Bei harten Böden: Helix bilden und durch!

26.09.2012 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Um erstmalig Wurzelwachstum in 3D zu filmen, stand den Wissenschaftlern die Kleepflanze Medicago truncatula Modell. (Quelle: © Ninjatacoshell / Wikimedia.org; CC BY-SA 3.0)

Um erstmalig Wurzelwachstum in 3D zu filmen, stand den Wissenschaftlern die Kleepflanze Medicago truncatula Modell. (Quelle: © Ninjatacoshell / Wikimedia.org; CC BY-SA 3.0)

Treffen Wurzeln auf harte Stellen im Boden, haben sie offenbar eine effektive Methode entwickelt, mehr Kraft aufzuwenden, um derartige Böden zu durchwachsen. In einer helixartigen Struktur gelingt ihnen der Durchbruch.

Ob Pflanzen gut und schnell wachsen und wie viele Früchte sie bilden, hängt maßgeblich von ihrer Versorgung mit Wasser und Nährstoffen durch die Wurzeln ab. Nicht immer sind die Bodenbedingungen für ein optimales Wachstum ideal. Durch intensive Landwirtschaft oder Umwelteinflüsse sind viele Böden verdichtet und hart, wodurch das Wurzelwachstum erschwert wird. Die Wurzeln können sich unter solchen Bedingungen nur mühsam im Erdreich ausbreiten und die Pflanzen optimal mit Wasser und Nährstoffen versorgen.

Ein Ziel der Pflanzenzüchtung ist es, Pflanzen nicht nur gegen Schädlinge oder widrige Umweltbedingugnen anzupassen, sondern auch an physikalische Herausforderungen wie z.B. schwierige Bodenverhältnisse. Das Verstehen, wie Pflanzen mechanische Barrieren in Böden überwinden, kann helfen das Wurzelwachstum zu optimieren.

Es gab bereits Studien, die untersuchten, wie Wurzeln durch Verkrümmungen Luftlöcher im Boden überwinden. Diese fanden jedoch in natürlichen Bodenbedingungen statt. Vorteil war, dass quasi natürliche Bedingungen das Wachstum beeinflussten. Jedoch mit dem Nachteil, das die Pflanzen nur schwer beobachtet werden konnten. Um dieses Problem zu umgehen, ließen Forscher nun Kleepflanzen (Medicago truncatula) auf durchsichtigen Gelböden wachsen.

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Stoßen die Wurzeln der Kleepflanze Medicago truncatula auf harte Böden, beginnen sie sich zu winden. Diese Wurzelgeometrie soll der Wurzelspitze mehr Schubkraft verleihen, um harte Böden zu durchstoßen. (Quelle: © Cornell University)

Stoßen die Wurzeln der Kleepflanze Medicago truncatula auf harte Böden, beginnen sie sich zu winden. Diese Wurzelgeometrie soll der Wurzelspitze mehr Schubkraft verleihen, um harte Böden zu durchstoßen. (Quelle: © Cornell University)

Die obere Gelschicht war weich und gut für die Pflanzenwurzeln zu durchdringen, die untere Gelschicht war hart. Mit einer 3D-Zeitrafferkamera konnten die Wissenschaftler die Wurzeln dabei filmen, wie sie durch unterschiedlich harte Böden wuchsen. Durchweg vollzogen die Wurzeln vor dem Übergang vom weichen in das harte Gel eine helixartige Drehung. Da die Länge der helikalen Region mit der Länge der Wachstumszone in Medicago truncatula vergleichbar ist, hätte es theoretisch sein können, dass diese Drehung lediglich ein biologischer Prozess wie die Zirkumnutation, eine kreisende Wachstumsbewegung bei Pflanzen, ist. Die Untersuchungen der Wissenschaftler zeigten jedoch, dass die schraubenartige Drehung nahe der Wurzelspitze durch eine mechanische Stauchung zustande kommt, wenn die Wurzel auf die harte, untere Schicht trifft. 

Insgesamt veranschaulichte die Studie, das Zusammenspiel zwischen Mechanik und Morphologie während des Wurzelwachstums in einer heterogenen Umgebung. Bisher war nämlich nicht bekannt, wie die Wurzelgeometrie mit dem Wachstum zusammenhängt und dass beide Faktoren zusammengenommen außerdem noch Kräfte generieren können, die es den Wurzeln ermöglicht, auch in harte Böden vorzudringen. Die Wissenschaftler vermuten, dass die helixartige Struktur die achsiale Kraft in eine quer verlaufende umwandelt, mit der sich die Wurzel gegen ihre Umgebung stemmt, um mehr Kraft an der Spitze zu erzeugen.

„Wenn die Wurzeln auf die harte Schicht treffen, sorgt ihr beständiges Wachstum dafür, dass sie beginnt, sich wie eine Metallfeder zu winden. Durch die Drehung bilden die Wurzeln eine helixartige Struktur aus, die sie wiederum dazu befähigt, mehr Gel wegzuschieben und ihre Schubkraft an der Wurzelspitze zu erhöhen “, erklärt Jesse Silverberg, leitender Wissenschaftler der Studie. „Angenommen die Pflanze wächst und stößt plötzlich auf eine harte Tonschicht. Dann braucht die Wurzel besonders viel Kraft, um diese Barriere zu überwinden. Ein mathematisches Modell zeigt uns, wie groß die Helix-Struktur einer Wurzel sein muss, damit der Pflanze das gelingt. Grob gilt: Je härter das Hindernis, desto größer die Helix“, so Silverberg. Die Wissenschaftler beobachteten außerdem, dass sich 74 % der Pflanzenwurzeln gegen den Uhrzeigersinn drehten. Warum das so ist und wie sich die Beobachtungen sinnvoll in die Pflanzenzüchtung integrieren lassen, werden die Forscher in Zukunft untersuchen.

Ebenso müssen zukünftige Studien zeigen, ob es genetische Unterschiede innerhalb einer Pflanzenart gibt. Gibt es diese, könnten zukünftig gezielt Pflanzen für weichere und härtere Böden entwickelt werden.


Quelle:

  • Silverberg, J. L. et al. (2012): 3D imaging and mechanical modeling of helical buckling in Medicago truncatula plant roots. In: PNAS, online 24. September 2012, doi: 10.1073/pnas.1209287109.

Videos zum Wurzelwachstum:

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Titelbild: Um erstmalig Wurzelwachstum in 3D zu filmen, stand den Wissenschaftlern die Kleepflanze Medicago truncatula Modell. (Quelle: © Ninjatacoshell / Wikimedia.org; CC BY-SA 3.0)