Die Wahrscheinlichkeit von Auskreuzungen zwischen Kultur- und Wildrosen

(2001 – 2005) Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen (BAZ) (seit 2008 Julius Kühn-Institut (JKI)), Institut für Zierpflanzenzüchtung

Thema

Rosen stellen weltweit die wirtschaftlich wichtigsten Ziergehölze dar. Aufgrund intensiver Arbeiten zur Entwicklung transgener Rosenlinien - national wie international - kann in den nächsten Jahren mit vermehrten Freisetzungen transgener Rosen gerechnet werden.

Bei der Bewertung der Umweltsicherheit transgener Rosen nimmt die Analyse möglicher Folgen einer Auskreuzung und dadurch Ausbreitung von Transgenen in Wildpopulationen eine wichtige Rolle ein.

Im vorliegenden Projekt sollten grundsätzliche Informationen über die Wahrscheinlichkeit von Auskreuzungen zwischen Kultur- und Wildrosen an nicht-transgenen Sorten erarbeitet werden.

Zusammenfassung

Um das Auskreuzungspotenzial von Kulturrosen in Wildrosen abzuschätzen, wurden Versuche zur Bestimmung des Genflusses durchgeführt. In einem künstlich angepflanzten Rosenbestand mit Spender und Empfängerpflanzen traten nur extrem geringe Pollentransferraten auf. Die Mehrzahl der Bestäubungsereignisse ging auf fremde Spenderpflanzen außerhalb des Bestandes zurück.

Bei einem weiteren Versuch wurden Hagebutten von Wildrosen in der Nähe großer Kulturrosenbestände untersucht. In nur einem einzigen Fall konnte ein Genfluss-Ereignis festgestellt werden. Daher ist der Transfer von Genen zwischen Wild- und Kulturrosen als sehr unwahrscheinlich anzusehen.

Versuchsbeschreibung

In der heimischen Flora sind Wildrosenarten vorhanden, mit denen Kulturrosen potenziell kreuzbar sind. Eine Verbreitung von Transgenen in natürlichen Wildpopulationen kann daher bei einer Freisetzung gentechnisch veränderter Rosen nicht ausgeschlossen werden.

Die Auskreuzungsraten wurden im vorliegenden Projekt mit Hilfe molekularer Marker erarbeitet. Diese Marker - hier wurden Mikrosatelliten verwendet - dienen der Bestimmung der genetischen Diversität (Unterschiedlichkeit) beispielsweise von Pflanzenpopulationen.

Werden für die jeweils untersuchten Kulturrosen typische Marker in den Nachkommenschaften der angrenzenden Wildrosenbestände wieder aufgefunden, kann von einem Gentransfer von Kulturrosen auf Wildrosen ausgegangen werden.

Die Untersuchungen wurden durchgeführt

  • in experimentell angelegten Rosenbeständen, in denen Fängerpflanzen, die sich nicht selbst befruchten können, um die Kulturrosenbestände mit den Sorten Pariser Charme und Heckenzauber (Spenderpflanzen) angepflanzt wurden,
  • mit natürlich Wildrosenbeständen in direkter Nachbarschaft zu großen Produktionsbeständen an Kulturrosen.

Beim experimentellen Teilprojekt wurden Kulturrosenbestände mit Mantelpflanzungen (40-60 Pflanzen) von „Fängerpflanzen“ umgeben. Fängerpflanzen werden auch in größeren Abständen ( ca. 20, 200 und 1000 Meter) um die Kulturrosenbestände platziert.

Im zweiten Teilprojekt sollten in der Umgebung der beiden größten deutschen Rosenzuchtbetriebe natürliche bzw. verwilderte benachbarte Rosenbestände auf Einkreuzungen aus Kulturrosenbeständen untersucht werden. Zuvor wird bei den wichtigsten 100 Sorten der Zuchtbetriebe und bei kartierten Pflanzen der Wildrosenbestände ein genetisches Fingerprinting durchgeführt, d.h. sie werden auf sortenspezifische Markergene (Mikrosatelliten) hin untersucht. Auf diesem Wege kann später bei den Nachkommenschaften der kartierten Wildrosenpflanzen festgestellt werden, ob ein Gentransfer aus Kultursorten stattgefunden hat.

Ergebnisse

Spenderpflanzen und erster Ring von Fängerpflanzen am Standort Ahrensburg im Sommer 2002

Auskreuzung in experimentell angelegten Rosenbeständen

Der Genfluss von zwei nicht-transgenen Rosensorten auf Fängerpflanzen wurde an zwei Standorten untersucht. Am Standort Siebeldingen konnte nur eine schwache Blüte der Spenderpflanzen beobachtet werden, während die Fängerpflanzen normal abblühten. Dadurch bildeten sich an den Fängerpflanzen nur wenige Hagebutten, die nach Aussaat Ende 2002 und 2003 in den darauf folgenden Jahren getestet werden konnten.

