Freisetzung und Resistenzprüfung transgener T4-Lysozym-Kartoffeln

(1995 – 1998) Bundesanstalt für Züchtungsforschung an Kulturpflanzen (BAZ) (seit 2008 Julius Kühn-Institut (JKI)), Quedlinburg

Thema

Beim Anbau und der Lagerung von Kartoffeln verursachen phytopathogene Bakterien erhebliche Ertragsausfälle.

Mittels gentechnischer Methoden konnte eine transgene Kartoffel entwickelt werden, die insbesondere eine Resistenz gegenüber Erwinia carotovora, dem Erreger der Schwarzbeinigkeit und Knollennassfäule zeigt.

Zur Erzeugung der Resistenz wurde das Gen für das Lysozym aus dem Bakteriophagen T4 in das Pflanzengenom übertragen. Lysozyme greifen die bakterielle Zellwand an und bewirken eine Auflösung (Lyse) der Zelle. Außerdem üben sie eine direkte nicht enzymatische bakterizide und fungizide Wirkung auf die mikrobielle Zellwand aus und töten dadurch den Zellstoffwechsel ab.

In Labor- und Freisetzungsversuchen sollten verschiedene transgene T4-Lysozym produzierende Kartoffellinien auf ihr Verhalten gegenüber den Erregern der Schwarzbeinigkeit und Knollennassfäule geprüft werden.

Zusammenfassung

Transgene Lysozym-Kartoffeln zeigten in Labor- und Freilandstudien einen verringerten Befall gegenüber dem bakteriellen Schaderreger Erwinia carotovora.

m Labor lag zudem eine verstärkte Resistenz gegenüber dem bedeutenden Pilz _Phytophthora infestans_vor. Während des gesamten Wachstums der Pflanzen war die Lysozym-Expression im Freiland aktiv, jedoch je nach Kartoffellinie und Standort unterschiedlich ausgeprägt.

Versuchsbeschreibung

Vorlaufprojekt 1995-1997

Bereitstellung des transgenen Pflanzenmaterials . Mehrere transgene Lysozym-Kartoffel-Linien sowie transgene und nicht-transgene Kontroll-Linien wurden im Gewächshaus vermehrt und den Verbundpartnern für Freisetzungen zur Verfügung gestellt.

T4-Lysozym-Aktivität in der Pflanze . Mittels einer speziellen Methode (Western Blot) wurde das Vorhandensein des T4 Lysozyms in verschiedenen Pflanzenteilen überprüft.

Prüfung der Resistenz gegenüber Pilzen . Das Lysozym führt auch zur Auflösung von Chitin, einem Bestandteil der pilzlichen Zellwand. In Kooperation mit der Universität Göttingen wurden entsprechende Tests durchgeführt.

Prüfung der Resistenz gegenüber E. carotovara . Die Höhe der Resistenz wurde mit Hilfe von Befallsmessungen an Knollen (Knollenscheibentests) und Augenstecklings-Keimungstests untersucht.

Freisetzungen 1996-1998

Pflanzknollen wurden mit dem Erreger Erwinia carotovora infiziert und auf Versuchsparzellen an den Freisetzungsstandorten Groß-Lüsewitz und Quedlinburg ausgepflanzt.

Die Bonitur der Resistenz im Freiland erfolgte u.a. anhand folgender Parameter: Pflanzenaufgang, Anzahl schwarzbeiniger Triebe, Anzahl der Tochterknollen sowie Anteil nassfauler Knollen bei der Ernte und während der Lagerung. Im Labor erfolgte parallel die Überprüfung der Resistenz mittels Knollenscheiben- und Halbknollentests.

Während des ganzen Wachstums wurde zudem die Expression des Lysozyms in den Blättern mittels Western Blot überwacht.

Ergebnisse

Vorlaufprojekt 1995-1997

T4-Lysozym-Aktivität in der Pflanze . T4-Lysozym wurde in verschiedenen Pflanzenteilen der Kartoffel-Linien in unterschiedlichen Konzentrationen im Zellzwischenraum nachgewiesen.

Prüfung der Resistenz gegenüber pflanzlichen Pilzen . Da Lysozyme über die Auflösung von Chitin, einem Baustein der pilzlichen Zellwand, eine fungizide Wirkung zeigen können, wurde in Kooperation mit der Universität Göttingen eine Methode zur Bestimmung der Chitin auflösenden Wirkung entwickelt. Hier wurde festgestellt, dass T4-Lysozym diese Wirkung im schwach sauren Bereich (pH 3-6) besitzt. Unter Bedingungen des Zellzwischenraumes (pH ca. 5,0-5,5) ist deshalb eine fungizide Wirkung denkbar.

Prüfung der Resistenz gegenüber E. carotovora . Im Knollenscheibentest wurde eine ausgeprägte Resistenz bestätigt. Der Augengenstecklingstest konnte aufgrund extremer Versuchsbedingungen im Gewächshaus nicht ausgewertet werden.

Ergebnisse Freiland 1996-1998

Über drei Jahre wurden transgene Lysozym-Kartoffeln im Freiland auf ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber E. carotovora beobachtet.

Bei der Überprüfung der Resistenz im Freiland (phänotypische Bonituren) und im Labor (Knollenscheiben- und Halbknollentests) zeigte eine transgene Kartoffellinie über die Versuchsjahre sowohl eine größere Widerstandsfähigkeit gegen Schwarzbeinigkeit als auch gegen Knollennassfäule. Erstmalig wurde damit im Freilandversuch ein praxisrelevanter Vorteil der T4-Lysozym-Linien aufgezeigt.

Mittels Western Blot wurde die Expression des Lysozyms während des Wachstums in Blattextrakten quantifiziert. Eine Abschaltung des Transgens wurde nicht festgestellt. Das Expressionsniveau war an den Standorten unterschiedlich hoch.