Auswirkungen transgener T4-Lysozym-Kartoffeln auf Mikroorganismen im Boden – Schwerpunkt Bakterien und Pilze des Wurzelraums

(1999 – 2002) Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) (seit 2008 Julius Kühn-Institut (JKI)), Institut für Pflanzenvirologie, Mikrobiologie und biologische Sicherheit, Braunschweig

Thema

Beim Anbau und der Lagerung von Kartoffeln verursachen phytopathogene Bakterien erhebliche Ertragsausfälle sowie Schäden an der Kartoffelknolle.

Mittels gentechnischer Methoden konnte eine transgene Kartoffel entwickelt werden, die insbesondere eine Resistenz gegenüber Erwinia carotovora, dem Erreger der Schwarzbeinigkeit und Knollennassfäule zeigt.

Zur Erzeugung der Resistenz wurde aus dem Bakteriophagen T4 das Gen für ein Enzym, welches die Bakterienzellwand auflöst (Lysozym) in das Pflanzengenom übertragen.

Da T4-Lysozym nicht ausschließlich auf phytopathogene Bakterien wirkt, sollen im vorliegenden Projekt die Gemeinschaften der Bakterien und Pilze der Rhizosphäre auf mögliche Beeinflussungen untersucht werden. Das in der transgenen Kartoffel gebildete T4-Lysozym wird in den Apoplasten, den Zellwandraum und Zellzwischenraum, transportiert und ist auch außerhalb der Wurzeln nachweisbar. Es wurden daher zusätzlich zu den Mikroorganismen der Rhizosphäre auch die im interzellulären Raum der Pflanze wachsenden (endophytischen) Pilze betrachtet.

Zusammenfassung

Sowohl die Bakterien- als auch die Pilzgemeinschaften der Rhizosphäre wiesen während der zweijährigen Feldversuche eine hohe Stabilität auf. Effekte des T4-Lysozyms waren nicht festzustellen. Unterschiede innerhalb der Gemeinschaften zeigten sich jedoch in Abhängigkeit vom Entwicklungsstadium der Pflanzen sowie vom Versuchsjahr.

Keine eindeutigen Effekte waren bei endophytischen Pilze festzustellen. Zur Detektion möglicher Auswirkungen des T4-Lysozyms auf Endophyten wurden klassische (Kultivierung der Pilze) und molekulare Methoden (Fingerprinting) unter Nutzung von Klonbibliotheken angewandt.

Versuchsbeschreibung

Im Rahmen von Feldversuchen wurde Boden aus dem direkten Wurzelbereich verschiedener transgener Linien, einer transgenen Kontroll-Linie ohne T4-Lysozym-Gen und der nicht-transgen Linie vergleichend analysiert. Die zweijährigen Feldversuche fanden am Standort Groß Lüsewitz, Rostock, statt.

Analyse der Mikroorganismen-Gemeinschaften der Rhizosphäre

Die Struktur der Mikroorganismen-Gemeinschaft der Rhizosphäre wurde mit Hilfe eines genetischen Fingerabdrucks analysiert. Der molekukulargenetische Ansatz ermöglicht im Gegensatz zu den klassischen Methoden auch die Erfassung nicht kultivierbarer Mikroorganismen. (Klassische Methode: Vor der Bestimmung der Bakterien müssen diese auf Nährmedien vermehrt werden).

Vor der molekularbiologischen Bestimmung der Pilz- bzw. Bakteriengemeinschaften wurden verschiedene DNA-Probenahmetechniken überprüft. So wurde die DNA entweder direkt aus den an den Wurzeln anhaftenden Bodenpartikeln extrahiert oder aber erst nach Herauslösung der Bodenpartikel von den Wurzeln.

