Rückverfolgbarkeit von gentechnisch veränderten Rapssorten in der Umwelt

(2003 – 2006) Technische Universität München, Lehrstuhl für Pflanzenzüchtung, Freising – Weihenstephan

Thema

Die Rückverfolgbarkeit von gentechnisch veränderten Pflanzen (GVP) wird in Zukunft eine wichtige Rolle in der Qualitätskontrolle und Überwachung pflanzlicher Primär- und Verarbeitungsprodukte spielen. Denn bei einer zunehmenden Anzahl von GVP sind die gleichen gentechnisch eingeführten DNA-Konstrukte in unterschiedlichen Pflanzensorten zu erwarten. Bei der Kulturpflanze Raps ist aufgrund der hohen Fremdbefruchtungsrate zudem mit einer Übertragung transgener DNA-Sequenzen auf konventionelle Sorten zu rechnen.

Um im Falle unerwünschter GVO-Beimischungen sowohl im Erntegut als auch in Verarbeitungsprodukten den Verursacher identifizieren zu können, gewinnt neben dem Nachweis der transgenen DNA-Sequenzen die Differenzierung des Rapssortenspektrums zunehmend an Bedeutung. Im Rahmen dieses Projektes werden molekularbiologische Verfahren entwickelt, die eine schnelle und kostengünstige Genotypisierung von gv-Rapslinien erlauben. Die erhobenen Daten werden in einer Fingerprint-Datenbank zusammengeführt, die den bayerischen Überwachungslabors zur Verfügung gestellt werden soll.

Versuchsbeschreibung

Die Identifizierung von gv-Rapssorten und ihrer Kreuzungsnachkommen erfolgt mit Hilfe von DNA-basierten Nachweismethoden. DNA-Methoden haben gegenüber konventionellen Methoden den Vorteil, dass sie eine Rückverfolgung der gv-Sorte in allen Pflanzenstadien und in pflanzlichen Verarbeitungsprodukten erlauben. Geringste Mengen von Mischproben, wie sie in der Lebens- und Futtermittelindustrie vorkommen, können analysiert werden. Die Identifizierung von gv-Rapssorten basiert zum einen auf dem Nachweis des eingeführten DNA-Konstruktes, das der Pflanze die transgene Eigenschaft verleiht, und zum anderen auf der Bestimmung der Rapssorte mit Hilfe von molekularen DNA-Markern. Für einen hohen Probendurchsatz mit geringem Kostenaufwand werden miniaturisierte DNA-Mikrochips entwickelt, die das gesamte deutsche Rapssortenspektrum abdecken.

Nachweis des transgenen DNA-Konstruktes

Die DNA-Sequenzen der aktuell zur Transformation von Rapssorten verwendeten DNA-Konstrukte können öffentlichen Datenbanken entnommen werden. Auf Grundlage dieser Sequenzen sollen PCR-Methoden (Polymerase Kettenreaktion) zum DNA-Nachweis entwickelt werden. Das PCR-Verfahren basiert auf einer Vermehrung der gesuchten DNA-Sequenz mit Hilfe des DNA-Polymerase-Enzyms. Während der enzymatischen PCR-Reaktion wird ausschließlich die Ziel-DNA exponentiell vermehrt, womit in Mischproben auch sehr geringe GVO-Anteile (<0,1%) nachgewiesen werden können.

Bestimmung der Rapssorte mit Hilfe von Mikrosatelliten

Mikrosatelliten sind DNA-Fragmente, in denen eine kurze DNA-Sequenz einige Male wiederholt wird. Die Anzahl dieser Wiederholungen kann sich zwischen den Individuen einer Spezies unterscheiden. Bei der Vererbung wird das spezifische Mikrosatelliten-Muster an die Nachkommen weiter gegeben. Aus diesem Grund werden Mikrosatelliten seit langem als DNA-Marker etwa für Vaterschaftstests verwendet. In der Pflanzengenetik werden Mikrosatelliten aufgrund ihres hohen Informationsgehaltes bevorzugt zur Genotypisierung eingesetzt. Für Raps sind mittlerweile zahlreiche Mikrosatelliten-Marker in öffentlichen Datenbanken verfügbar. Innerhalb dieses Projektes soll das aktuelle deutsche Rapssortenspektrum mit den informativsten Mikrosatelliten-Markern charakterisiert werden.

