Transgene Fruktan-Kartoffel - Phänotypische Merkmale und Anfälligkeit gegenüber wichtigen Schaderregern im Vergleich zum Wildtyp und konventionellen Kartoffelsorten

(2001 – 2004) Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) (seit 2008 Julius Kühn-Institut (JKI)), Institut für Integrierten Pflanzenschutz, Kleinmachnow

Thema

Fruktan-Kartoffeln haben einen veränderten Kohlehydratstoffwechsel. Sie produzieren eine neue Zuckerkomponente, nämlich Inulin, und besitzen erhöhte Gehalte an löslichen Zuckern.

Eine veränderte Kohlehydratsituation in der Kartoffel, insbesondere höhere Gehalte an löslichen Zuckern, stellt eine neue Nahrungsqualität für Schaderreger dar und lässt Veränderungen hinsichtlich des phytopathologischen Verhaltens der Pflanze vermuten.

Larven des Kartoffelkäfers lassen sich Kartoffelblätter schmecken.

Larven des Kartoffelkäfers

Die transgene Fruktan-Kartoffel sollte deshalb bezüglich ihrer Pflanzenentwicklung und ihrer Anfälligkeit gegenüber pflanzlichen Schaderregern wie der Kraut- und Knollenfäule, dem Kartoffelkrebs, Nematoden und dem Kartoffelkäfer mit dem Wildtyp und fünf weiteren herkömmlichen Sorten verglichen werden. Für die Beobachtungen im Freiland wurden sechs verschiedene transgene Pflanzenlinien herangezogen.

Zusammenfassung

Die Fruktan-Kartoffeln zeigen gegenüber der Ausgangssorte Désirée keine Änderungen im Ertrag; der Gehalt an Stärke wird jedoch in dem Maße reduziert wie der Gehalt an Fruktan (Inulin) ansteigt (ca. 2%). Sie haben einen kürzeren Haupttrieb und es kommt nicht zum geschlossenen Bestand. Dies verringert die Konkurrenzkraft der Fruktan-Kartoffeln für Unkräuter und verschlechtert das Mikroklima für Blattkrankheiten. Beobachtete günstige oder ungünstige Veränderungen in der Empfindlichkeit der Fruktan-Kartoffeln für Schadorganismen (Kraut- und Knollenfäule, Kartoffelkrebs, Nematoden und Kartoffelkäfer) konnten statistisch nicht gesichert werden oder liegen im Bereich der Schwankungen konventioneller Kartoffelsorten. Die Fruktan-Kartoffeln lassen hinsichtlich Anbau und Pflanzengesundheit keine höheren Risiken als konventionelle Sorten erwarten.

Versuchsbeschreibung

Käfig-Versuche. In diese Versuchsparzellen sind Kartoffelkäfer ausgesetzt worden. Die Anzahl der Eigelege der Kartoffelkäfer-Weibchen wird hier erfasst und für die verschiedenen Kartoffel-Varianten verglichen.

Versuchsaufbau 2002 zur Untersuchung der Anfälligkeit gegenüber dem Kartoffelkäfer von transgenen und konventionellen Pflanzen

Zur Erfassung möglicher phänotypischerAbweichungen transgener Kartoffellinien wurden regelmäßig relevante Entwicklungsdaten, digitalisierte Bilder zur Entwicklung der Kartoffel und Daten zum aktuellen Schaderregerbefall, zum Ertrag ebenso wie zur Witterung erhoben. Ergänzt wurden die Untersuchungen im Feld durch Arbeiten in Labor und Gewächshaus.

Folgende Fragestellungen galt es für die Fruktan-Kartoffel zu überprüfen:

  • Verändert sich bei transgenen Kartoffel-Linien der Phänotyp, insbesondere wichtige ertragsbildende Merkmale wie Knollengewicht und -größe?
  • Sind transgene Kartoffel-Linien anfälliger gegenüber Schadorganismen als der Wildtyp oder konventionelle Sorten?
  • Verbessert der erhöhte Gehalt an löslichen Zuckern in der Fruktan-Kartoffel die Wirksamkeit des biologischen Pflanzenschutzmittels Bacillus thuringiensis (Bt) gegenüber dem Kartoffelkäfer?
  • Liegt aufgrund des veränderten Kohlenhydratstoffwechsels eine erhöhte Kältetoleranz vor, die zu einer Überwinterung der Knollen unter hiesigen klimatischen Bedingungen führt? Überwinternde Knollen sind als potenzielles Reservoir phytopathogener Viren nicht erwünscht.

