Acht auf einen Streich

Mit Gene-stacking zu violettem Reis voller Anthocyane

06.07.2017 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Der Purpurreis der Forscher ähnelt dem dunkelvioletten Langkornreis auf dem Bild, wobei die Körner etwas kleiner und runder sind. (Bildquelle: © cepris/Pixabay/CC0)

Der Purpurreis der Forscher ähnelt dem dunkelvioletten Langkornreis auf dem Bild, wobei die Körner etwas kleiner und runder sind. (Bildquelle: © cepris/Pixabay/CC0)

Wissenschaftler haben mithilfe von Gene-Stacking Reiskörner mit hohem Gehalt an Anthocyanen erzeugt. Indem sie acht Gene gleichzeitig in die Reiszelle einschleusten, konnten sie den Stoffwechsel der Pflanzen zur Produktion dieser sekundären Pflanzenstoffe anregen. Ihr Vektor-System lässt sich einfach umbauen – und somit auch für andere Anwendungen nutzen.

Reis (Oryza sativa) ist ein wichtiges Grundnahrungsmittel. Die Körner der bekanntesten und beliebtesten Varianten, der langkörnige Indica-Reis und der rundkörnige Japonica-Reis, sind in geschältem Zustand schneeweiß. Sie enthalten viele Kohlenhydrate, aber nur wenige Vitamine oder sekundäre Pflanzenstoffe wie zum Beispiel Anthocyane.

Wissenschaftlern ist es jetzt gelungen, Reispflanzen zu züchten, die große Mengen Anthocyane im Endosperm produzieren – und daher violette Reiskörner ausbilden. Sie schleusten dazu acht Gene in Reispflanzen ein: zwei Regulatorgene aus Mais (Zea mays) und sechs Strukturgene aus Buntnesseln (Solenostemon scutellarioides).

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Blaue, violette oder rote Früchte wie Heidelbeeren, Brombeeren oder Himbeeren enthalten besonders viele Anthocyane.

Blaue, violette oder rote Früchte wie Heidelbeeren, Brombeeren oder Himbeeren enthalten besonders viele Anthocyane.

Bildquelle: © PublicDomainPictures/Pixabay/CC0

Purpurne Körner voller Anthocyane

Die Größe der Pflanzen, die Anzahl der Schösslinge sowie die Anzahl der Samen glich denen von Wildtyp-Pflanzen. Das Gewicht der violetten Reiskörner war hingegen um ein Viertel niedriger als das Gewicht der weißen Körner.Dafür enthielten die purpurnen Körner große Mengen der Anthocyane Cyanidin-3-O-glucosid (C3G) und Peonidin-3-O-glucosid (P3G). Dies sind die gleichen Anthocyane, die auch im Perikarp der schwarzen Reissorte BGR1 vorkommen. Der große Unterschied ist jedoch: Schält man den schwarzen Reis, gehen die Anthocyane verloren. Der violette Reis hingegen reichert die Anthocyane im Endosperm an, nicht in der Schale.

Schutz vor Dickdarmkrebs

Anthocyane sind wasserlösliche Pflanzenfarbstoffe und gehören zur Gruppe der Flavonoide. Ihnen werden immer wieder zahlreiche gesundheitsfördernde Eigenschaften zugewiesen. Allerdings basieren die meisten Aussagen auf Studien in Zellkulturen oder Tieren. Die Datenlage zur Wirkung von sekundären Pflanzenstoffen beim Menschen ist bisher gering und lässt nur selten Rückschlüsse auf die spezifische Wirkung einer bestimmten Substanz zu.

Tatsächlich scheinen Anthocyane sich positiv auf das Herz-Kreislauf-System auszuwirken und das Risiko für Dickdarmkrebs zu verringern. Bei Brustkrebs hingegen konnten bisher keine schützenden Effekte festgestellt werden.

Alte Idee, neue Farbe

Die Idee, das Grundnahrungsmittel Reis mit ernährungsphysiologisch wichtigen Stoffen anzureichern, ist an sich nicht neu. Bekanntestes Beispiel ist der "Goldene Reis", dessen sattgelbe Körner besonders viel Provitamin A enthalten.Hierfür mussten die Wissenschaftler lediglich zwei Gene in die Reispflanze einbauen, um die bereits im Reis vorhandenen Stoffwechselwege zur Synthese für Provitamin A zu aktivieren.

Ein Vektor mit acht Genen

Im Fall von Anthocyan ist es viel komplizierter. Bisherige Versuche, die Anthocyan-Produktion in Reiskörnern mit Hilfe gentechnischer Methoden anzukurbeln, waren deshalb gescheitert. Ein Grund dafür ist, dass bisherige Transformationssysteme nur die Kombination von bis zu vier verschiedenen Genen in einem Vektor zuließen. 

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Wenn die Bäume im Herbst kein grünes Chlorophyll mehr produzieren, dann leuchten die Blätter dank des sekundären Pflanzenstoffes Anthocyan in bunten Farben. 

Wenn die Bäume im Herbst kein grünes Chlorophyll mehr produzieren, dann leuchten die Blätter dank des sekundären Pflanzenstoffes Anthocyan in bunten Farben. 

Bildquelle: © Valiunic/Pixabay/CC0

In der aktuellen Studie schafften es die Forscher hingegen, alle acht Gene in einem einzigen Vektor zu vereinen. Wissenschaftler sprechen von Gene-Stacking, auf Deutsch etwa Gen-Stapeln. Die Autoren der Studie tauften ihr neues, effizientes System „TransGene Stacking II“ (TGII). Damit können Pflanzen produziert werden, die alle für die Anthocyanin-Herstellung benötigten Gene enthalten, aber frei von Markergenen sind.

Auch der Anbau hat Einfluss

Wer schon heute anthocyanhaltigen Reis essen will, der kann auf roten oder schwarzen Reis zurückgreifen. Wem generell etwas an seiner Gesundheit liegt, der greift auch bei weißen Sorten am besten zu ungeschältem Vollkornreis. Denn in der Schale stecken auch noch eine Menge Ballaststoffe, Vitamine, Magnesium, Calcium und Eisen.Wie viele gute Stoffe ein Nahrungsmittel enthält, das hängt jedoch nicht allein von der genetischen Ausstattung der Pflanze ab. Auch das Wetter und die Anbaumethode spielen eine Rolle. So konnten Wissenschaftler kürzlich zeigen, dass Zwiebeln der Sorte „Red Baron“ bei nasskaltem Wetter viel weniger Flavonole produzierten als in warmen, trockenen Jahren. 


Quellen:

  • Zhu, Q. et al. (2017): Development of “Purple Endosperm Rice” by Engineering Anthocyanin Biosynthesis in the Endosperm with a High-Efficiency Transgene Stacking System. In: Molecular Plant, (27. Juni 2017), doi: 10.1016/j.molp.2017.05.008.
  • Deutsche Gesellschaft für Ernährung (2014): Sekundäre Pflanzenstoffe und ihre Wirkung auf die Gesundheit – Eine Aktualisierung anhand des Ernährungsberichts 2012. DGEinfo (12/2014) S. 178 – 186, online abrufbar unter: http://bit.ly/2tsWHrI.

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Titelbild: Der Purpurreis der Forscher ähnelt dem dunkelvioletten Langkornreis auf dem Bild, wobei die Körner etwas kleiner und runder sind. (Bildquelle: © cepris/Pixabay/CC0)