Beschleunigungsfaktor Mensch

Durch Landnutzung verdoppelt sich der Kohlenstoffumsatz

31.08.2016 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Eine Studie zeigt, dass der Kohlenstoffumsatz durch die Landnutzung doppelt so schnell abläuft. (Bildquelle: © iStock.com/Dmitry Kalinovsky)

Eine Studie zeigt, dass der Kohlenstoffumsatz durch die Landnutzung doppelt so schnell abläuft. (Bildquelle: © iStock.com/Dmitry Kalinovsky)

Der Mensch hat dafür gesorgt, dass natürliche Umwandlungsprozesse in der Natur beschleunigt wurden. Das geht aus einer neuen Studie hervor, bei der Forscher herausfanden, dass sich der Kohlenstoffumsatz der Biomasse in terrestrischen Ökosystemen durch die Landnutzung weltweit verdoppelte. Das bedeutet: Kohlenstoff bleibt nur halb so lange in den Pflanzen gespeichert.

Unsere Kulturlandschaften sind ein sichtbarer Beleg dafür, dass der Mensch die Umwelt zu seinem Nutzen formt. Er ist daher ein bedeutender Einflussfaktor für Ökosysteme, aber auch für das Klima. Vor allem die Landwirtschaft gilt aufgrund ihrer hohen Treibhausgasemissionen nicht nur als Leittragende, sondern auch als ein wichtiger Treiber des Klimawandels.

Kohlenstoff und Biomasse

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Pflanzen nutzen Lichtenergie, um Kohlenhydrate herzustellen und Biomasse aufzubauen. Das bedeutet, dass Kohlenstoff durch die Pflanzen gebunden und Kohlendioxid der Atmosphäre entzogen wird.

Pflanzen nutzen Lichtenergie, um Kohlenhydrate herzustellen und Biomasse aufzubauen. Das bedeutet, dass Kohlenstoff durch die Pflanzen gebunden und Kohlendioxid der Atmosphäre entzogen wird.

Bildquelle: © Andreas Reuter / pixelio.de

Kohlenstoff wird durch die Photosynthese in Pflanzen gebunden. Für Klimamodelle ist es daher entscheidend zu wissen, wieviel Kohlenstoff (C) der Atmosphäre durch die Ökosysteme im globalen Maßstab entzogen wird. Nicht nur die Böden, auch die Vegetation speichert große Mengen an Kohlenstoff. Pflanzen nehmen ihn in Form von Kohlendioxid (CO2) auf und betreiben damit Photosynthese. Ein Teil des Kohlenstoffs wird als CO2 über die pflanzliche Atmung wieder abgegeben, der andere Teil in Form von Kohlenhydraten gespeichert. Diese benötigt die Pflanze für den Aufbau von organischer Substanz, der Biomasse.

Bisher ist unklar, wie lange Kohlenstoff in der Biomasse gebunden bleibt, bevor er wieder abgegeben wird. Und welchen Effekt der Mensch auf den Weg des Kohlenstoffs hat. Daher haben Wissenschaftler untersucht, wie sich die Landnutzung auf den zeitlichen Verlauf des Kohlenstoffumsatzes in Biomasse in terrestrischen Ökosystemen auswirkt.

Verweildauer des Kohlenstoffs verringert sich

Die Forscher verglichen in ihrer Studie den Kohlenstoffumsatz der aktuellen Vegetation – dafür nutzten sie Daten aus dem Jahr 2000 – mit dem einer (hypothetischen) Vegetation ohne jegliche Landnutzung, aber unter den gegenwärtigen klimatischen Bedingungen.

Durch die Landnutzung laufen die Prozesse von Kohlenstofffixierung und -freisetzung im Durchschnitt etwa 1,9-Mal schneller ab, stellten die Forscher nach ihren Berechnungen fest. Dies bedeutet, Kohlenstoff bleibt nur etwa halb so lange in der Vegetation gespeichert, als in den vom Menschen nicht genutzten Landschaften. In konkreten Zahlen bedeutet dies, dass der Kohlenstoff derzeit nur durchschnittlich sieben Jahre in der Biomasse gebunden wird, während er in der hypothetischen Vegetation ohne menschlichen Einfluss dreizehn Jahre gespeichert bliebe.

Es kommt auf die Landnutzung an

Diese Beschleunigung betrifft der Studie zufolge alle Biome ungefähr gleich stark. Allerdings gibt es große Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Landnutzungstypen. So konnten die Forscher zeigen, dass die landwirtschaftliche Nutzung von vormaligen Waldflächen den größten Anteil, 59 Prozent, an der Beschleunigung verantwortet; die Nutzung von Wäldern (26 Prozent) und natürlichem Grasland (15 Prozent).

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Die Umwandlung von Wald in Agrarflächen führt der Studie zufolge zu massiven Beschleunigungseffekten beim Kohlenstoffumsatz.

Die Umwandlung von Wald in Agrarflächen führt der Studie zufolge zu massiven Beschleunigungseffekten beim Kohlenstoffumsatz.

Bildquelle: © guentermanaus / Fotolia.com

Es gab aber auch deutliche räumliche Unterschiede: 39 Prozent der Landfläche erlebte keine Veränderung, während 19 Prozent eine geringe Beschleunigung (um den Faktor 1,5), 21 Prozent eine moderate (zwischen 1,5 und 3) und 21 Prozent eine starke Beschleunigung (über 3) erlebten. Die stärkste Umsatzbeschleunigung wurde in den Zentren der Landbewirtschaftung also in Indien, China, Lateinamerika, dem Osten Nordamerikas und Europa beobachtet. Die geringste Rate hingegen in tropischen und borealen Wäldern und in Steppengebieten. Dies untermauert den großen Effekt, den die Landwirtschaft auf das Klima hat und zeigt, wie stark Landnutzungsänderungen an der Beschleunigung beteiligt sind.

Auswirkungen auf den Klimawandel unklar

Die Wissenschaftler folgern daraus, dass die Landnutzung, also der Mensch, systematisch und in erheblichem Umfang die Balance zwischen Kohlenstoffumsatz und Kohlenstoffvorräten beeinflusst. Was das für uns konkret bedeutet, muss Gegenstand weiterer Forschung sein: „Wir wissen derzeit zwar, dass, aber noch nicht, wie viel sich dies auf den Klimawandel auswirkt“, betont Erstautor Karl-Heinz Erb.

Allerdings steigt der Bedarf an Biomasse durch das Bevölkerungswachstum auf der einen sowie neue Nutzungskonzepte und Verfahren auf der anderen Seite weiter an. Nicht nur als nachwachsende Rohstoffe, sondern auch als Energieträger ist Biomasse derzeit gefragt wie nie. Diese Entwicklungen könnten den beobachteten Effekt des Menschen auf den Kohlenstoffkreislauf noch beschleunigen, befürchten die Forscher.


Quelle:
Erb, K.-H. et al. (2016): Biomass turnover time in terrestrial ecosystems halved by land use. In: Nature Geoscience, (22. August 2016), doi: 10.1038/ngeo2782.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Eine Studie zeigt, dass der Kohlenstoffumsatz durch die Landnutzung doppelt so schnell abläuft. (Bildquelle: © iStock.com/Dmitry Kalinovsky)