Ergebnisse

In den Jahren 2001, 2002 und 2003 wurden jeweils sechs transgene Kartoffel-Linien und ihre Vergleichssorten auf dem Versuchsfeld der BBA angebaut (etwa 400 Pflanzen pro Linie und Sorte). Militante Gentechnikgegner haben allerdings den Versuch im Jahr 2002 bereits nach sechs Wochen fast vollständig verwüstet. Während der vegetationsfreien Zeit erfolgten umfangreiche Biotests im Labor und Gewächshaus. In Kooperation mit dem Institut für Tierernährung der FAL werden 2004 erstmalig Fütterungsversuche an Schweinen mit Fruktan-Kartoffeln aus der Ernte 2003 durchgeführt.

Kartoffeln werden für Fütterungsversuche gedämpft und siliert.Erstmalig werden 2004 Fütterungsversuche an Schweinen mit Fruktan-Kartoffeln aus der Ernte 2003 durchgeführt.

Kartoffeln werden für Fütterungsversuche gedämpft und siliert.

Flächenertrag 2001

Flächenertrag 2003

Stärkegehalt der Knollen 2003

Mittlere Knollenanfälligkeit für Phytophthora infestans 2001 bis 2003

Wuchstyp. Nach drei Anbaujahren steht fest, dass die transgenen Linien eines der Konstrukte (SST/FFT; Fruktan-Kartoffeln) einen veränderten Wuchstyp gegenüber den transgenen Linien des Konstruktes SST und der unveränderten Ausgangssorte Désirée zeigten. In anderen äußeren Merkmalen stimmen jedoch alle transgenen Linien mit ihrer nicht-transgenen Mutterpflanze überein.

Ertragsniveau und Stärkegehalt. Die transgenen Linien erreichten in den Jahren 2001 und 2003 ein ebenso hohes Ertragsniveau wie die Vergleichssorten.

Auch der Gehalt an Stärke in den Knollen war auf hohem Niveau, wobei die transgenen SST/FFT-Linien aufgrund der Fruktanbildung etwas weniger Stärke aufwiesen.

Krankheitsanfälligkeit im Feld. Nach drei Jahren im Feldversuch konnten keine Hinweise auf wesentliche Abweichungen in der Anfälligkeit gegenüber Pflanzenkrankheiten der transgenen Linien gegenüber der unveränderten Ausgangssorte gefunden werden. Eine stärkere oder geringere Intensität der Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln wäre bei einem Anbau deshalb nicht zu erwarten.

Laboruntersuchungen. Bei Kraut- und Knollenfäule (Phytophthora infestans) konnte im Labor unter standardisierten Bedingungen nur bei den Knollen eine geringere Anfälligkeit der gentechnisch veränderten Sorten gegenüber der Ausgangssorte und den Vergleichssorten beobachtet werden. Hier wird vermutet, dass die veränderte Nahrungsqualität der Fruktan-Kartoffel Einfluss auf die Entwicklung des Schaderregers hat. Die beobachteten Effekte werden noch hinsichtlich ihrer praktischen Relevanz für den Pflanzenschutz bewertet. Bei den Blättern jedoch wurde keine veränderte Anfälligkeit gegenüber der Kraut- und Knollenfäule ermittelt. Weitere Schadorganismen, wie der Kartoffelkäfer und Nematoden, zeigten keine veränderten Reaktionen als Folge der gentechnischen Veränderungen ihrer Wirtspflanze.

Durchwuchskartoffeln. Transgene Durchwuchskartoffeln als Ergebnis einer möglichen höheren Kältetoleranz wurden im Feld nicht gefunden.