Betrachtungen zum ökologischen Landbau

30.08.2010 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

(Quelle:© Smileus / Fotolia.com)

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Konventionelle und ökologische Anbausysteme sind in vielen Bereichen grundverschieden. Doch auch innerhalb des Ökolandbaus gibt es unterschiedliche Systeme. Ein Überblick.

Besser für die Umwelt, arbeitsintensiver und weniger produktiv – das sind die Eigenschaften, die die meisten Menschen spontan mit dem Ökolandbau verbinden. Gesünder und schmackhafter seien die Produkte, behaupten manche Befürworter der ökologischen Landwirtschaft. Doch ganz so einfach ist es nicht.

Umwelt und Ökolandbau

Die ökologische Landwirtschaft ist rechtlich verpflichtet, auf chemische Pflanzenschutzmittel, Mineraldünger und den Einsatz transgener Pflanzen zu verzichten. Stattdessen nutzt der Ökolandbau natürliche Systeme für den Pflanzenschutz: Fressfeinde wie die Schlupfwespe gegen den Maiszünsler, Mischkulturen, um ungewünschtes Pflanzenwachstum zu verdrängen oder Insekten weg von der Kulturpflanze auf andere Futterstellen zu locken. Unkräuter bekämpfen Landwirte zusätzlich durch einen der Egge ähnlichen Hackstriegel oder durch Abflammen. Auch Pflanzenschutzmittel sind erlaubt, meist jedoch auf pflanzlicher Basis wie Brennnesseljauche, Schachtelhalm-, Wermut- oder Algenextrakte. Hinzu kommen genau definierte anorganische Schutzmittel, darunter Kupfersalze als Saatgutbeizmittel oder Netzschwefel als Fungizid. Präventiv vermeidet der Ökolandbau Monokulturen und setzt auf robuste Sorten. Neue Nährstoffe erhält der Boden durch Mist, Gülle und Gründünger.

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Ökologischer Kartoffelanbau erfreut sich trotz verstärkter Arbeitsintensivität wachsender Beliebtheit.

Ökologischer Kartoffelanbau erfreut sich trotz verstärkter Arbeitsintensivität wachsender Beliebtheit.

Bildquelle: © iStockphoto.com/Andreas Weber

Die Artenvielfalt auf dem Feld und in der Umgebung profitiert von dieser Vorgehensweise nachweislich. Auch der Energiebedarf ist für die gleiche Produktionsmenge in der Ökolandwirtschaft meist geringer: laut einer Studie des englischen Landwirtschaftsministeriums um etwa ein Viertel für Getreide, jedoch vergleichbar bei Kartoffeln und sogar deutlich höher bei Tomaten. Dieselbe Studie kommt auch zu dem Ergebnis, dass die Effekte auf das Klima und die Eutrophierung für beide Systeme etwa gleich sind, da beide Anbaumethoden Stickstoffdünger verwenden. Eine Studie der Universität Bonn sieht den Ökolandbau jedoch in beiden Punkten im Vorteil.

Arbeitsaufwand und Ökolandbau

Aufgrund der aufwändigeren Produktionsverfahren ist das Arbeitsaufkommen im Ökolandbau tatsächlich um zehn bis 25 Prozent erhöht. Weitere Gründe sind die vielseitigere Fruchtfolge und der verstärkte Anbau von arbeitsintensiven Kulturen wie Kartoffeln oder Gemüse. Dennoch zeigt ein Bericht des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, dass in Deutschland im Jahr 2009 der Gewinn je Vollarbeitskraft auf Ökobetrieben um gut ein Viertel höher ausfiel als auf konventionellen Höfen. Dem Bundeslandwirtschaftsministerium zufolge liegen die Arbeitskosten je Hektar Landfläche im Ökolandbau viermal so hoch wie in der konventionellen Landwirtschaft. Mit hinein spielt dabei, dass es praktisch keinen Biohof ohne Viehwirtschaft gibt, und dass Biohöfe häufig selbst direktvermarkten. Ein Projekt des Bundesprogramms Ökologische Landwirtschaft befasst sich deshalb mit der Frage, wie diese Kosten gesenkt werden können.

