100 Antworten sollen die Welternährung sichern

07.02.2011 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Zur Sicherung der Welternährung in 2050 müssen noch viele Fragen beantwortet werden. (Quelle: © iStockphoto.com/ IvanMikhaylov)

Zur Sicherung der Welternährung in 2050 müssen noch viele Fragen beantwortet werden. (Quelle: © iStockphoto.com/ IvanMikhaylov)

2050 muss die Erde neun Milliarden Menschen ernähren. Forscher haben herausgestellt, welche Probleme bis dahin gelöst werden müssen.

Um 70 bis 100 Prozent muss die globale Nahrungsproduktion steigen, um in 40 Jahren die Menschheit ausreichend zu versorgen – und das, ohne dass die Preise zu sehr steigen. Dabei geht es nicht nur darum, die Produktivität zu steigern. Pflanzenforscher müssen Ernährungsgewohnheit ebenso berücksichtigen wie Herausforderungen durch Klimawandel und Wasserknappheit. 55 Experten haben dazu 618 Schlüsselfragen zusammengestellt und daraus die wichtigsten 100 herausgesucht. Sie verteilen sich auf 14 Themenfelder:

  • Klima, Wasserressourcen, aquatische Ökosysteme

Der Klimawandel bedeutet steigende Temperaturen und veränderte Niederschlagsmuster. Wie verändert das Ernten, Krankheiten und Bewässerung? Wie lässt sich das verfügbare Wasser effizienter nutzen? Wie können Umweltschäden durch Aquafarmen minimiert werden?

  • Bodennährstoffe, Erosion, Düngemittel

Die Versorgung der Pflanze mit Nährstoffen einerseits, aber auch der Erhalt der Fruchtbarkeit des Bodens andererseits sind zentrale Voraussetzungen für eine erfolgreiche Landwirtschaft. Wie lassen sich Bodenorganismen effektiv nutzen? Wie vermeidet man die Versalzung der Böden? Wie viele Phosphatvorräte hat die Erde noch – und wie lange reichen sie?

  • Biodiversität, Leistungen der Ökosysteme, Arterhaltung

Die Landwirtschaft ist wesentlich für einen Rückgang der Arten verantwortlich, speziell auf den Nutzflächen. Dabei profitiert die Pflanzenzüchtung selbst von der natürlichen Vielfalt. Wie sieht die Beziehung zwischen Produktivität und Artenvielfalt genau aus? Welche Umweltfolgen haben trockenresistente Pflanzen? Wo hätte die Wiederherstellung natürlicher Habitate den größten Nutzen?

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Die Landwirtschaft verbraucht große Mengen Energie und setzt massiv Treibhausgase frei.

Die Landwirtschaft verbraucht große Mengen Energie und setzt massiv Treibhausgase frei.

Bildquelle: © iStockphoto.com/Tomasz Szymanski

  • Energie, Klimawandel, Widerstandsfähigkeit

Die Landwirtschaft verbraucht große Mengen Energie und setzt massiv Treibhausgase frei. Wie lässt sich die Nahrungsproduktion erhöhen ohne gleichzeitig mehr Treibhausgase zu erzeugen? Wie werden die in Folge des Klimawandels zu erwartenden Flüchtlingsströme die landwirtschaftlichen Systeme beeinflussen? Welche Mischung aus Züchtungsforschung, neuen Technologien, etablierten Sorten und moderner Anbaupraxis ist am widerstandsfähigsten gegen den weiteren Klimawandel?

  • Systeme und Techniken zur Getreideherstellung

Ökologische und biotechnologische Ansätze in der Forschung haben sich voneinander separiert, über die Koexistenz herrschen unterschiedliche Meinungen. Benötigt wird hingegen ein nachhaltiger Ansatz über die verschiedenen Systeme hinweg. Welche Vor- und Nachteile haben ökologische und biotechnologische Landwirtschaft? Sind Systeme möglich, die weitgehend ohne Zugabe von Stickstoff, Phosphor und Kalium auskommen? Lohnt es sich, verödete Böden zurückzugewinnen?

  • Genetische Verbesserung des Getreides

Während die Möglichkeiten der Pflanzenzüchtung mancherorts bereits an biophysikalische Grenzen stoßen, sind einige Getreide und Weltregionen von den Fortschritten der letzten Jahrzehnte bisher weitgehend ausgenommen. Wie viel effizienter könnten stressresistente Pflanzen vorhandene Ressourcen nutzen? Wie unterscheiden sich die genetischen Ansätze zur Stressresistenz in ihrer Effizienz? Wie lassen die Mikronährstoffe in den Pflanzen steigern?

