Auswirkungen des Anbaus Cyanophycin-produzierender Kartoffeln auf Bodeneigenschaften und Bodenorganismen

(2008 – 2011) Universität Trier

Thema

In diesem Projekt wurde untersucht, ob durch den Anbau von gentechnisch veränderten Kartoffeln, die Cyanophycin in ihren Knollen produzieren, die chemischen Eigenschaften des Bodens sowie die Zusammensetzung der Mikroorganismen-Gemeinschaften im Boden verändert werden. Cyanophycin ist ein Biopolymer, das für verschiedene industrielle Anwendungen genutzt wird.

In der Natur wird das Polypeptid Cyanophycin von Blaualgen gebildet, kommt daher in Ackerböden normalerweise nur in geringen Mengen vor. In der gentechnisch veränderten Kartoffel wird es auf Kosten der in der Knolle reichlich vorhandenen Kohlenhydrate gespeichert. Beim Abbau von Cyanophycin im Boden ist zu erwarten, dass andere Mikroorganismen gefördert werden als beim Abbau von Kohlenhydraten.

Außerdem könnte die Verwertung von Cyanophycin-haltigem Kartoffelmaterial durch Regenwürmer verändert sein. Regenwürmer sind die wichtigsten Schlüsselorganismen in mitteleuropäischen Böden.

Folgende Fragestellungen wurden untersucht:

  • Wie verläuft der mikrobielle Abbau Cyanophycin-produzierender Kartoffeln im Boden im Vergleich zu Wildtyp- Kartoffeln?
  • Ändern sich beim Anbau Cyanophycin-produzierender Kartoffeln die chemischen Eigenschaften des Bodens und die Zusammensetzung der Bodenmikroorganismen-Gemeinschaft?
  • Sind Auswirkungen auf Regenwürmer festzustellen?

Zusammenfassung

Freilandversuch: Die verschiedenen Kartoffelvarianten zeigten keine signifikanten Unterschiede bei Eindringwiderstand und Aschehalt, beides Indikatoren für den Abbau der Kartoffelknollen.
Auch verschiedene Bodeneigenschaften - pH-Wert, Stickstoff- und Kohlenstoffgehalte, mikrobielle Biomasse, Aktivität von sechs verschiedenen Enzymen - sowie die Zusammensetzung der Bodenmikroorganismen-Gemeinschaft unterschieden sich nicht signifikant bei den verschiedenen Kartoffelvarianten.

Gefäßversuche unter kontrollierten Bedingungen: Bei Messungen des Eindringwiderstandes, der mikrobiellen Biomasse und von Enzym-Aktivitäten konnte kein signifikanter Unterschied zwischen den transgenen und nicht-transgenen Kartoffelknollen festgestellt werden.

Auswirkungen auf Regenwürmer: Der Abbau durch Regenwürmer war bei den konventionellen Kartoffeln signifikant geringer als bei den transgenen Cyanophycin bildenden Kartoffeln.
Ein Einfluss von Cyanophycin auf die Entwicklung der Regenwurm-Biomasse wurde nicht nachgewiesen. Bei der Anzahl der Kokons, der Schlupfhäufigkeit und dem Gewicht der geschlüpften Jungtiere zeigten sich ebenfalls keine signifikanten Unterschiede zwischen transgenen und konventionellen Kartoffeln.

Versuchsbeschreibung

Für dieses Teilprojekt wurde eine Nachweismethode für Cyanophycin bzw. die relevanten Aminosäuren entwickelt. Die Cyanophycin-Gehalte in Kartoffelknollen und Boden wurden regelmäßig gemessen.

Mikrobieller Abbau Cyanophycin-produzierender Kartoffeln im Vergleich zu Wildtyp-Kartoffeln

Versuchsfeld mit gentechnisch veränderten Kartoffeln

Der mikrobielle Abbau der Kartoffeln wurde sowohl im Rahmen eines Freilandversuchs als auch im Labor unter kontrollierten Bedingungen untersucht.

Auf der Freisetzungsfläche wurden transgene und konventionelle Kartoffelknollen an je zwei unterschiedlichen Standorten in zwei unterschiedlichen Tiefen (10 cm und 30 cm) vergraben. Während der Überwinterungsdauer von ca. sechs Monaten wurden zu mehreren Zeitpunkten Knollen ausgegraben und Bodenproben genommen, die anschließend im Labor untersucht wurden.

