Bioplastik aus Abfall

Neues Verfahren ermöglicht Herstellung von Milchsäure aus Abfallstoff

08.01.2015 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Der Biokunstoff PLA wird zunehmend in Verpackungen und Einwegbechern verwendet. Wie hier in einer Mensa der ETH Zürich. (Bildquelle: © Bo Cheng / ETH Zürich)

Der Biokunstoff PLA wird zunehmend in Verpackungen und Einwegbechern verwendet. Wie hier in einer Mensa der ETH Zürich. (Bildquelle: © Bo Cheng / ETH Zürich)

Durch ein neues Verfahren ist es möglich, einen Abfallstoff der Biodieselproduktion (Glycerin) in Milchsäure umzuwandeln. Milchsäure kann chemisch zu Polylactiden (PLA) - auch als Polymilchsäuren bezeichnet - verknüpft werden. Polymilchsäuren gehören zu den Polyestern und sind Ausgangsstoffe für Biokunststoffe. Mit dem neu entwickelten Verfahren könnte Milchsäure kostengünstiger und klimafreundlicher als durch die gängige Variante der Zuckerfermentation gewonnen werden.

Bioplastik ist voll im Trend. Viele wollen beispielsweise nicht auf den Luxus einer Plastiktüte verzichten, aber dennoch etwas für die Umwelt tun. Man möchte weg von erdölbasierten Kunststoffen. Auch in der Verpackungsindustrie gewinnen Biokunststoffe an Bedeutung. Doch Bioplastik ist nicht gleich Bioplastik. Hinter dem Namen können sowohl Kunststoffe stecken, die nicht oder die biologisch abgebaut werden können und ganz oder teilweise aus nachwachsenden Rohstoffen (pflanzlichen oder tierischen Ursprungs) gewonnen werden. Mischformen aus Erdöl und Biomasse sind daher möglich. Es gibt auch Kunststoffe, die aus Erdöl und anderen fossilen Rohstoffen gewonnen wurden und biologisch abbaubar sind und daher ebenfalls unter den Begriff fallen.

Kunststoffe aus Polymilchsäuren (kurz: PLA – abgeleitet vom Engl: polylactic acid) sind sowohl biobasiert als auch biologisch abbaubar und daher ein Hoffnungsträger. Derzeit wird immer öfter PET durch PLA ersetzt, da ihre Eigenschaften sehr ähnlich sind. PET steht für Polyethylenterephthalat, ein ebenfalls thermoplastischer Kunststoff aus der Gruppe der Polyester.

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Bei der Biodiesel-Produktion entsteht Glycerin (dunkle Phase) als Nebenprodukt.

Bei der Biodiesel-Produktion entsteht Glycerin (dunkle Phase) als Nebenprodukt.

Bildquelle: © Bo Cheng / ETH Zürich

Neue Wege, um Milchsäure herzustellen erprobt

Milchsäure gewinnt man üblicherweise aus der Fermentation von Zucker. Doch die Bausteine der PLA sind auch auf einem anderen Weg zu gewinnen, wie ein Forscherteam nun veröffentlichte. Man kann Milchsäure ebenfalls aus einem Abfallstoff der Biodieselproduktion gewinnen. Bei der Herstellung von Biodiesel fällt Glycerin an. Dieses Glycerin ist jedoch nicht rein, sondern verunreinigt (z. B. durch Asche) und so für die weitere Verwertung beispielsweise in der Chemieindustrie meist unbrauchbar. Auch bei der Nutzung als Nutztierfutter gibt es Beschränkungen, so darf das Glycerin, um es für die Fütterung einzusetzen höchstens 0,2 % Methanol enthalten.

Das bei der Biodiesel anfallende Glycerin kann durch einen jetzt vorgestellten zweistufigen (bio- und chemokatalytischen) Prozess zu einem gefragten chemischen Grundstoff verwandelt werden: Dafür wird mit Hilfe von Enzymen das Glycerin in ein Zwischenprodukt (Dihydroxyaceton) umgewandelt und dieses wiederum mit einem Katalysator zu Milchsäure. Der Umwandlungsschritt (Isomeration) von Dihydroxyaceton zu Milchsäure kann sowohl in Wasser als auch in Alkohol erfolgen. Erfolgt der Schritt in Wasser entsteht direkt Milchsäure. Nutzt man Alkohol als Lösemittel, dann erhält man das Zwischenprodukt Alklyylactat und darüber Milchsäure.

Bessere Ökobilanz als der konventionelle Weg

Die Forscher haben auch die Ökobilanz der neuen Methode betrachtet und dabei festgestellt, dass ihr Verfahren kostengünstiger ist und – verglichen mit der Methode der Zuckerfermentation – die CO2-Emissionen sogar um 30 Prozent verringert. Dazu trägt bei, dass ein Abfallstoff, der anders nur schwer weiterverwendet werden kann, als Ausgangsstoff dient und dieses günstig zu erwerben ist. Zudem ist das Verfahren energiesparender. Daher hat die Umwandlung von Glycerin zu Milchsäure es ein hohes Potential für die Industrie, so die Forscher.

Der Trend geht in Richtung Bioplastik

Neue Zahlen des Branchenverbandes „European Bioplastics“ gehen auch davon aus, dass der Wachstumstrend von Biokunststoffen weiter anhält: Bis 2018 könnten die Produktionskapazitäten für Biokunststoffe von derzeit 1,6 Millionen Tonnen auf etwa 6,7 Millionen Tonnen ansteigen. Mit dem vorgestellten neuen Verfahren könnte die Produktion von PLA kostengünstiger werden und den Trend weiter vorantreiben.

Im Jahr 2013 wurden weltweit fast 300 Millionen Tonnen Kunststoff produziert. Verglichen damit  sind die produzierten Mengen an Bioplastik immer noch sehr gering. Aber fossile Ressourcen sind endlich und ihre Nutzung geht zu Lasten des Klimas, da Erdöl aus Kohlenstoff besteht, welcher vor vielen Millionen Jahren gebunden wurde und Teile davon bei der Produktion als Treibhausgas CO2 freigesetzt werden. Auch die Umwelt leidet unter fossilen Kunststoffen: Neusten Schätzungen zufolge treiben mindestens 5 Billionen Plastikteilchen, also mehr als 260.000 Tonnen Plastikmüll auf den Meeren unserer Erde (Eriksen, 2014). Daher ist es nötig, in Biokunststoffe zu investieren, auch wenn deren Produktion heute noch teurer ist als Kunststoffe auf Basis von fossilen Rohstoffen.


Quelle:
Morales, M. et al. (2014): Environmental and economic assessment of lactic acid production from glycerol using cascade bio- and chemocatalysis. In: Energy Environ. Sci., (online 05. November 2014), doi: 10.1039/c4ee03352c.

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Titelbild: Der Biokunstoff PLA wird zunehmend in Verpackungen und Einwegbechern verwendet. Wie hier in einer Mensa der ETH Zürich. (Bildquelle: © Bo Cheng / ETH Zürich)