Fängerpflanze N A (%) H/PC (5) S? (%)
Z 44 98 2 0
A20 12 92 0 7
B20 1 100 0 0
C20 23 87 4 9
D20 13 100 0 0
A200 45 87 13 0
B200 17 77 17 0
C200 7 86 14 0
D200 15 80 20 0

Tabelle 1: Auspflanzungsversuch Siebeldingen 2003 N= Gesamtzahl, A= Bestäubung von außerhalb der Pflanzung, H/PC= Bestäubung durch die Spenderpflanzen, S?= Herkunft unklar, Z= Fängerpflanzen in unmittelbarer Nähe zu den Spenderpflanzen, A-D= verschiedene Richtungen in 20 bzw. 200 Meter Abstand

Fängerpflanze N A (%) H/PC (5) S? (%)
Z 7 100 0 0
A20 6 100 0 0
B20 83 95 5 0
C20 5 100 0 0
A200 4 100 0 0
B200 125 99 0,8 0

Tabelle 2: Auspflanzungsversuch Ahrensburg 2002

Fängerpflanze N A (%) H/PC (5) S? (%)
Z 157 75 21 4
A20 9 33 0 67
B20 25 56 0 44
C20 23 35 0 65
A200 52 50 0 50
B200 20 55 0 45

Tabelle 3: Auspflanzungsversuch in Ahrensburg 2003 In 2003 wurden weniger Markeranalysen gemacht als 2002, deshalb sind die Bestäubungsanteile mit unklarer Herkunft höher

Während vom Saatgut des Jahres 2002 nur einzelne Pflanzen erhalten werden konnten, wurden vom Saatgut des Jahres 2003 insgesamt 178 Pflanzen erhalten und mit fünf bis neun Mikrosatelliten untersucht (Tabelle 1). Anhand der Ergebnisse zeigt sich trotz der teilweise kleinen Pflanzenzahlen für alle Nachkommen der Fängergruppen, dass die Mehrzahl der Pflanzen nicht von den Spenderpflanzen, sondern von außerhalb der Pflanzung bestäubt wurde. Die nächsten Rosenpflanzungen stehen dabei mehr als 500 Meter entfernt auf dem Gelände des Instituts für Rebenzüchtung in Siebeldingen.

Die Blüte der Spender- und Fängerpflanzen am Standort Ahrensburg erfolgte normal und hatte einen hohen Samenansatz bei den Fängerpflanzen zur Folge. Parallel zur Ernte des Saatgutes wurde die Suche nach geeigneten Mikrosatelliten für die eindeutige Differenzierung von Spender und Fängerpflanzen durchgeführt und mehrere Mikrosatelliten ausgewählt. Die Untersuchung der Pflanzen aus dem Saatgut der Jahre 2002 und 2003 liefern ein ähnliches Bild wie der Versuch am Standort Siebeldingen (Tabelle 2 und 3), mit dem Unterschied, dass deutlich mehr Saatgut geerntet werden konnte. Trotz geringer Keimraten und Pflanzenzahlen in 2003 zeigt sich, dass auch am Standort Ahrensburg die Mehrzahl der Nachkommen aus Bestäubungen von Spendern von außerhalb der Versuchspflanzung stammen. Der Abstand zu den nächsten möglichen Spendern liegt hier jedoch je nach Fängergruppe zwischen 20 und 240 Metern.

Durch eine zusätzliche Untersuchung einzelner Nachkommen konnte gezeigt werden, dass selbst mit den verwendeten, sehr spezifischen Mikrosatelliten einzelne Bestäubungsereignisse durch Polleneltern von außerhalb der Anpflanzung unentdeckt bleiben können. Damit ist es wahrscheinlich, dass die Zahl der von außerhalb der Anpflanzung bestäubten Pflanzen höher ist, als in den Tabellen 1-3 gezeigt und dass der Genfluss von den Pollenspendern Pariser Charme und Heckenzauber wahrscheinlich noch geringer ist.

Auskreuzungen in natürlichen Wildrosenbeständen

Im Jahre 2001 und 2002 wurden Beobachtungen zum Blühverlauf verschiedener Rosensorten und Wildarten durchgeführt. Trotz geringfügiger Verschiebungen zeigte sich, dass einige Wildarten, vor allem eingebürgerte Arten wie z.B. Rosa rugosa mit einer langen Blühperiode das Potenzial für einen Genfluss von Kulturrosen zu Wildrosen besitzen.

Im Rahmen des zweiten Teilprojektes sollte Saatgut von Wildarten, die in der Nähe von größeren Kulturrosenbeständen wachsen auf das Vorhandensein von Kulturrosen-spezifischen Genen untersucht werden. Hierzu wurden an fünf Standorten in der Nähe größerer Versuchsfelder von Rosenzüchtern Blattmaterial und Saatgut geerntet und DNA aus Blättern und Samen isoliert. Danach wurden Mikrosatelliten ausgewählt, die typische Sequenzen zur Identifizierung der Kulturrosen enthielten und nicht in den beernteten Pflanzen vorhanden waren.

Für die Jahre 2002 und 2003 wurden mit bis zu zehn Mikrosatellienmarkern 620 bzw. 400 Dreierpools (drei Pflanzen je Probe) untersucht. In nur einem Dreierpool aus dem Jahr 2003 konnten kulturrosentypische Merkmale in Nachkommen von Rosa rugosa - einer nichteinheimischen, dauernd blühenden, künstlich angepflanzten - Wildrose nachgewiesen werden. Das bedeutet, dass es sich hierbei um ein als sehr selten zu beurteilendes Ereignis handelt.