Im Labor wurden transgene und konventionelle Kartoffelknollen in Zweiliter-Gefäßen mit Erde eingegraben und verblieben dort unter kontrollierten Bedingungen (Temperatur, Feuchte) während eines Zeitraums von zwei bis vier Wochen. Um den Einfluss der Bodenart zu berücksichtigen, wurde zusätzlich zum Boden von der Freisetzungsfläche ein Boden aus Trier verwendet.

Von den verrottenden Kartoffeln wurden Proben genommen, die Knollen visuell beurteilt sowie Gewicht, Eindringwiderstand und Aschegehalt bestimmt. Zur Bestimmung des Aschegehalts wurde Kartoffelgewebe bei 500°C verascht und der Rückstand gewogen. Bezogen auf die Trockenmasse eines Gewebes nimmt der Aschegehalt mit zunehmendem Abbaugrad zu, ist also ein Maß für den fortschreitenden Abbau der Kartoffeln.

Bodeneigenschaften und Zusammensetzung der Bodenmikroorganismen-Gemeinschaft

Die Proben aus dem Freiland wurden zum einen auf ausgewählte bodenchemische Parameter wie z.B. den pH-Wert untersucht, zum anderen wurden die Biomasse der Mikroorganismen und die Aktivität ausgewählter bakterieller Enzyme in der Caulosphäre, d.h. an der Knollenoberfläche, und im umgebenden Boden getestet.

Außerdem wurden so genannte genetische Profile erstellt. Dabei werden einzelneGene untersucht, die bei allen Bakterienarten vorhanden sind, von denen aber bekannt ist, dass sie artspezifische Unterschiede in der DNA-Sequenz aufweisen.

Die bodenchemischen und mikrobiologischen Untersuchungen wurden auch bei den Gefäßversuchen (s.o.) durchgeführt, um die Ergebnisse der Freilandversuche abzusichern.

Auswirkungen auf Regenwürmer

In einem Gefäßversuch mit Regenwürmern wurden Einliter-Gefäße mit je 500 Gramm feuchtem, gesiebtem Oberbodenmaterial gefüllt (Boden von der Freisetzungsfläche und zum Vergleich Bodenmaterial aus Trier). Auf den Boden wurden zerkleinerte Knollen der transgenen und konventionellen Kartoffeln gelegt, jede Variante in fünffacher Wiederholung. In jedes Gefäß wurden zwei Regenwürmer gesetzt, um die Fortpflanzung zu gewährleisten. Die Versuchsdauer betrug 80 Tage unter kontrollierten Temperatur-, Feuchtigkeits- und Lichtverhältnissen. Während dieser Zeit produzierte Regenwurmkokons wurden abgesiebt und ihre Entwicklung unter ebenfalls kontrollierten Bedingungen gewährleistet.

Am Ende des Versuchs wurden der Abbau der zerkleinerten Kartoffelknollen, die Regenwurm-Biomasse und die Anzahl der Kokons ermittelt.

Ergebnisse

Mikrobieller Abbau Cyanophycin-produzierender Kartoffeln im Vergleich zu Wildtyp-Kartoffeln

Mittlerer Aschegehalt und Eindringwiderstand aller Kartoffelknollen

Mittlerer Aschegehalt (AG) und Eindringwiderstand (EW) aller Kartoffelknollen (2008/2009 und 2010/2011 n = 20, 2009/2010 n = 24; Probennahme Dez, Feb und Apr)

Eindringwiderstände im Verlauf der Winterperioden

Veränderung der Eindringwiderstände infolge der Zersetzung der Kartoffelknollen
2008/2009 = hellgrau
2009/2010 = grün
2010/2011 = dunkelgrau
D-NIC = Sorte Desirée
A-NIC = nah-isogene Sorte Albatros
A-Ev = transgene Cyanophycin bildende Linien
A-35S = weitere transgene Kontrolle

Freilandversuch. Jede der im Versuch eingesetzten Kartoffelvarianten - vier transgene Linien, die nah-isogene Ausgangssorte Albatros sowie die konventionelle Sorte Desirée - wurde mindestens während zwei Überwinterungen getestet. Zu fünf verschiedenen Zeitpunkten im Abstand von je vier Wochen wurden Proben entnommen.