  • Schädlings- und Krankheitskontrolle

Das integrierte Schädlingsmanagement hat seit seiner Entstehung große Verbesserungen bewirkt. Wie kann man es noch weiter entwickeln? Wie sollte zwischen Schädlingen, Krankheiten und Unkräutern gewichtet werden? Welche Einflüsse des Klimawandels auf die Problematik sind belegt?

  • Viehzucht

Viehzucht ist die Lebensgrundlage für eine Milliarde Menschen, aber auch eine der größten Quellen an Treibhausgasen. Welche maßgeschneiderten Lösungen gibt es für die zum Teil sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen? Und wie könnte die Fischzucht den Konflikt entschärfen?

  • Soziales Kapital, Geschlechterrolle, Ausbreitung

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen tragen zum Erfolg oder Misserfolg der Landwirtschaft bei. Dazu zählt auch die unterschiedliche Beteiligung der Frau und die Einbindung von Landwirten in die Entwicklung neuer Sorten und Technologien. Welche Finanzierungshilfen nutzen Landwirten am meisten? Wie funktioniert gesellschaftliches Voneinanderlernen am besten? Welche Rolle können Mobilkommunikation und internetbasierte Anwendungen dabei spielen?

  • Entwicklung und Existenzen

Der Wandel zu einem Industrieland bedeutet oft den weitgehenden Rückzug aus der Landwirtschaft. Viele Menschen verlieren so die Existenzgrundlage, und auch der Nahrungssicherheit schadet es. Wie lässt sich die Boden- und Wasserproduktivität steigern und so Armut verringern? Welche Kompromisse sind für eine Gesellschaft notwendig, deren Bevölkerung vor allem ländlich lebt?

  • Regierung, Investitionen, Macht und Politik

Die globale Landwirtschaft ist mit vielen politischen und wirtschaftlichen Faktoren verknüpft. Wie wird es sich auf ärmere Länder auswirken, wenn wachsende Schwellenländer vermehrt landwirtschaftliche Produkte aufkaufen? Wie hilfreich sind die unterschiedlichen Formen der Entwicklungshilfe? Wann ist es besser, kleine Betriebe zu fördern, wann sollte man besser auf große, automatisierte Betriebe setzen?

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Die meisten Lebensmittel werden in Supermärkten gekauft.

Die meisten Lebensmittel werden in Supermärkten gekauft.

Bildquelle: © iStockphoto.com/ CandyBox Images

  • Lebensmittelproduktionsketten

Supermärkte haben den größten Anteil am Endverkauf von Lebensmitteln – und wollen das ganze Jahre feste Renditen daraus einfahren. Gleichzeitig spielen soziale und ökologische Faktoren verstärkt eine Rolle. Wie könnte ein nachhaltiger Lebensmittelstandard aussehen – und erfolgreich kommuniziert werden? Welchen Vorteil bieten lokale Produktionssysteme? Wie kann die Produktionskette unanfälliger gegen Störungen gemacht werden?

  • Preise, Märkte, Handel

Viele Ländern hängen heute von Lebensmittelimporten ab. Wie kann armen Ländern ein sicherer Zugang zum Markt gewährleistet werden? Wie lassen sich  Marktschwankungen puffern? Letztes Jahr erreichten die Nahrungsmittelpreise einen neuen Höchstwert, melde die Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen unlängst.

  • Konsummuster und Gesundheit

Die tägliche Kalorienaufnahme hat sich in den letzten Jahrzehnten um ein Viertel erhört, der Fleischverzehr mehr als verdoppelt – und liegt damit längst noch nicht auf dem Niveau vieler Industrieländer. Welche Informationen benötigen Verbraucher für qualifizierte Kaufentscheidungen? Wie lässt sich eine gesunde Ernährungsweise fördern?

Einen ersten Schritt zur Beantwortung all dieser Fragen haben die Forschungseinrichtungen INRA und CIRAD mit der Agrimonde-Studie unternommen. Sie entwarfen zwei Szenarien, um zu prüfen, ob es überhaupt möglich sein wird, 2050 neun Milliarden Menschen zu ernähren.

Das Fazit der Forscher: Machen wir weiter wie bisher, gelingt uns das – aber auf Kosten der Umwelt. Doch auch das nachhaltige Szenario kann die Welt ernähren – aber nur, wenn wir von einigen Gewohnheiten der Industrieländer abrücken.