Zur Untersuchung der Bakteriengemeinschaften wurden anschließend Gene, die für die 16S rRNA (kleine Untereinheit der bakteriellen Ribosomen) kodieren, mittels spezifischer Primer vermehrt. Über die Verwendung weiterer Bakteriengruppen-spezifischer Primer konnten auch Bakteriengruppen wie Actinomycetales, alpha- und beta-Proteobacteria sowie Pseudomonaden erfasst werden, deren DNA weniger als ein Prozent der Gesamt-DNA ausmachen kann. Die erhaltenen Fragmente wurden anschließend elektrophoretisch in einem Gradienten-Gel (DGGE) aufgetrennt. Die erhaltenen Fingerabdrücke der jeweiligen Proben konnten dann analysiert und verglichen werden.

Zur Untersuchung der Pilzgemeinschaften wurden Gene, die für die 18S rRNA (kleine Untereinheit der pilzlichen Ribosomen) kodieren, mittels spezifischer Primer vermehrt.

Untersuchung der endophytisch wachsenden Pilze

Die endophytischen Pilze wurden zum einen mit klassischen Methoden nach Sterilisation der Wurzeloberflächen (zur Abtötung der Mikroorganismen und Zerstörung der DNA auf der Wurzeloberfläche) und anschließender Kultivierung der Wurzelsegmente isoliert.

Zudem wurden in einem Kultivierungs-unabhängigen Ansatz die DNA der an der Oberfläche sterilisierten Wurzeln extrahiert, mittels pilzspezifischer Primer vermehrt und anschließend molekulargenetisch analysiert.

Ergebnisse

Bakteriengemeinschaft

Es konnte gezeigt werden, dass die Bakteriengemeinschaften der Rhizosphäre eine sehr hohe Stabilität aufwiesen. Unterschiede waren hauptsächlich durch Saison und Jahr bedingt. Linienbedingte Unterschiede, d.h. Unterschiede zwischen verschiedenen transgenen Linien zur nicht-transgenen Ausgangssorte Désirée konnten dagegen nicht nachgewiesen werden. So zeigten auch die Untersuchungen mit Bakteriengruppen-spezifischen Primern für alpha- und beta-Proteobakterien sowie für Pseudomonaden und Aktinobakterien keine linienbedingten Unterschiede.

Pilzgemeinschaften

Im Gegensatz zu den Bakteriengemeinschaften der Rhizosphäre wurde bei den Pilzgemeinschaften über die Prüfvarianten eine etwas höhere Variabilität festgestellt. Diese ist vermutlich auf die Verteilung der Pilze im Habitat zurückzuführen. Auch für die Pilzgemeinschaften konnten saisonal bedinge Schwankungen festgestellt werden. Linienbedingte Veränderungen waren nicht nachweisbar.

Endophytisch wachsende Pilze

Erstmals wurde die Wurzelbesiedlung mit endophytischen Pilzen mittels klassischer und molekularer Methoden vergleichend untersucht. Hier wurde jedoch nur ein Probenahmetermin in 2000 betrachtet und die nicht-transgene Kontrolle Désirée mit einer transgenen stark Lysozym-bildenden Linie verglichen. Für beide Kartoffellinien wurde eine hohe Besiedlungsdichte gefunden. Anhand der klassischen Isolierung konnten erstmals signifikante Unterschiede in der Besiedlung beider Linien mit den Pilzen Verticillium dahliae und Colletotrichum destructans nachgewiesen werden. Letztere zeigten sich auch in den Fingerabdrücken der Wurzeln. Die nach klassischer Methode bestimmte höhere Besiedlung mit Verticillium dahliae konnte jedoch mit den molekularbiologischen Methoden nicht nachgewiesen werden.

Insgesamt zeigte sich, dass gesicherte Ergebnisse zu Auswirkungen neuer Pflanzenlinien auf Bakterien- und Pilzgemeinschaften des Bodens sowohl mehrjähriger Untersuchungen als auch eines kombinierten Einsatzes klassischer und molekularbiologischer Untersuchungsmethoden bedürfen.