Untersuchungen zur Verbreitung von Transgenen durch Wildtiere

(2002 – 2005) Wissenschaftszentrum Weihenstephan der Technischen Universität München, Lehrstul für Physiologie

Thema

Wenn gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden, könnte eine Vielzahl von Tierarten die neu eingeführten Gensequenzen direkt oder indirekt über ihre Beutetiere aufnehmen. Während aber z. B. bei Rindern der Landwirt über die Art und Menge des Futtermittels entscheiden kann, könnten Wildtiere gentechnisch veränderte Pflanzen unkontrolliert fressen.

Folgende Tierarten wurden für die Versuche ausgewählt:

Wildschwein

Wildschwein
© Andreas Preu/PIXELIO

Fasan

Fasan
© wl. steinacker/PIXELIO

Damhirsch

Damhirsch
© Templermeister/PIXELIO

Ziel dieses Projektes war es zum einen, die mögliche Verbreitung von keimfähigem transgenen Saatgut durch Wildtiere zu untersuchen. Zum andern sollte der Verbleib der transgenen DNA nach Fütterung der Wildtiere mit Bt-Mais untersucht werden. Zum Vergleich wurden die Tiere mit konventionellem Mais und Raps gefüttert. Folgende Fragstellungen wurde im Einzelnen untersucht:

  • Kann transgene DNA in den Wildtieren nachgewiesen werden?
  • Wird die transgene DNA bzw. das daraus entstandene Protein in den Wildtieren während der Verdauung abgebaut?
  • In welchen Organen und Geweben der Wildtiere kann transgene DNA nachgewiesen werden?
  • Werden nach der Verdauung keimfähige Mais- oder Rapskörner ausgeschieden?

Die Wildtierarten wurden aufgrund ihres Verdauungssystems ausgewählt: das Wildschwein mit nur einem Magen (Monogastrier), der Fasan mit zwei Mägen und der Damhirsch als Vertreter der Wiederkäuer, mit vier Mägen (Ruminantia).

Zusammenfassung

  • Die Untersuchungen zeigten, dass die durch Fütterung aufgenommene DNA während der Magen-Darm-Passage effektiv abgebaut wird. Nur im Verdauungstrakt von den mit Bt-Mais gefütterten Wildschweinen konnten Bruchstücke des Bt-Gens nachgewiesen werden.
  • Das aufgenommene Bt- Protein wurde während der Magen-Darm- Passage in allen Tieren in kleinere Bruchstücke abgebaut, die dann zum Teil mit dem Kot ausgeschieden werden. Bt-Proteine konnten in keinerlei Gewebeproben nachgewiesen werden.
  • Die Untersuchungen zur unkontrollierten Verbreitung von Saatgut zeigten, dass Wildschweine in sehr seltenen Fällen intakte keimfähige Maiskörner ausscheiden können. Die Fütterungsstudien mit Damhirschen ergaben, dass sie intakte Rapssamen ausscheiden können. Bei Fasanen konnte kein intaktes Saatgut nach Magen-Darm-Passage gefunden werden.
  • Ein Vergleich der Verdauungssysteme zeigte, dass die Verdauung von der im Futter enthaltenen DNA beim Monogastrier effektiver ist als bei den Wiederkäuern und den Hühnervögeln.

Versuchsbeschreibung

Die Fütterungsstudien erfolgten in den Jahren 2002 bis 2005.

Die Untersuchungen zu den Fasanen fanden in der Forschungsstation Thalhausen der TU München statt. Die Arbeiten zu den Damhirschen und Wildschweinen erfolgten in Zusammenarbeit mit dem Fachgebiet Wildbiologie und Wildtiermanagement.

Futtermittel: Transgener Bt-Mais (Bt 176) und seineisogene Ausgangsorte wurden auf Versuchsfeldern der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft angebaut und entweder als Silomais oder Körnermais geerntet. Bei Silomais werden die ganzen Pflanzen geerntet, anschließend gehäckselt und zu Silage verarbeitet. Bei Körnermais werden nur die Körner geerntet. Auf die Verwendung von Beizstoffen zur Konservierung der Körner wurde verzichtet. Der konventionelle Raps wurde zugekauft.

Fütterungsstudien

Die Wildtiere wurden mit einer unterschiedlichen Futterzusammensetzung bestehend aus Bt-Mais, der isogenen Ausgangssorte sowie konventionellem Raps in unterschiedlichen Mengen gefüttert. Das Futter wurde getrennt mit Wasser angeboten.