Produktivität und Ökolandbau

Der Flächenertrag liegt im Ökolandbau deutlich unter dem der konventionellen Landwirtschaft. Erzielt ein Ökobauer für Weizen rund 40 Doppeltonnen je Hektar, sind es konventionell etwa 70.

Ein Arbeitspapier des sächsischen Landesamts für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie teilt den Tenor der Mehrheit der Studien zum Thema und bezeichnet die konventionelle Landwirtschaft als kurz- und mittelfristig produktiver, langfristig jedoch nicht hinreichend nachhaltig – wobei der letzte Punkte sehr von der Feldfrucht, den Methoden und der Kompetenz des konventionell arbeitenden Landwirts abhängt.

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Gesundes Image - ökologisch angebaute Produkte.

Gesundes Image - ökologisch angebaute Produkte.

Bildquelle: © iStockphoto.com/ Denis Pepin

Gesundheit und Ökolandbau

Die Gesundheit steht bei den meisten ökologischen Anbausystemen nicht im Vordergrund. Dennoch wird häufig die Frage gestellt, ob Bioprodukte gesünder seien. Drei Aspekten sind bei der Antwort zu beachten.

Erstens hat die Anbaupraxis wenig Einfluss auf den Nährwert der Pflanzen. Der wird in erster Linie von der Bodenqualität und dem Wetter während der Anbausaison bestimmt. Meist ist die Nährstoffverfügbarkeit im Boden konventioneller Äcker größer, weil dort intensiver gedüngt wird, sodass der Ökolandbau einen leichten Nachteil haben dürfte. Die meisten Untersuchungen finden allerdings keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Systemen.

Zweitens gibt es die Pestizidrückstände in der konventionellen Landwirtschaft. Auch wenn die in der EU zugelassenen Pestizide in den erlaubten Höchstmengen als unproblematisch gelten, so sind darunter Substanzen, die grundsätzlich als gesundheitsschädlich eingestuft sind. Weitgehend ungeklärt ist die von Verbraucherschützern aufgeworfene Frage, ob auch die Summe vieler unbedenklicher Pestizide noch unbedenklich ist.

Drittens hat die weitgehende Freiheit von Pestiziden in der ökologischen Landwirtschaft zur Folge, dass die Pflanzen häufiger von Pilzkrankheiten befallen werden. Deren Nebenprodukt sind Mykotoxine, gesundheitsschädliche Substanzen, die vor allem in Lebensmitteln aus infiziertem Getreide zu finden sind.

Schmackhaftigkeit und Ökolandbau

Über Geschmack lässt sich streiten, sodass objektive Aussagen zu der Frage, welches Anbausystem die schmackhaftere Ernte produziert, kaum zu beantworten sind. Der oft geäußerte Eindruck, dass Bioprodukte besser schmecken, könnte beispielsweise dadurch verursacht werden, dass die Bioprodukte oft regional und saisonal vermarktet werden. Dadurch reifen die Früchte länger natürlich, was das Aroma begünstigt – aber keine Frage des Anbausystems ist.

Biologisch-dynamisch oder organisch-biologisch

Neben den Unterschieden zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft gibt es auch innerhalb des Ökolandbaus verschiedene Philosophien. Die biodynamische Wirtschaftsweise beruht auf der anthroposophischen Weltanschauung nach Rudolf Steiner und wird im Wesentlichen vom Verband Demeter verfolgt. Darin wird der landwirtschaftliche Betrieb als ein Organismus gesehen, der auch immateriellen Einflüssen unterliegt, beispielsweise kosmischen Äther- und Astralkräften. Spezielle Düngemethoden sollen diese Kräfte nutzen, zeitliche Abläufe orientieren sich an den Phasen des Monds.

Außerdem gibt es strenge Vorschriften, welches Pflanzenmaterial und welche Verfahren erlaubt sind. So sind Hybridsorten bei Getreide außer bei Mais verboten. Gleiches gilt für Sorten, die aus Protoplasten- oder Cytoplastenfusion hervorgegangen sind. Die Menge in Dünger enthaltenen Stickstoffs darf 112 Kilo pro Hektar nicht überschreiten. Neue Verfahren, die nicht in den Demeter-Richtlinien vermerkt sind, dürfen nur mit Ausnahmegenehmigung erprobt werden.

