T4-Lysozym-Kartoffel: Wirkung von T4-Lysozym im Boden, Entlassung von rekombinanter DNA aus der Pflanze und horizontaler Gentransfer im Boden

(1995 – 2002) Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg; Arbeitsgruppe Genetik

Thema

Zur Abwehr von phytopathogenen Bakterien, die bei Anbau und Lagerung von Kartoffeln erhebliche Schäden verursachen, wurden transgene Kartoffelpflanzen entwickelt.

Zur Erzeugung der Resistenz gegenüber Erwinia carotovora, dem Erreger der Knollennassfäule und der Schwarzbeinigkeit, wurde das Gen für ein Lysozym aus dem Bakteriophagen T4 in das Pflanzengenom der Kartoffel übertragen. Lysozyme greifen die bakterielle Zellwand an und bewirken deren Auflösung (Lyse).

Die Bildung von T4-Lysozym zur Abwehr von Schaderregern bei Pflanzen stellt eine neue Qualität für die Umwelt dar. Im Projekt wird zwei möglichen Umweltwirkungen nachgegangen. So könnte das Lysozym nachteilige Auswirkungen auf das Bodenökosystem haben, sofern es aus den Pflanzen entlassen wird und im Boden seine Aktivität beibehält. Weiterhin soll überprüft werden, ob funktionsfähige Transgen-DNA in der Rhizosphäre vorliegt und ein horizontaler Gentransfer möglich ist.

Zusammenfassung

Es konnte gezeigt werden, dass die T4-Lysozym-Kartoffel in den Knollen eine erhöhte Lysozym-Aktivität besitzt, die die erhöhte Resistenz gegen Erwinia carotovora erklären kann.

Durch einen neuartigen Nachweis wurde gezeigt, dass aktives Lysozym aus den Wurzeln in die Umgebung abgegeben wird. Das T4-Lysozym besitzt bakterizide Aktivität gegenüber dem Erreger Erwinia carotovora. Außerdem erwies sich ein Großteil der geprüften Bodenbakterien-Spezies einschließlich diverser Pflanzen-Pathogene als empfindlich. Im Ackerboden verlor das T4-Lysozym jedoch rasch seine Wirkung.

In Rhizosphären-Extrakten aus den Freisetzungsversuchen konnte funktionsfähige Transgen-DNA nachgewiesen werden.

Die Möglichkeit eines horizontalen Gentransfers auf Bakterien wurde mit einem neu entwickelten Monitoring-Verfahren überprüft. In Laborexperimenten konnte die Übertragung von Pflanzen-DNA in das Genom künstlich präparierter Empfängerbakterien nachgewiesen werden – eine Übertragung auf natürlich vorkommende Bakterien jedoch nicht.

Versuchsbeschreibung

In Labor, Gewächshaus und Freiland wurden Auswirkungen transgener T4-Lysozym-Kartoffel-Linien im Vergleich zu einer transgenen Kontroll-Linie ohne T4-Lysozym-Gen und der nicht-transgenen Ausgangssorte Désirée untersucht. Zu diesem Zweck wurden hochempfindliche Messmethoden entwickelt.

Etablierung von Tests zur Prüfung der T4-Lysozym-Aktivität gegenüber Bakterien

Trübungsmessung. Pflanzenpathogene Erwinia carotovora-Stämme sowie weitere pflanzenpathogene Bakterien und Bodenbakterien wurden mittels photometrischer Tests auf ihre Sensibilität gegenüber Lysozym getestet. Diese Tests beruhen auf der Trübungsabnahme von Bakterienlösungen, denen definierte Mengen an gereinigtem T4-Lysozym zugegeben werden. Eine Abnahme der Trübung erfolgt dann, wenn die Bakterien sensibel auf Lysozym reagieren. Der Test eignet sich auch zur Untersuchung von Boden- und Pflanzenextrakten.

Überlebenstest. Hierbei wurde durch Plattierung das Überleben von Bakterienzellen ermittelt, die zuvor definierten Lysozym-Konzentrationen ausgesetzt worden waren.

Entlassung von T4-Lysozym aus der Wurzel

Nährlösungen, in die Wurzeln transgener T4-Lysozym-Kartoffeln hineingewachsen waren, wurden auf das Vorhandensein von T4-Lysozym durch Western-Blot geprüft.

Die Anwesenheit aktiven Lysozyms auf den Wurzeloberflächen transgener Lysozymkartoffeln wurde durch ein neu entwickeltes Testverfahren nachgewiesen. Das Verfahren beruht auf der Fixierung von Indikatorbakterien auf den Haarwurzeln, wo sie dem entlassenen Lysozym für einen definierten Zeitraum ausgesetzt werden. Anschließend erfolgt eine Messung des Anteils lebender und toter Bakterienzellen durch Färbung mit Fluoreszenzfarbstoffen und eine Auswertung durch Fluoreszenzmikroskopie.

Monitoring transgener Pflanzen-DNA im Boden

Durch den Einsatz spezieller DNA-Sonden ist es möglich, rekombinante DNA aus den Bodenproben zu „fischen“ und gleichzeitig effizient zu reinigen, um sie anschließend über PCR zu vermehren (magnetic-capture-hybridization).

Nachweis eines möglichen Gentransfers auf Bodenbakterien

Um zu prüfen, ob die im Boden vorliegende transgene DNA funktionsfähig ist, Bakterien ihre Information also nutzen können, wurde ein neues Testsystem entwickelt. Bakterienstämme von Acinetobacter dienen hierbei als Empfängerbakterien. Sie besitzen ein unvollständiges Resistenzgen. Zur Reparatur dieses Gens benötigen sie einen bestimmten Gen-Abschnitt der transgenen Kartoffelpflanzen. Liegt in der Bodenprobe die gesuchte transgene DNA vor, benutzt Acinetobacter diese zur Wiederherstellung eines intakten Resistenzgens. Die gelungene Vermehrung des Bakteriums dient dann als Nachweis für die Anwesenheit des gesuchten Transgens in der Probe.

Ergebnisse

Ziel dieses Projekts war es, die Wirkung des freiwerdenden Lysozyms auf das mikrobielle Ökosystem des Bodens und den Verbleib der transgenen DNA nach Verrottung des Pflanzenmaterials zu untersuchen.

Wirkung des T4-Lysozyms

Mit verschiedenen neuartigen Methoden wurde nachgewiesen, dass transgene Lysozym produzierende Kartoffeln eine hohe Aktivität gegenüber Bakterien besitzen. Das Lysozym wirkt gegen die Bakterien, die die Knollennassfäule und Schwarzbeinigkeit der Kartoffel verursachen. Geringe Mengen des T4-Lysozyms werden von den Wurzeln in aktiver Form abgegeben. Dies führt im Laborversuch zu einer Abtötung von Bakterien an der Wurzeloberfläche. Im Ackerboden verliert das Lysozym jedoch sehr rasch seine Wirkung.

Monitoring der transgenen Pflanzen-DNA

Ein hochempfindlicher Monitoringtest für das T4-Lysozym-Gen wurde entwickelt. Mittels magnetischer Sonden wurde bei fast allen transgenen Prüfvarianten rekombinante DNA festgestellt.

Nachweis eines horizontalen Gentransfers

Die Rhizosphäre transgener Kartoffelpflanzen enthält intakte Transgen-DNA. Dies wurde dadurch deutlich, dass speziell konstruierte Empfängerbakterien die DNA aufnehmen und einbauen konnten. Natürlich vorkommende Bakterien konnten die Transgen-DNA jedoch nicht nutzen. Ein horizontaler Gentransfer fand hier nicht statt.