Austritt von DNA aus transgenen Zuckerrüben und horizontaler Gentransfer im Boden

(1995 – 1999) Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg; Arbeitsgruppe Genetik

Thema

Bei Freisetzungsversuchen mit transgenen Zuckerrüben wurde folgenden Fragen nachgegangen:

  • Wie groß ist der DNA-Austritt aus transgenen Pflanzen?
  • Wie lange überdauert die DNA im Boden? Welche Rolle spielt die Bindung der DNA an Bodenpartikel? Wie wird die DNA abgebaut?

Eine weitere Frage stellte sich, nachdem transgene Pflanzen-DNA in Böden gefunden wurde, die noch nie mit transgenen Pflanzen bewachsen waren.

  • Auf welchem Weg kann DNA eingeschleppt werden?

Hintergrund: Sollte freie transgene DNA aus der Zuckerrübe im Boden vorhanden sein, könnte diese grundsätzlich von Bodenmikroorganismen aufgenommen werden. Ob tatsächlich ein horizontaler Gentransfer stattfindet, wurde in einem weiteren Forschungsprojekt untersucht.

Zusammenfassung

  • Im Boden konnte die gentechnisch in die Zuckerrübe übertragene Erbinformation nachgewiesen werden. Der DNA-Eintrag geschieht über Blattmaterial und Rübenreste, in erster Linie aber durch Pollenflug.
  • Transgene DNA lag im Boden sowohl frei, als auch an Bodenpartikel gebunden vor. Die gebundene DNA wird langsamer abgebaut. Im Boden kann DNA sogar den Winter überdauern.
  • Die Ausbreitung transgener DNA auf Flächen, auf denen vorher nie transgene Pflanzen angebaut wurden, konnte auf Pollenflug zurückgeführt werden.

Versuchsbeschreibung

Die Untersuchungen wurden zuerst an zwei Freisetzungsstandorten mit virusresistenten Zuckerrüben durchgeführt. Es wurden Bodenproben vor und während des Anbaus der transgenen Pflanzen genommen. An einem Standort lag ein Viren- Befall (Rizomania) vor, am anderen nicht.

DNA-Austritt: In jeder Bodenprobe wurde zum einen die gesamte darin vorhandene DNA isoliert, zum anderen nur die freie, d.h. außerhalb der Pflanzenzellen vorliegende DNA. Mit Hilfe der PCR-Analytik wurden die Isolate auf nachweisbare transgene DNA untersucht.

Überdauerung der DNA in der Umwelt im Boden: Inunterschiedlichen Böden (Braunerde, Lehmboden, Podsol) wurde der Abbau einer markierten DNA verfolgt und die DNase-Aktivität bestimmt. Über zehn Tage wurde beobachtet, ob sich DNase-Aktivität und Bakterienzahl in den Bodenproben ändern (Die DNasen sind DNA-abbauende Enzyme, die vorwiegend aus Bodenbakterien im Verlauf ihres Wachstums abgegeben werden.).

Um den Weg der Einschleppung der transgenen DNA zurückzuverfolgen, wurden weitere Bodenproben untersucht: Sie wurden sowohl während des Anbaus der transgenen Zuckerrüben als auch nach der Ernte entnommen, sowie auf Nebenflächen je mit und ohne Pollenentwicklung. Als Kontrolle mit Pollenentwicklung diente ein Zuchtgarten, in dem die Zuckerrüben zur Blüte kommen.

(Zuckerrüben sind zweijährige Pflanzen. Im ersten Jahr nach der Aussaat bilden sie den Rübenkörper aus, im zweiten blühen sie und bilden Pollen. In der Regel werden Rübenpflanzen vor der Blüte geerntet. Es kommt allerdings immer wieder vor, dass einzelne Pflanzen - Schosser - vorzeitig blühen.)

Ergebnisse

DNA-Austritt aus transgenen Pflanzen: Die transgene DNA nahm im Boden während des Anbaus der Rüben zu und fiel zum Ende der Vegetationsperiode wieder ab. Vermutlich breitet sich zunächst das Pflanzenmaterial in der Umgebung aus und die transgene DNA wird erst später daraus in den Boden entlassen. Die Rodung von Zuckerrüben hinterlässt deutlich weniger transgene DNA im Boden als Pollenaustrag.

Überdauerung in der Umwelt

  • Freie, nicht an Bodenpartikel haftende DNA wurde durch die natürlich vorhandenen DNasen schnell abgebaut. Der jeweilige Bodentyp hatte darauf keinen gravierenden Einfluss.
  • An beiden Standorten - mit und ohne Virenbefall - nahmen während des Beobachtungszeitraums von zehn Tagen sowohl Bakterienzahl, als auch DNase-Aktivität zu; letztere stieg über die gesamte Vegetationsperiode.
  • An Bodenpartikel gebundene DNA kann länger als freie DNA überdauern. Trotz der Anwesenheit der DNA-abbauenden Enzyme in der jeweiligen Bodenprobe kann DNA, nachdem sie aus den Zellen des Pflanzenmaterials ausgetreten ist, längere Zeit intakt bleiben.

Verbreitungswege der transgenen DNA. Unerwartet wurde an einigen Standorten bereits transgene DNA vorgefunden, bevor dort transgene Zuckerrüben wuchsen. Vermutlich wurde die transgene DNA von benachbarten Flächen eingeschleppt, auf denen es im Vorjahr zur Pollenbildung gekommen war. Ohne Rübenfelder mit Pollenbildung in der Nachbarschaft wurde an den Untersuchungsstandorten in keinem Fall transgene DNA entdeckt. Daran änderte sich auch nach der Ernte und am Ende der Winterperiode nichts.

Dagegen waren in vielen Bodenproben von Standorten, an denen in der Nähe Pollenbildung stattgefunden hatte, transgene DNA nachweisbar. Es ist offensichtlich, dass die Ausbreitung transgener DNA vor allem über Pollenflug erfolgt.