Bestimmung der Rapssorte mit Hilfe von DNA-Punktmutationen

Eine Mutation, die zu einem einzigen Nukleotidaustausch in der DNA-Sequenz eines Organismus führt, wird als Punktmutation oder „Single Nucleotide Polymorphism“ (SNP) bezeichnet. Da insgesamt vier Nukleotide existieren, gibt es vier mögliche Ausprägungen eines SNP. SNP-Marker besitzen damit gegenüber anderen DNA-Markern eine hohe Polymorphie. Wegen ihrer Häufigkeit im Genom werden SNP-Marker in der Humangenetik seit einiger Zeit verwendet. Innerhalb dieses Projektes sollen SNP-Marker im Rapsgenom identifiziert werden. Dazu werden DNA-Sequenzen für Rapsgene aus Internet-Datenbanken bezogen und durch Sequenzanalysen auf das Vorhandensein von SNP untersucht. die Identifizierung von SNP innerhalb des komplexen Genoms von Raps (zusammengesetzt aus den Genomen von Rübsen und Gemüsekohl) ist schwierig , da durch die Vereinigung der beiden Genome ähnliche Sequenzen mehrfach im Genom vorhanden sind.

Erstellung eines DNA-Mikrochips zur Rückverfolgung von gv-Rapssorten

Auf dem DNA-Mikrochip soll parallel zur Identifizierung der Rapssorten auch der Nachweis von transgenen Sequenzen erfolgen. Diese Miniaturisierung erlaubt einen hohen Probendurchsatz mit geringem Material- und Arbeitsaufwand. Auf der Oberfläche des DNA-Chips werden kurze, einzelsträngige DNA-Sequenzen (Oligonukleotide) immobilisiert. Diese Sequenzen fischen die Ziel-DNA aus der Probe, womit die enzymatische Vermehrung der Ziel-DNA durch die Polymerase Kettenreaktion beginnen kann. Die bei der DNA-Vermehrung als Bausteine verwendeten Nukleotide sind mit unterschiedlichen Fluoreszenzfarbstoffen markiert. Mit einem Vier-Farben-Chipreader kann die Fluoreszenzmarkierung des Nukleotids, das an der SNP-Stelle eingebaut wurde, detektiert werden.

Aufbau einer Datenbank

Nach Erhebung der Markerdaten soll in Kombination mit den konstruktspezifischen Eigenschaften von gv-Rapssorten eine Fingerprint-Datenbank erstellt werden. Detaillierte Informationen über die Zusammensetzung der transgenen Konstrukte (regulatorische Sequenzen, Struktur- und Selektionsgene) erlauben eine schnelle Identifizierung von gv-Rapssorten und eine exakte Rückverfolgung von unbeabsichtigten Kreuzungsereignissen bzw. Sortenmischungen. Die Datenbank wird den bayerischen Überwachungslabors für eine exakte und kostengünstige Rückverfolgung von transgenem Raps und dessen Verarbeitungsprodukten zur Verfügung gestellt.

Ergebnisse

Nachweis des transgenen DNA-Konstruktes

Der Nachweis transgener Sequenzen wurde bereits als DNA-Mikrochip etabliert. Neben dem spezifischen Nachweis der Pflanzenart (Mais, Soja, Raps) können mit Hilfe des Biochips auch verschiedene, häufig verwendete Transgene wie pat, bar, epsps, nptII etc. detektiert werden.

Bestimmung der Rapssorte mit Hilfe von Mikrosatelliten

Aus der wissenschaftlichen Literatur wurden 16 Mikrosatelliten ausgewählt, die zur Bestimmung von Rapssorten geeignet erschienen. Neun dieser Mikrosatelliten reichten für eine hundertprozentige Differenzierung des Rapssortiments aus. Zur Sicherheit wurden sieben weitere Mikrosatelliten analysiert.

Bestimmung der Rapssorte mit Hilfe von DNA-Punktmutationen.

Bisher wurden 140 DNA-Fragmente (ca. 73 kb) aus Raps hinsichtlich sortenspezifischer Punktmutationen untersucht. 51 dieser Sequenzen erwiesen sich als genomspezifisch. Die übrigen Sequenzen wurden nicht weiter verfolgt. Die genomspezifischen DNA-Fragmente wurden anschließend auf das Vorhandensein von Punktmutationen untersucht. In 16 Fragmenten konnten Punktmutationen nachgewiesen werden. In diesen DNA-Fragmenten wurden Art, Lage und Anzahl der Punktmutationen mittels Sequenzanalyse genau bestimmt. Aus diesen DNA-Fragmenten konnten bis jetzt insgesamt 19 SNP-Marker aufgedeckt werden, die für eine Differenzierung von Raps-Sorten geeignet sind. Mit diesen 19 SNP-Markern ist eine Unterscheidung von 61 konventionellen deutschen Rapssorten möglich.

Rückverfolgung von gv-Rapssorten

Mit den 19 SNP-Markern ist gleichzeitig auch die Rückverfolgung von vier transgenen Rapslinien möglich.

Erstellung eines DNA-Mikrochips zur Rückverfolgung von gv-Rapssorten

Aufbauend auf den Daten aus der Sequenzanalyse der SNP-Marker soll im Folgenden ein DNA-Mikrochip etabliert werden, der auch die Rückverfolgung von gv-Rapssorten erlaubt.