Ebenso spielen allerdings auch naturwissenschaftliche anerkannte Konzepte wie Bodenfruchtbarkeit und Humuswirtschaft eine Rolle. Durch mehrjährige Leguminosen und einen hohen Blattfruchtanteil in der Fruchtfolge sollen die biologischen Vorgänge im Boden intensiviert werden. Ein Hof soll als geschlossenes System sich weitgehend selbst erhalten können, Hilfsmittel von außen unterliegen starken Beschränkungen. Inzwischen treten vermehrt ökologische Aspekte in den Vordergrund, wie sie auch den organisch-biologischen Landbau prägen.

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Die ökologische Landwirtschaft ist rechtlich verpflichtet, auf chemische Pflanzenschutzmittel, Mineraldünger und den Einsatz transgener Pflanzen zu verzichten.

Die ökologische Landwirtschaft ist rechtlich verpflichtet, auf chemische Pflanzenschutzmittel, Mineraldünger und den Einsatz transgener Pflanzen zu verzichten.

Bildquelle: © iStockphoto.com/ AntiMartina

Dem organisch-biologischen Landbau, der heute gängigsten Form des Ökolandbaus, gehören die meisten anderen ökologischen Anbauverbände wie Bioland an. Im Vordergrund steht das auch im biodynamischen Anbau wichtige Konzept der Kreislaufwirtschaft und damit der Nachhaltigkeit. Auf der Ackerfläche werden neben den Verkaufsfrüchten die Futterpflanzen fürs eigene Vieh angebaut. Deren Dung und die pflanzlichen Abfälle dienen als Dünger fürs Feld. An die Stelle chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel treten natürliche Regulationsmechanismen. Aus der Ablehnung des Nicht-Natürlichen resultiert auch das Verbot von transgenen Pflanzen und Kunstdüngern. Dünger aus Blut-, Fleisch- und Knochenmehl gelten als widernatürlich und werden abgelehnt.

EU-Öko-Verordnung

Mehr als die Hälfte der Ökolandwirte in Deutschland gehören einem der Anbauverbände mit besonders strengen Öko-Kriterien an. Die übrigen Ökolandwirte arbeiten gemäß der EU-Öko-Verordnung, die ähnliche Maßstäbe ansetzt, aber weniger absolute Regeln hat. So gibt es beispielsweise keine Einschränkung bei organischen Düngern, und innerhalb eines Betriebs sind nebeneinander ökologisch und konventionell bewirtschaftete Flächen erlaubt.

Forschung im Ökolandbau

Das Bundesprogramm Ökologischer Landbau fördert in Deutschland die Forschung im Ökolandbau mit 16 Millionen Euro jährlich. Die Mehrheit der Projekte befasst sich mit ackerbaulichen Fragestellungen, beispielsweise angepassten Reihenabständen für optimierte Erträge oder günstigen Kombinationen für den Mischfruchtanbau. Weil viele Sorten des Ökolandbaus hinsichtlich ihrer Eigenschaften wie Resistenzen noch nicht umfassend charakterisiert sind, vergleichen viele Forschungsvorhaben Sorten einer Art, um diejenigen zu identifizieren, die für den Ökolandbau besonders geeignet sind. Darüber hinaus gibt es auch einige Projekte, die mit molekularbiologischen Methoden den Ökolandbau optimieren wollen. Sie bestimmen Gene, die in der ökologischen Landwirtschaft besonders relevant sind. Den Genpool einer Art untersuchen sie auf deren Vorkommen, um schließlich gezielt günstige Kreuzungen zu erzeugen. Eine Auswahl solcher Forschungsprojekte werden hier vorgestellt.

Der Forschungsring geht zusätzlich speziellen Fragen der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise nach. Da diese Projekte in der Regel keine öffentliche Finanzierung finden, sind sie nicht besonders zahlreich. 2009 gelangte der Forschungsring beispielsweise zu der Erkenntnis, welche Teile von dem Dünger zugesetzten Löwenzahnpräparaten die Aufgabe erfüllen, „das irdische Leben mit den kosmischen Kräften zu verbinden“, indem sie „den Kieselprozess im Pflanzlichen förderten“. Ob derartige Vorgehen tatsächlich die Bodenqualität beeinflussen, ist mindestens umstritten. Vermehrt widmen sich die Projekte des Forschungsrings aber auch allgemeinen Fragen des Ökolandbaus.