  • Wildschweine: Es wurden insgesamt 14 Tiere im Alter von 18 bzw. 24 Monaten je fünf Wochen gefüttert. Alle Tiere bekamen Zusatzfutter bestehend aus Weizen, Kartoffeln und Mineralfutter.
  • Fasane: Jeweils 15 Tiere im Alter von zwölf Monaten wurden 33 bzw. 40 Tage gefüttert. In einem weiteren Ansatz wurde untersucht, ob bei einer möglichen Beeinträchtigung der Muskelaktivität im Magen trotzdem intakte Körner ausgeschieden werden würden. Dazu wurden zwölf Tiere im Alter von sechs Monaten ohne den Zusatz von so genanntem Grit gefüttert. Das sind Steinchen, die die Nahrung im Magen zu einem Brei zermalmen.
  • Damhirsche: Es wurden insgesamt 17 Damhirsche fünf bzw. sechs Wochen lang untersucht.

Probenahme: Die festen Ausscheidungen der Tiere wurden einmal pro Woche gruppenweise gesammelt, in Wasser aufgeschlämmt und die intakten Körner durch Sieben abgetrennt. Anschließend erfolgte eine Untersuchung der Körner auf Keimfähigkeit. Nach der Schlachtung wurden Proben der inneren Organe sowie Darmgewebe, Lymphgewebe und Blut entnommen.

Molekularbiologische Untersuchungen: Aus den zerkleinerten Tierproben wurde die pflanzliche bzw. die transgene DNA extrahiert. Anschließend wurde mit Hilfe der PCR-Methode untersucht, wie weit die DNA während der Verdauung abgebaut wurde.

ELISA, ein Protein-Nachweisverfahren, liefert Signale, die auf das Vorhandensein des Bt- Proteins schließen lassen. Da diese Methode jedoch keine Aussage darüber liefert, ob das intakte Protein erfasst wird, wurden diese Ergebnisse durch eine weitere Methode (Immunoblot -Verfahren) abgesichert.

Ergebnisse

Maiskörner die aus dem Kot von Wildschweinen isoliert wurden: links intakte Maiskörner, rechts Maiskörner mit Bissspuren

Keimversuch mit Maiskörnern nach Darmpassage im Wildschwein

Unter Laborbedingungen konnte nur ein Keimling wachsen

Fütterungsstudien mit Wildschweinen

Die Untersuchungen zur Ausbreitung von keimfähigem Saatgut ergaben, das insgesamt 51 isogene (0,015 Prozent) und 37 transgene Maiskörner (0,009 Prozent ) unbeschadet die Passage durch den Magen-Darm-Trakt überstanden haben. Es konnte aus diesen Körnern nur eine transgene Maispflanze unter Laborbedingungen wachsen. Ein weiterer Keimling zeigte ein unnatürliches Wachstum.

In 42,9 Prozent der Proben mit Mageninhalten konnten mittels PCR-Analysen Fragmente des Bt-Gens nachgewiesen werden. Ebenso in 14,3 Prozent der Proben mit Darminhalten.

Das Bt-Protein konnte ebenfalls nur in den Proben aus dem Magen-Darm-Trakt nachgewiesen werden.

Fütterungsstudien mit Fasanen

Es konnten keine intakten Mais- und Rapssamen in den Kotproben der Fasane gefunden werden. Dies galt auch für die Fasane, die ohne Grit aufgewachsen waren.

Die DNA-Analysen ergaben, dass in allen Gewebe- und Darmproben nur Fragmente pflanzenspezifischer DNA nachweisbar waren.

Das Bt-Protein konnte weder in den Organen noch in Magen-Darm-Inhalten nachgewiesen werden.

Damhirschstudien

Im Kot der Damhirsche konnten keine intakten Maiskörner, jedoch 81 intakte Rapssamen gefunden werden. Durch den Kau- und Verdauungsprozess wurden die Maiskörner aufgeschlossen und verdaut. Rapssamen sind offenbar klein genug, um unzerkaut die Nahrungspassage zu überstehen. Von den isolierten Rapssamen zeigten elf Keimlinge ein normales Wachstum, drei ein unnatürliches Wachstum und 67 Samen waren nicht keimfähig.

Es konnten maisspezifische DNA-Bruchstücke in Inhalten des Magen-Darm-Traktes, im Blut und in verschiedenen Organen nachgewiesen werden. Jedoch wurden keine Fragmente des Bt-Gens nachgewiesen.

In den Untersuchungen mit ELISA und Immunoblot konnten in Darm-, Organ- und Gewebeproben keine Signale für das Bt-Protein nachgewiesen werden. Da die Tiere während der Fütterungsperiode auch Gras fraßen, müsste dieses Ergebnis weiter untersucht werden.