Bio - Ein kleiner Unterschied

11.09.2012 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Bio oder konventionell? Bei dieser Entscheidung geht es um mehr als um Nährstoffe. (Quelle: © iStockphoto.com/ Morgan Lane Studios)

Bio oder konventionell? Bei dieser Entscheidung geht es um mehr als um Nährstoffe. (Quelle: © iStockphoto.com/ Morgan Lane Studios)

Bioprodukte sind nicht per se gesünder als konventionelle Lebensmittel. Ihr Pluspunkt: Sie enthalten weniger Pestizide und Antibiotika resistente Keime. Das zeigen Forscher in der bisher umfangreichsten Studie zu den gesundheitlichen Vorteilen von Bionahrung.

Sind Bioprodukte gesünder als konventionell erzeugte Lebensmittel? Nicht per se, meinen Forscher der Universität Stanford. Sie sichteten Tausende Studien aus den Jahren 1966 bis 2011, analysierten davon knapp 240 und fanden kaum Unterschiede zwischen Bio und konventionell. 

Ihre Datenbasis war umfangreich: 223 Studien verglichen die Inhaltsstoffe, die Pestizid- und Bakterienbelastung von pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln aus ökologischer und konventioneller Produktion. 17 Studien untersuchten, wie sich eine unterschiedliche Ernährung auf die Gesundheit des Menschen auswirkt. 

Die inneren Werte - nahezu identisch

Biolebensmittel unterscheiden sich in Nährwert, Vitaminen, Mineralien und Proteinen kaum von konventionell erzeugten Lebensmitteln. Allein der Gehalt des Spurenelements Phosphor war in Biolebensprodukten deutlich höher. Die Menschen sind jedoch meist gut mit Phosphor versorgt, so dass Bio-Ware hier keinen gesundheitlichen Vorteil bringt, betonen die Forscher.

Zwei Argumente für Bio: 

Bioprodukte enthalten im Schnitt weniger Pflanzenschutzmittel als konventionelle Lebensmittel (Risiko: -30%), dies zeigen Lebensmittelanalysen. Zwei klinische Studien wiesen im Urin von Kindern, die sich biologisch ernährten, geringere Rückstände von Schädlingsbekämpfungsmitteln nach. Trotz strengerer Vorgaben zum Pestizideinsatz sind jedoch auch Bioprodukte nicht 100% frei von Rückständen. Die in herkömmlichen Lebensmitteln gemessen höheren Werte lagen alle unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte.

Auch bei Fleisch waren keine höheren Belastungen durch Mikroorganismen feststellbar. Lediglich bei Bio-Geflügel- und Bio-Schweinefleisch wurden seltener Antibiotika resistente Keime (Risiko -33%) gefunden. Antibiotika wird in der Tierhaltung zur Krankheitsbekämpfung, aber auch zur Leistungssteigerung eingesetzt. Antibiotika resistente Keime sind ein wachsendes Gesundheitsrisiko, so das Bundesinstitut für Risikobewertung. Inwieweit Antibiotika-Rückstände in Lebensmitteln die Resistenzbildung beim Menschen begünstigen, ist allerdings noch offen. 

Zahlreiche Studien untersuchten die Belastung von Lebensmitteln mit gesundheitsschädlichen Bakterien wie E. coli, Salmonellen, Listerien und Campylobacter – hier war Bio-Ware in gleichem Ausmaß betroffen wie herkömmliche Produkte. In beiden Fällen war die Belastung gering.

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Die Studien zeigten auch bei tierischen Produkten kaum Unterschiede zwischen Bio und konventionell. Bei Bio-Geflügel- und Bio-Schweinefleisch wurden jedoch seltener Antibiotika resistente Keime gefunden.

Die Studien zeigten auch bei tierischen Produkten kaum Unterschiede zwischen Bio und konventionell. Bei Bio-Geflügel- und Bio-Schweinefleisch wurden jedoch seltener Antibiotika resistente Keime gefunden.

Bildquelle: © Ralf Roletschek (Marcela) / wikipedia.de; CC BY-SA 3.0

Umfangreich und doch begrenzt

Die Metastudie ist die bisher umfangreichste Studie zu diesem Thema. Wegen methodischer Mängel und fehlender Angaben zur Methodik konnten die Wissenschaftler jedoch nur einen Bruchteil der bisher publizierten Studien auswerten. Die Vergleichbarkeit der in die Metastudie einbezogenen Arbeiten wird dadurch erschwert, dass die erhobenen Daten sehr heterogen waren: So wurden die Lebensmittel mit diversen Anbauverfahren erzeugt. Die Nachweisverfahren waren unterschiedlich sensibel. Experimente auf Versuchsfeldern geben nicht die realen Bedingungen auf dem Acker wider. Und aussagekräftige Langzeitstudien zu gesundheitlichen Langzeit-Effekten von Bio-Nahrung fehlen. Die Studie verdeutlicht damit den weiteren Forschungsbedarf zu „bio versus konventionell“ in der Agrar-, Lebensmittel- und Ernährungsforschung. 

Gute landwirtschaftliche Praxis ist entscheidend

Das Fazit der Wissenschaftler: Es gibt keinen eindeutigen Vorteil von Bioprodukten. Lebensmittel aus ökologischem Anbau sind nicht per se nährstoffreicher. Sie bergen auch kein geringeres Gesundheitsrisiko als konventionelle Lebensmittel. Die Wahl von Bioprodukten reduziert jedoch das Risiko, Pflanzenschutzmittel und Medikamenten-Rückstände zu sich zu nehmen. Dieses Ergebnis rückt die landwirtschaftliche Praxis in den Blickpunkt: Die Qualität von Lebensmitteln hängt maßgeblich von schonenden Anbau- und Verarbeitungsverfahren ab, z.B. von einem gezielten Pestizid- und Antibiotikaeinsatz sowie hohen Hygienestandards. Solche Aspekte der Landbewirtschaftung berücksichtigt die Metastudie nicht.

Warum kaufen immer mehr Menschen Bio?

Verbraucher kaufen Bio nicht nur um ihrem Körper etwas Gutes zu tun. Sie wollen mit ihrer Wahl eine nachhaltige Landwirtschaft, eine artgerechte Tierhaltung und regionale Produkte unterstützen, dies zeigen Bevölkerungsumfragen wie das Ökobarometer 2012. Ressourcen zu schonen, die Umwelt zu erhalten, den Lebensraum wilder Pflanzen und Tiere nicht weiter einzuschränken und Tiere artgerecht zu halten – dies sind Ziele, die sich Öko-Anbauverbände auf die Fahne schreiben – und die Verbraucher bisher eher mit Bio-Landbau denn mit konventioneller Landwirtschaft verbinden. An dieser Stelle sollten Wissenschaftler und Landwirte – egal ob bio oder konventionell – anknüpfen. 


Quelle:
Smith-Spangler, C. et al. (2012):  Are Organic Foods Safer or Healthier Than Conventional Alternatives?: A Systematic Review. Annual International Medicine, 4 September 2012;157(5): 348-366.

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