In den drei Versuchswintern 2008/09, 2009/10 und 2010/11 wurde bei allen eingesetzten Kartoffelvarianten eine Zunahme des Aschegehaltes ermittelt. Hierbei waren die Aschegehalte der gentechnisch veränderten Knollen meist höher als die Aschegehalte der Knollen der nah-isogenen Sorte Albatros und somit der Abbau stärker vorangeschritten, jedoch geringer als die Aschegehalte der anderen konventionellen Sorte Desirée. Die Unterschiede zwischen transgenen und nicht-trangenen Kartoffelknollen waren nicht signifikant.

Die Festigkeit der Kartoffelknollen nahm mit zunehmendem Verbleib im Boden ab. Die Messungen des Eindringwiderstandes wiesen entsprechend in allen Winterperioden auf einen zunehmenden Abbau hin. Auch hierbei wurden keine Unterschiede zwischen transgenen und nicht-transgenen Knollen festgestellt.

Gefäßversuch unter kontrollierten Bedingungen. Für die Gefäßversuche wurden Knollen von zwei transgenen Linien, die isogene Sorte Albatros sowie die konventionelle Sorte Desireé eingesetzt. Bereits nach zwei Wochen war eine deutliche Abnahme des Eindringwiderstandes der Knollen festzustellen. Ein signifikanter Unterschied zwischen den transgenen Cyanophycin produzierenden und den konventionellen Knollen konnte nicht nachgewiesen werden.

Bodeneigenschaften und Zusammensetzung der Bodenmikroorganismen-Gemeinschaft

Freilandversuch. Die pH-Werte an der Knollenoberfläche stiegen von Dezember bis April in allen drei Versuchswintern an. Die Erhöhung variierte sowohl zwischen den unterschiedlichen Kartoffel-Linien als auch zwischen den drei Wintern. Signifikante Unterschiede zwischen transgenen und nicht-transgenen Kartoffelknollen waren dabei nicht festzustellen.

Die gemessenen Stickstoff- und Kohlenstoff-Gehalte an der Knollenoberfläche stiegen im Verlauf der drei Winterperioden überwiegend an. Allerdings variierten sie innerhalb der verschiedenen Kartoffelsorten bzw. -linien zu jedem Probenahmetermin stark, so dass auch hier keine signifikanten Unterschiede zwischen transgenen und nicht-transgenen Knollen nachgewiesen werden konnte.

Im Verlauf der Versuchsdauer über den Winter nahm die mikrobielle Biomasse sowohl an der Knollenoberfläche als auch im umgebenden Boden zu. Unterschiede zwischen den Kartoffelvarianten zeigten sich nicht.

Es wurde die Aktivität von sechs verschiedenen Enzymen gemessen. Alle sechs Enzymaktivitäten zeigten im Verlauf der drei Winterperioden sehr unterschiedliche Verläufe mit starken Schwankungen innerhalb der einzelnen Kartoffelvarianten. Weder ein Trend noch signifikante Unterschiede zwischen konventionellen und transgenen Kartoffeln waren erkennbar.

Mit einer speziellen Methode (PLFA-Bestimmung) wurde die Diversität der Mikroorganismen-Gemeinschaft an der Knollenoberfläche und im knollennahen Boden erfasst. Insgesamt betrachtet konnte keine signifikante Veränderung der mikrobiellen Gemeinschaft bei den gentechnisch veränderten Kartoffeln festgestellt werden.

Auch bei den Gefäßversuchen unter kontrollierten Bedingungen hatten die gentechnisch veränderten Kartoffel-Linien weder einen signifikanten Einfluss auf die mikrobielle Biomasse noch auf die Enzym-Aktivitäten.

Auswirkungen auf Regenwürmer

Der tägliche Abbau der zerkleinerten Kartoffelknollen variierte innerhalb der verschiedenen Kartoffelsorten und - linien stark. Der Abbau der konventionellen Kartoffeln Albatros und Desirée war signifikant geringer als der Abbau aller Cyanophycin produzierenden Kartoffeln.

Die mittlere Regenwurm-Biomasse stieg im Verlauf des Versuches in allen Ansätzen an. Signifikante Cyanophycin-bedingte Unterschiede in der Entwicklung der Regenwurm-Biomasse wurden nicht nachgewiesen.

Die Anzahl der Kokons und die Schlupfhäufigkeit waren zwischen den verschiedenen Kartoffelvarianten nicht signifikant verschieden. Auch beim Gewicht der geschlüpften Jungtiere waren keine Unterschiede nachweisbar.