Auswirkungen transgener Stärke-Kartoffeln auf Bodenmikroorganismen

(1998 – 2001) Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) (seit 2008 Julius Kühn-Institut (JKI)), Institut für Pflanzenvirologie, Mikrobiologie und biologische Sicherheit, Braunschweig GSF-Forschungszentrum, Institut für Bodenökologie, Oberschleißhei

Thema

Zeigen transgene Kartoffeln mit einer veränderten Stärkezusammensetzung Auswirkungen auf Bodenmikroorganismen?

Dieser Fragestellung gingen zwei Forschungsgruppen in einem gemeinschaftlichen Projekt nach, das im Rahmen von Freilandversuchen die strukturelle und funktionelle Diversität von Bodenmikroorganismen untersuchte.

Die Leistungen von Mikroorganismen stellen eine unverzichtbare Grundlage für funktionierende Stoffkreisläufe in Agrarökosystemen dar. Sowohl in Hinblick auf die Produktivität eines Standortes als auch auf seine nachhaltige Nutzung ist eine hohe Diversität des Bodenlebens erwünscht. Veränderungen in den mikrobiellen Lebensgemeinschaften, die funktionelle Stoffkreisläufe nachteilig beeinflussen, sind kritisch zu betrachten.

Daher sollten im Rahmen von Freisetzungsversuchen umfangreiche Untersuchungen an Bodenproben transgener und nicht-transgener Kartoffellinien im Vergleich durchgeführt werden. Als zusätzliche Kontrolle wurden Feldproben aus Bracheparzellen hinzugezogen.

Zusammenfassung

In den dreijährigen Versuchen wurden unterschiedliche Selektionsmuster bei den bakteriellen und pilzlichen Gemeinschaften des Bodens und der Rhizosphäre in den einzelnen Jahren festgestellt. Sorten, Witterung und Bewirtschaftung zeigten dabei einen weitaus größeren Einfluss als der Anbau gentechnisch modifizierter Kartoffeln mit veränderter Stärkezusammensetzung.

Eine Bewertung der beobachteten Effekte eines Anbaus transgener Stärke-Kartoffeln hinsichtlich eines nachhaltigen Einflusses auf die Bodenfruchtbarkeit lassen diese dreijährigen Untersuchungen nicht zu.

Versuchsbeschreibung

Die in Kartoffelknollen produzierte Stärke besteht natürlicherweise aus einem Gemisch von Amylopektin und Amylose. Speziell zur Verwendung im „non-food“-Bereich wird jedoch eine Stärkeform aus reinem Amylopektin bevorzugt.

Auf gentechnischem Wege konnte eine Kartoffel mit einer reinen Amylopektin-Stärke erzeugt und für Freilandstudien zur Verfügung gestellt werden.

Das Ziel des Forschungsprojektes war es, mögliche Auswirkungen dieser Stärke-Kartoffel auf die Bodenlebensgemeinschaften zu untersuchen.

Insbesondere folgenden Fragen wurde nachgegangen:

  • Wird durch die transgene Kartoffellinie im Vergleich zur Wildtypsorte die Mikroflora der Rhizosphäre in ihrer Zusammensetzung beeinflusst?
  • Hat diese Veränderung einen Einfluss auf die Funktion der mikrobiellen Lebensgemeinschaft?
  • Sind Veränderungen insbesondere bei symbiontischen und das Pflanzenwachstum fördernden Mikroorganismen sowie Gegenspielern von pflanzenschädlichenOrganismen nachzuweisen?
  • Wird die „Bodenqualität“ – charakterisiert durch Bodenfunktionen wie Mineralisierung, Humifizierung und Nährstoffnachlieferung - nachteilig beeinflusst?

Die Bearbeitung des Projektes erfolgt in Zusammenarbeit des Institutes für Bodenökologie des Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit (GSF) und des Institutes für Pflanzenvirologie, Mikrobiologie und biologische Sicherheit der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA).

