GenEERA I – Modellierungen zum Ausbreitungsverhalten von Raps im Landschaftsmaßstab - Gesamtkoordination

(2001 – 2004) Universität Bremen, Zentrum für Umweltforschung und Umwelttechnologie (UFT), Abt. 10 Ökologie, Fachbereich 2 (Biologie/Chemie)

Thema

Die Zielsetzung des Forschungsverbundes bestand darin, ein methodisches Instrumentarium zu entwickeln, welches die bisherigen Erkenntnisse zur Ausbreitung von Raps auf Kulturflächen, angrenzenden Saum-Biotopen und Ruderalflächen nutzt, um daraus Folgerungen für größere Areale abzuleiten.

Ermöglicht wurde dies durch eine Auswertung von Befunden aus dem Freiland, durch Modellbildung, Fernerkundung (Auswertung von Satellitenbild-Informationen) und Einbeziehung von kartografisch erfassten Landschaftszusammenhängen. Unter Einbeziehung der verfügbaren Informationen zum Wachstums- und Ausbreitungsverhalten von Raps wurde ein Simulationsmodell entwickelt, das Räume von einem Quadratkilometer Größe abbildet. Dieses Modell wurde in systematischen Szenario-Rechnungen durch die Variation von Umweltfaktoren so angepasst, dass alle wichtigen Faktorenkombinationen abgebildet wurden. Die Resultate lassen sich dann nutzen, um die Ausbreitungsdynamik in größeren Raumeinheiten abzuschätzen („Up-scaling“).

Zusammenfassung

Als Ergebnis des GenEERA-Projekts liegt mit den entwickelten Modellen (GeneTraMP und RegioPol) ein flexibles Instrument vor, um die Ausbreitung von Raps im Landschaftsrahmen Norddeutschlands abzubilden und erste Vorhersagen zu treffen. Dabei wird deutlich: In der landwirtschaftlichen Praxis eingesetzte transgene Sorten würden sich über Jahrzehnte in nennenswertem Umfang außerhalb des Anbaus verbreiten und auch in benachbarte Felder einkreuzen. Bislang konnten nicht alle Ursachen von Variabilität in dem Modell Berücksichtigung finden. Hier besteht Fortsetzungsbedarf.

Wichtige Faktoren, die bei transgenem Raps zu berücksichtigen sind:

  • Wild wachsender Raps ist im Agrarraum und auch in Städten weiter verbreitet als bisher angenommen, im Durchschnitt gibt es einen Fundort pro Quadratkilometer.
  • Entlang von Straßen und in Städten werden Herbizide eingesetzt. Hier hätten herbizidresistente Individuen einen Selektionsvorteil.
  • Aufgrund des kleinflächigen Anbaus in Norddeutschland ist eine wirksame Trennung von konventionellem und GVO-Anbau nur mit hohem Aufwand möglich.
  • Herbizidresistenter Ausfallraps kann nach der Ernte zu Durchwuchsproblemen in der Folgekultur führen, da durch die Herbizidresistenz die Durchwuchsbekämpfung erschwert ist. Dies gilt auch für eingekreuzte Transgene in konventionellen Beständen.
  • Rapssamen können im Boden mehr als zehn Jahre überdauern. Eine „Rückholung von Transgenen“ ist daher praktisch nicht möglich.

Versuchsbeschreibung

Da das Ausbreitungsverhalten von Raps im Landschaftsmaßstab aufgrund der Flächengrößen und des Zeitbedarfs für ganze Bundesländer nicht mehr durch direkte Beobachtung aufgeklärt werden kann, sind Modellbildung und geostatistische Extrapolation als neue Ansätze zur Abschätzung von Umweltauswirkungen erforderlich. Der im Projekt entwickelte Ansatz erforderte eine intensive Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachgebiete.

Das vorliegende Projekt gliedert sich in mehrere Teilprojekte und Unteraufträge:

  • An der Universität Bremen (UFT, Abt. Ökologie) wurden die Modellierungsgrundlagen entwickelt und Satellitenaufnahmen zur raum-zeitlichen Verteilung des Rapsanbaus in Norddeutschland beschafft und aufgearbeitet (Institut für Umweltphysik). Freilanddaten über Vorkommen von Raps und potenziellen Kreuzungspartnern außerhalb von Kulturflächen wurden im Bremer Umland auf mehr als 500 Quadratkilometern erhoben und standen als Modellierungsbasis mit zur Verfügung.
  • Die Informationen zum Vorkommen von Raps in Bremen und im Bremer Umland werden von der Abteilung Physiogeografie des UFT in einem geografischen Informationssystem aufgearbeitet, um sie für ein geostatistisches Up-scaling für den Raum Norddeutschland bereitzustellen.
  • Die botanische Expertise für die Ausbreitungsökologie von Raps und seinen verwandten Arten (Brassicaceen) liefert das Institut für Spezielle Botanik der Universität Osnabrück und das Öko-Institut Freiburg als Unterauftragnehmer.

Ergebnisse

Das Projekt erstreckte sich über drei Jahre und wurde Ende 2004 abgeschlossen.

Verbreitungsanalyse von Raps außerhalb von Kulturflächen

Raps und potenzielle Kreuzungspartner kamen im norddeutschen Raum auch außerhalb von Kulturflächen weit verbreitet vor. Im Durchschnitt gab es einen Fundort von wild wachsendem Raps pro Quadratkilometer. Da die Fundorte geklumpt auftreten, lag der mittlere Abstand mit wenigen hundert Metern im Bereich des möglichen Pollentransfers. Außerhalb von Kulturflächen kam Raps in denselben Lebensräumen vor wie die verwandten Wildarten. Ruderal vorkommender Raps und potenzielle Kreuzungspartner wiesen deutliche Überschneidungen in der Blühzeit auf.

