Ausbreitung und Überdauerung von transgenem Raps in der landwirtschaftlichen Umwelt

(2000 – 2006) Technische Universität München, Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung, Freising – Weihenstephan

Thema

Im Rahmen eines dreijährigen Freisetzungsversuchs wurden Ausbreitung und Überdauerung von transgenem, herbizidresistentem Raps unter landwirtschaftlichen Praxisbedingungen untersucht.

Im Hinblick auf ein zu entwickelndes Monitoring transgener Pflanzen wurde folgenden Fragestellungen nachgegangen:

  • Wie stark ist die Ausbreitung des transgenen Rapspollens?
  • Wie hoch ist die Auskreuzung aus Parzellen mit 100, 1 und 0,1 Prozent Transgen-Anteilen in nicht-transgene Raps- und Sommerrübsenparzellen?
  • Wie lange überdauert bei der Ernte ausfallender transgener Rapssamen in der landwirtschaftlichen Umwelt?

Zusammenfassung

Die Ergebnisse zeigen, dass eine gewisse Auskreuzung von transgenem Raps in benachbarte Rapsbestände zwar unvermeidbar ist, der gesetzliche Schwellenwert von 0,9 Prozent jedoch selbst in unmittelbar benachbarten Feldern auch ohne Abstandsregelungen eingehalten werden kann. Maßnahmen der üblichen „guten landwirtschaftlichen Praxis“ wie flache Bodenbearbeitung reduzierte die Überdauerung von transgenem Raps deutlich. Daher wird die Koexistenz verschiedener Formen von Landwirtschaft mit und ohne Gentechnik bei Raps als möglich angesehen.

Flache Bodenbearbeitung, standortübliche Fruchtfolge und Herbizideinsatz sind ausreichend zur Kontrolle des Durchwuchsrapses. Es wurde jedoch nachgewiesen, dass sich transgener Raps ohne Bekämpfung in einem simulierten Brachstreifen in der landwirtschaftlichen Umwelt behauptet.

Versuchsbeschreibung

Es wurde ein dreijähriger Freisetzungsversuch mit transgenem Raps (Falcon GS40/90; pat-Gen) durchgeführt. In Parzellen von je sechs mal sechs Metern wurde 100, 1 und 0,1 Prozent transgener Raps angebaut. Diese Parzellen waren jeweils von acht Parzellen mit isogenem Raps umgeben (Gesamtfläche ca. drei Hektar). Die Parzellen mit 1 und 0,1 Prozent GVO-Anteil sollten Verunreinigungen mit transgenem Saatgut simulieren. In den Folgejahren wurden als übliche Fruchtfolge Winterweizen und Wintergerste auf den Parzellen angebaut. Ein Teil der Parzellen wurde auch mit Sommerrübsen bestellt bzw. stillgelegt. Der Feldversuch wurd ein drei Wiederholungen angelegt.

Stationäre Objektträger-Pollenfalle

Mobile Düsensporenfalle

Pollenverbreitung

Ausbreitung durch Pollenflug wurde während der Blüte im Abstand von 0, 50, 100, 150, 200 und 250 Metern sowie in ein, zwei, drei und vier Metern Höhe des Versuchsfeldes ermittelt. Als stationäre Pollenfallen dienten mit Vaseline bestrichene Objektträger. Zusätzlich wurde eine mobile Pollenfalle (s. Abb.) eingesetzt.

Überdauerung

Der Eintrag transgener Rapssamen in den Boden wurde anhand der Anzahl der Samen ermittelt, die bei der Ernte auf den Boden fielen. Anschließend wurde das Feld zweimal gegrubbert (der Boden wird aufgelockert, aber nicht gewendet), um die Rapssamen zur Keimung anzuregen. Durch die anschließende Saatbettbereitung und Aussaat der Folgekultur Winterweizen wurde ebenfalls noch ein Teil der Samen zum Auflaufen angeregt. Die noch im Boden verbliebenen Samen wurden bis zu einer Tiefe von 30 Zentimetern ermittelt.

Auskreuzung in nicht-transgenen Raps und in Sommerrübsen

Mittels Keimtest wurde an 630000 Samen die Auskreuzung aus den benachbarten, transgenen Parzellen bestimmt. Die gefundenen transgenen Nachkommen wurden mit PCR auf das Vorhandensein des Transgens überprüft.

Um die Auskreuzung von transgenem Raps in nicht-transgene Rapsbestände zu bestimmen, wurden Fangparzellen (sechs mal sechs Meter) mit nicht-transgenem Raps direkt benachbart zu den Parzellen mit transgenem Raps angelegt.