Der Schwerpunkt der Arbeitsgruppe an der BBA liegt in den Untersuchungen zur Struktur und Funktion der bakteriellen Boden- und Rhizosphäre-Mikroflora.

Der Schwerpunkt der Arbeitsgruppe an der GSF liegt in der Durchführung der Freilandversuche und den Untersuchungen zur Struktur und der Funktion der pilzlichen Boden- und Rhizosphäre-Mikroflora.

Methoden

Zur Bestimmung der Zusammensetzung der mikrobiellen Gemeinschaft werden folgende Methoden angewandt:

Bestimmung der Biomasse, des Phospholipid-Fettsäure-Musters (bei Pilzen) und des Fettsäuremethylester-Musters (bei Bakterien).

  • Molekularbiologisches Fingerprinting über PCR.
  • Keimzahlbestimmung der kultivierbaren Fraktion der Bakterien.

Zur Bestimmung der Funktionsfähigkeit der mikrobiellen Gemeinschaft wird die Fähigkeit des Abbaus von hochmolekularen Stoffen wie Cellulose, Xylan, Chitin, Stärke und Casein geprüft.

Ergebnisse

BBA-Arbeitsgruppe – Bakterien

Um die Beeinflussung der Bakteriengemeinschaft durch den Anbau transgener Stärke-Kartoffeln umfassend zu ermitteln, wurde ein mehrstufiger Versuchsansatz (Kombination mikrobieller und molekularer Methoden) gewählt.

Die kultivierungsabhängige Analyse hat bei der transgenen Linie in der Rhizosphäre und im durchwurzelten Boden eine Anreicherung von solchen Bakterien ergeben, die in der Lage waren hochmolekulare Substrate zu verwerten (Abbau von Stärke und Chitin). Auch waren die Muster der Fettsäuremethylester verändert, was auf eine Verschiebung in der Zusammensetzung der bakteriellen Gemeinschaft schließen ließ.

Das molekularbiologische Fingerprinting über PCR auf Basis der 16rDNA (kleine Untereinheit der bakteriellen Ribosomen) mit Primern der Eubakterien ergab jedoch keine Einflussnahme der transgenen Linie auf dominante Bakterien in Boden und Rhizosphäre.

Ein deutlicher Einfluss auf die Struktur von weniger häufigen Mitgliedern der bakteriellen Gemeinschaft konnte jedoch für die Pseudomonas-Gruppe nachgewiesen werden. Effekte des Anbaus transgener Kartoffeln blieben aber in jedem Fall geringer im Vergleich zu sortenbedingten, saisonalen oder anderen natürlichen Einflüssen.

GSF-Teilprojekt – Pilze

Die Auswertung der drei Versuchsjahre 1998 bis 2000 zeigte deutliche Effekte der Witterung und des jeweiligen Pflanzenentwicklungsstadiums auf die Zusammensetzung der pilzlichen Gemeinschaft.

Für die transgenen Kartoffel-Linien ergaben sich im Vergleich zum ausgewählten Wildtyp unterschiedliche Zusammensetzungen in der Pilzgemeinschaft zu bestimmten Probenahmeterminen. Insbesondere wurden tendenziell höhere Anteile von Pilzen detektiert, die starke Ähnlichkeiten zur Gattung Fusarium aufwiesen. Unterschiede in der Zusammensetzung der Pilzpopulationen bei nicht-transgenen Varianten waren aber auch im Versuchsjahr 2000 festzustellen.

Daher ist eine abschließende Bewertung des Anbaus transgener Stärkekartoffeln auf die Zusammensetzung der Pilzgemeinschaft nicht möglich. Hierzu sind weitere und vor allem mehrjährige Untersuchungen nötig. Auch gilt es den Einfluss von veränderten Pilzpopulationen in der Fruchtfolge auf die jeweilige Nachfrucht zu untersuchen.

Bei der Überprüfung der funktionellen Diversität der Pilzgemeinschaft konnten weder im Wurzelraum noch im Boden Unterschiede zwischen transgenen und Wildtyp-Linien detektiert werden.