„Modell-Freisetzung“ und Monitoring von standortfremden, nicht gentechnisch veränderten Rhizobien

(1990 – 1993) Universität Erlangen-Nürnberg, Institut für Mikrobiologie, Biochemie und Genetik

Thema

Hintergrund: 1987 wurde von der Enquete-Kommission „Chancen und Risiken der Gentechnologie“ des Bundestages vorgeschlagen, über einen Zeitraum von fünf Jahren keine gentechnisch veränderten Bakterien freizusetzen. In dieser Zeit erfolgten „Modell-Freisetzungen“ mit gentechnisch unveränderten, jedoch standortfremden oder seltenen Bodenbakterien (Rhizobium und Bradyrhizobium).

Das Ziel dieses Projektes bestand darin, im Rahmen einer Freisetzung gentechnisch unveränderter Bakterien ein Monitoring für standortfremde Rhizobien im Boden zu entwickeln und zu erproben.

Mit dem Monitoring sollte Fragen zur Überdauerung (Persistenz), Verbreitung und genetischen Stabilität dieser Mikroorganismen nachgegangen werden.

Zusammenfassung

Persistenz. Die freigesetzten standortfremden Bakterien konnten in den untersuchten Böden über mehrere Jahre überdauern, auch ohne ihre jeweiligen Wirtspflanzen.

Verbreitung. Über mehrere Jahre hinweg konnte an beiden Standorten eine nur geringe Verbreitung der freigesetzten Rhizobien beobachtet werden. Eine Beteiligung der freigesetzten Stämme an einem horizontalen Gentransfer war nicht nachweisbar.

Genetische Stabilität. Es gab keine Hinweise auf eine genetische Instabilität der freigesetzten Stämme.

Aus den Erfahrungen in diesem Projekt wurde die Empfehlung abgeleitet, dass Sicherheitsforschung mit gentechnisch unveränderten Bakterienstämmen sinnvoll sein kann, um Erkenntnisse über mögliche Umweltauswirkungen zu gewinnen.

Versuchsbeschreibung

Mit beimpftem Saatgut wurden zwei gentechnisch unveränderte Rhizobienstämme an zwei Standorten freigesetzt.

An dem einen Standort wurde 1988 und 1989 – also vor Beginn des Projektes im Februar 1990 – ein standortfremder Stamm (Bradyrhizobium japonicum) freigesetzt, der an Sojapflanzen Wurzelknöllchen ausbildet (= noduliert).

An dem anderen Standort wurde 1991 ein Erbsen nodulierender Stamm (Rhizobium leguminosarum) freigesetzt. Drei Jahre vorher (1989, 1990 und 1991) wurde die am Standort bereits vorhandene R. leguminosarum-Population beobachtet, um einen möglichen Einfluss durch die spätere Freisetzung erkennen zu können.

Für das Monitoring wurden die Stämme zuvor isoliert: zum einen aus den Wurzelknöllchen der Wirtspflanzen, zum anderen aus dem Feld. Dazu wurden unbeimpfte Soja- bzw. Erbsenpflanzen als Sonden in Bodenproben gepflanzt und die Stämme aus den entstehenden Wurzelknöllchen isoliert.

Zur Identifizierung und Eingruppierung der isolierten Stämme wurden verschiedene Methoden (AP-PCR-, ERIC-PCR- und RFLP-Fingerprinting) angewendet.

Ergebnisse

Freisetzung des Bradyrhizobium japonicum-Stammes

Monitoring: Zunächst unerwartet wurden zwei unterschiedliche B. japonicum-Stämme nachgewiesen. Tatsächlich war das bekannte Impfpräparat nur 1989 eingesetzt worden. Mit der Monitoringmethode konnte eindeutig nachgewiesen werden, dass 1988 unwissentlich andere B. japonicum-Impfbakterien ausgebracht worden waren.

Persistenz: Die beiden B. japonicum-Stämme persistieren – auch in Abwesenheit ihrer spezifischen Wirtspflanze – seit 1988/1989 im Boden des Freisetzungsstandortes. Das Überdauern dieser Bakterien lässt sich damit erklären, dass sie auch bei Nicht-Wirtspflanzen nahe der Wurzeloberfläche (Rhizosphäre) gut wachsen.

Verbreitung: Auf unbeimpften Nachbarfeldern konnten keine B. japonicum-Stämme nachgewiesen werden. In einem Fall kam es jedoch – vermutlich bei der Feldbearbeitung (z.B. durch Pflügen) – zu einer Einschleppung von B. japonicum. Ein am Komposthaufen nahe der beimpften Parzelle nachgewiesener B. japonicum Stamm wurde möglicherweise zusammen mit Pflanzenresten dorthin verschleppt.

Genetische Stabilität: In den Isolaten wurden keine importierten Plasmide der endogenen Bakterienpopulation gefunden. Die Analysen ergaben weder einen Hinweis auf horizontalen Gentransfer noch auf eine genetische Instabilität der beiden freigesetzten Stämme.

Im Gegensatz zu den am Standort vorhandenen waren die freigesetzten B. japonicum-Stämme plasmid-frei.

Freisetzung des Rhizobium leguminosarum-Stammes

Monitoring: Alle 72 vor der Freisetzung aus dem Boden isolierten endogenen R. leguminosarum-Stämme unterschieden sich eindeutig in ihrem Fingerprintmuster (RFLP) von dem freigesetzten Stamm. Direkt nach der Freisetzung waren alle 50 Isolate erwartungsgemäß identisch mit dem Impfstamm. Dagegen unterschieden sich die außerhalb der Beimpfungsparzelle isolierten und stichprobenartig überprüften Isolate vom Impfstamm.

Persistenz: 1992 waren 40 Prozent der isolierten Stämme identisch mit dem Impfstamm. 1993 sank dieser Anteil auf acht Prozent ab.

Verbreitung: In einer Entfernung von zehn Zentimetern zur beimpften Parzelle waren 1992 nur sechs Prozent der Isolate identisch mit dem Impfstamm, 1993 fünf Prozent. 20 Zentimeter von der beimpften Parzelle entfernt erwies sich 1992 keiner der isolierten Stämme als identisch mit dem Impfstamm, 1993 entsprach einer von 96 Isolaten dem Impfstamm.

Genetische Stabilität: Es gab keine Hinweise auf eine genetische Instabilität des freigesetzten Stammes.