Die Auskreuzung in Sommerrübsen als kreuzbare Kulturpflanze wurde sowohl in benachbarten Sommerrübsenparzellen als auch mit Fangpflanzen im Topf neben den transgenen Parzellen (100 Prozent GVO) untersucht.

Ergebnisse

Pollenverteilung absolut

Pollenverteilung in Prozent

Pollenverteilung in verschiedenen Entfernungen

Die Pollenzahlen (oben) und ihr relativer Anteil (unten) während der gesamten Blühdauer des Rapses sind über alle drei Versuchsjahre in der Hauptwindrichtung mit zunehmender Entfernung zum Versuchsfeld aufsummiert. In 2002 wurde die Pollenzahl in 200 m und 250 m nicht ermittelt.

Auskreuzungsfrequenzen

Durchschnittliche Auskreuzungsfrequenzen in Distanz von den 100% transgenen Parzellen. Die Standardabweichung ist durch Balken dargestellt.

Pollenverbreitung

Mit zunehmender Entfernung nahm die Pollenzahl deutlich ab und erreichte zwischen 150 und 250 Metern ca. vier Prozent (s. Abb.).

In die Höhe war die Pollenverteilung – vermutlich durch den Einfluss von Verwirbelungseffekten – sehr uneinheitlich.

Die Dauer der Blüte mit 20, 14 bzw. 29 Tagen (2002-2004) sowie die Anzahl freigesetzter Pollen wies erhebliche Jahrgangsunterschiede auf, wobei der Hauptpollenflug immer auf wenige Tage beschränkt war (sechs, vier bzw. fünf Tage).

Überdauerung

Bei der Ernte fielen im Durchschnitt 10000 Körner pro Quadratmeter auf den Boden. Nach der Bodenbearbeitung (zweimaliges Grubbern) war der Anteil des Samens im Boden um über 99 Prozent reduziert. Bereits zwei Jahre nach der Ernte konnten keine keimfähigen Samen mehr gefunden werden. In den Folgekulturen Winterweizen und Wintergerste wurden im Jahr 2003 insgesamt 125 Durchwuchsrapspflanzen gezählt, wovon sich vier bei der Untersuchung mit PCR als transgen herausstellten. Im Jahr 2004 wurden lediglich vier Durchwuchsrapspflanzen gefunden, wovon keine transgen war.

Ausfallraps in Brachstreifen nahm von 2002 bis 2004 zu, allerdings ging der Transgen-Anteil zurück.

Auskreuzung in nicht-transgenen Raps und in Sommerrübsen

Auskreuzung in nicht-transgenen Raps. Bei benachbartem Anbau von 100 Prozent gv-Raps wurde über alle drei Jahre eine durchschnittliche Auskreuzung von 0,28 Prozent gefunden (drei Meter 0,7 Prozent; elf Meter weniger als 0,2 Prozent). Die simulierten Transgen-Verunreinigungen mit 1 und 0,1 Prozent führten nur zu Auskreuzungen im Promillebereich (0,01 und 0,008 Prozent), d.h., dass der Schwellenwert von 0,9 Prozent auch direkt benachbart zum gv-Raps – unter den gewählten Bodenbearbeitungsmethoden – eingehalten werden konnte.

Die Verteilung der Auskreuzungsereignisse war unabhängig von der Windrichtung und punktuell, was auf den bedeutenden Einfluss der Blüten besuchenden Insekten hinweist.

Auskreuzung auf verwandte Arten. Es wurden je 20000 Samen Winterrübsen und Sommerrübsen getestet. Mit Winterrübsen wurden keine Rapshybride gefunden. Mit Sommerrübsen wurden im ersten Anbaujahr 40 Hybride (= 0,19 Prozent Auskreuzung) nachgewiesen.

Mit getopften Fangpflanzen wurde in Sommerrübsen bis zu sieben Prozent Auskreuzung wegen des fehlenden eigenen Pollendrucks gefunden. Die Hybride zeigten deutlich erkennbare Unterschiede zu Raps.

Hybridisierungen zwischen transgenem Raps und den Wildpflanzen Hederich und Hirtentäschel wurden nicht beobachtet.

Weiterer Projektverlauf

Nach einer kompletten Fruchtfolge (drei Jahre) wurde der Anbau von transgenem Raps eingestellt und die Fruchtfolge in den Jahren 2005 und 2006 unter Verwendung von konventionellem Raps fortgeführt. Hier soll bei einer Umstellung der Rapsqualität die Verunreinigung des konventionellen Rapses durch transgenen Durchwuchsraps untersucht werden. Auch die Untersuchungen des Durchwuchsrapses in Winterweizen und Wintergerste werden in diesem Zeitraum noch fortgeführt.