwuchsbonituren ein.

Ergebnisse

Bonitur von Rapsdurchwuchs

Eine erfolgreiche Identifizierung von Durchwuchsraps war mit den drei verwendeten Methoden „Halbzwerg-Raps, „Saatfenster“ und „Zwischen-Reihen-Bonitur“ in den meisten untersuchten Rapsschlägen gut möglich. Dabei sind Saatfenster-Bonituren von Durchwuchsraps gegenüber den Erhebungen in Halbzwergraps-Beständen aufgrund des geringeren Aufwands für die Landwirte zu bevorzugen.

Eine Sorten-Identifizierung des Durchwuchses mithilfe molekularer Marker gelang auf Schlägen mit Raps in weiter Fruchtfolge besonders gut. Wenn jedoch in der Fruchtfolge viel Raps angebaut wurde oder wenn Hybridsorten zum Anbau kamen, konnten die Durchwuchspflanzen nur selten zugeordnet werden - vermutlich aufgrund vorangegangener Hybridisierungen zwischen Kultur- und Durchwuchsraps bzw. aufgrund von genetischer Aufspaltung.

Beim Durchwuchs wurden sehr hohe Anteile hoch-dormanter Rapssorten gefunden. Diese Sorten waren auf den Schlägen bis zu zehn Jahre vor der Erhebung ausgesät worden. Ein statistischer Zusammenhang zwischen der Durchwuchsraps-Häufigkeit und dem Anteil hoch-dormanter Durchwuchspflanzen konnte jedoch nicht nachgewiesen werden, da auch Standortfaktoren das Auftreten und die Überdauerung von Durchwuchsraps beeinflussen. Insgesamt weisen die Ergebnisse aber darauf hin, dass auch unter landwirtschaftlichen Praxisbedingungen die Häufigkeit und die Überdauerungszeit von Durchwuchsraps von der Wahl des Genotyps beeinflusst werden.

Prognosemodell „Durchwuchsraps“

Um zukünftig das Auftreten von Durchwuchsraps besser vorhersagen zu können, wurde ein Prognosemodell entwickelt.

Bei der Modellbildung (Regressionsbaum) waren der Standort und der Rapsanteil in der Anbaufolge die maßgeblichen Einflussgrößen für die Häufigkeit von Durchwuchsraps. 50 Prozent der Gesamtvariation konnten damit erklärt werden. Dabei waren hohe Anbauraten von Raps meist auch mit hohen Durchwuchsraten verbunden.