Abb.1: Modellierung der Pflanzenentwicklung.

Berücksichtigt wurden im Modell die Umgebung, Entwicklung und Kultur- maßnahmen

Abb.2: Modellablaufschema. Abhängig von den Eingangsdaten wurde die Entwicklung von Beständen bzw. Einzelpflanzen berechnet.

Abb.3: Darstellung der Pflanzenentwicklung der Einzelpflanzen für drei Simulationsjahre. Wenige Pflanzen kommen zur Samenreife und bei einigen Pflanzen überschneiden sich trotz der hohen Fluktuation die Blühzeiträume, so dass Genfluss zu verwandten Arten möglich ist.

Abb.4: Beispiel einer grafischen Modellausgabe. Die Schläge entsprechen einer Größe von 6-13 Hektar. Farbliche Unterscheidung nach Flächennutzung (WG = Wintergetreide) und nach den GVO-Anteilen im Erntegut von Raps. Die Modellrechnungen bilden den Anbau auf solchen Flächen für 10 Jahre ab, wobei Fruchtwechsel, Kulturmaßnahmen und klimatische Variation regionsspezifisch verändert werden können.

Abb.5: Der Pollentransfer von Feldern mit gv-Raps in benachbarte konventionelle Felder wirkt sich um so intensiver aus, je kleinräumiger die Landschaft gegliedert ist. Hier die Simulationsergebnisse für unterschiedlich große Rapsschläge aus den Szenariorechnungen.

Modellbildung und Szenarioentwicklung

Im Rahme des GenEERA-Verbundes wurde ein Methodenspektrum erarbeitet, das die kleinräumige Beschreibung der an Ausbreitung und Beständigkeit von Raps-Transgenen beteiligten Prozesse abdeckt und eine großräumige Übertragung unterschiedlicher lokaler Ausprägungen ermöglicht. Kernelement hierbei waren die Simulationsmodelle RegioPol und GeneTraMP. Mit Hilfe dieser Modelle konnte die Entwicklung von Raps-Einzelpflanzen und von Rapsbeständen simuliert werden. Informationsgrundlagen sind die Anbaudichten (Satellitenbildauswertung, Agrarstatistik), meteorologische Daten (Temperatur, Wind, Niederschläge, Sonnenschein), Karten (u.a. naturräumliche Gliederung), die Ökologie von Raps und verwandten Arten und deren Verbreitungsdaten.

Um die Regionalstudien durchführen zu können (GenEERA II bis IV), haben die Bearbeiter die Klimaverhältnisse, regional vorherrschende Fruchtfolgen usw. ermittelt. Für die jeweiligen Bedingungen wurden die Modelle in insgesamt 1470 verschiedenen Kombinationen von Eingangsgrößen gerechnet und die Ergebnisse in einer Datenbank zur Verfügung gestellt.

Simulationsergebnisse

Als Beispiel zeigt die Abbildung 3 ein Simulationsergebnis zum Überleben von ruderal wachsenden Pflanzen. Eine hohe Dynamik an neu entstehenden und spontan wieder verschwindenden Populationen ist erkennbar. Nur etwa zehn bis maximal zwanzig Prozent der Pflanzen kommen zur Samenreife und bilden im Durchschnitt mehrere hundert Samen pro Individuum. Durch die Überlappungen der Blütenphasen einzelner Pflanzen ist die Möglichkeit von Genfluss zu verwandten Arten gegeben.

Die Abbildung 4 veranschaulicht die Simulation des Ausbreitungsprozesses ausgehend von einem transgenen Rapsfeld anhand einer Beispielkarte. Drei Rapsschläge sind zu sehen: der Schlag mit gv-Raps ist schwarz eingefärbt (über 20 Prozent GVO-Anteil). In den angrenzenden konventionellen Rapsschlag (1) hinein reicht eine Ausbreitungszone mit abgestuften Grauwerten (unter 20 Prozent GVO-Anteil), die den mit zunehmendem Abstand abnehmenden GVO-Gehalten entsprechen. Ein weiterer konventioneller Rapsschlag (3) zeigt ein gleichmäßiges Muster von GVO-Anteilen. Hier gab es eine GVO-Vornutzung, die in der aktuellen Raps-Kultur zu Durchwuchs führte.

Simulation von Modellszenarien für Norddeutschland

Die Szenarien dienten dazu, durch systematische Kombination der Eingangsdaten die vorhandene Variabilität des Gesamtraumes in kleinräumigen Simulationen zu erfassen. Insgesamt wurden 1470 unterschiedliche Kombinationen durchgerechnet.

Im Modell kann das Zusammenwirken der unterschiedlichen Wirkungspfade untersucht werden. Beispielsweise zeigt eine Auswertung der Ergebnisse nach der Größe der Schläge deutlich, dass aufgrund der engeren Nachbarschaften in einer kleinräumig gegliederten Landschaft mit höheren GVO-Anteilen im konventionellen Anbau durch Pollentransfer zu rechnen ist (Abbildung 5). Weiteren regionalen Zusammenhängen wird in den Studien der GenEERA Projekte II-IV nachgegangen.

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Die weiteren Projekte des Forschungsverbundes GenEERA (Generische Erfassungs- und Extrapolationsmethoden der Raps-Ausbreitung):