Boden-pH-Wert beeinflusst Wurzelwachstum über Auxin

05.10.2012 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

In übersäuertem Boden nehmen Pflanzen verstärkt Schwermetalle auf. (Quelle: © iStockphoto.com/ Luis Fernandez)

In übersäuertem Boden nehmen Pflanzen verstärkt Schwermetalle auf. (Quelle: © iStockphoto.com/ Luis Fernandez)

Auxin gehört zu den Phytohormonen, welches bei Gefäßpflanzen auf verschiedenartige Weise Wachstums- und Differenzierungsprozesse steuert. Forscher fanden nun heraus, dass der pH-Wert des Bodens die Auxinproduktion stimuliert.

Fällt der pH-Wert des Bodens unter 5,0 ab, fahren Pflanzen ihren Stoffwechsel herunter. Im sauren Milieu ändert sich die Löslichkeit der Schwermetalle wie Al3 - und Mn2 -Ionen, sodass diese verstärkt von den Pflanzen aufgenommen werden und toxisch auf diese wirken. Eine Übersäuerung des Bodens beeinflusst auch das Wurzelwachstum, da der passive Protonenfluss vom Apoplast ins Cytosol den Protonengradienten stört. Wurzelzellen wirken dem passiven Einstrom von Protonen durch Protonenpumpen entgegen, die in der Plasmamembran lokalisiert sind. Diese säuern durch die aktive Abgabe von Wasserstoffprotonen den Bereich um die Wurzeln leicht an. Wichtige Nährstoffe, aber eben auch schädigende Elemente wie die genannten Schwermetalle, werden gelöst und können von den Pflanzenwurzeln aufgenommen werden.

Ein optimaler extrazellulärer pH-Wert liegt typischerweise zwischen 5,5 und 6,5, wohingegen der intrazelluläre neutrale pH-Wert sehr gut gepuffert ist. Die Ansäuerung des Apoplasts ist höchstwahrscheinlich entscheidend für das Längenwachstum der pflanzlichen Zellen. Dieser Prozess wird auf zellulärer Ebene durch das Pflanzenhormon Auxin gefördert. Auxin ist eine schwache Säure und liegt bei niedrigen pH-Werten, wie sie im Apoplast vorkommen, teilweise protoniert vor. In diesem Zustand kann Auxin durch passive Diffusion in das Zellinnere eindringen.

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  Liegt der ph-Wert des Bodens unter 5,0, fahren Pflanzen ihren Stoffwechsel herunter. Eine Bodenversauerung wirkt sich negativ auf die Pflanzen aus.  (Quelle: © Schlierner / Fotolia.com)


Liegt der ph-Wert des Bodens unter 5,0, fahren Pflanzen ihren Stoffwechsel herunter. Eine Bodenversauerung wirkt sich negativ auf die Pflanzen aus.  (Quelle: © Schlierner / Fotolia.com)

Außerdem gibt es auch Trägermoleküle, die Auxin aktiv transportieren können. Im neutralen Cytoplasma liegt Auxin dissoziiert und negativ geladen vor, wodurch es im Zellinneren gehalten wird. Von dort kann es durch Trägermoleküle, die in der Plasmamembran sitzen, zurück zum Apoplast transportiert werden. Zusammengenommen bilden diese Prozesse ein dynamisches System, den sog. polaren Auxintransport, der essentiell für verschiedene Entwicklungsprozesse wie dem Meristemwachstum in jungen Arabidopsiskeimlingen ist.

Stimulation im sauren Milieu

Für ihre Untersuchungen, ob Auxin durch den pH-Wert des Bodens stimuliert werden kann, benutzten die Wissenschaftler zwei ähnliche Arabidopsis-Mutanten, die beide Defekte in der Auxin-Erkennung aufwiesen. Bei sog. brevis radix (brx) Arbabidopsis-Nullmutanten wachsen die Wurzelmeristeme nach dem Auskeimen nicht weiter, was zu einem langsam wachsenden Wurzelsystem führt. Dieses wirkt sich jedoch nicht von vornherein schädlich auf die Vitalität der Pflanze aus. BRX regelt den Auxin-Signalweg positiv und wird zum Ankurbeln des polaren Auxintransports benötigt, der essentiell für das Wachstum der Wurzelmeristeme ist. Axr3-Mutanten hingegen wachsen kaum und agravitopisch. Das bedeutet, dass sich ihre Wurzeln nicht mehr nach der Schwerkraft nach unten ausrichten. Die Meristeme dieser Mutanten sind außerdem stark verkümmert.

Im Zuge ihrer Studie ließen die Wissenschaftler die Pflanzen auf Medien mit verschiedenen pH-Werten wachsen. Dabei machten sie die unerwartete Entdeckung, dass der extrazelluläre pH-Wert die Aktivität von Auxin und die Häufigkeit der Zellteilungen in den Wurzelmeristemen dieser beiden Mutanten beeinflusst. Überraschenderweise konnte ein neutrales oder leicht alkalisches Wachstumsmedium die stark verkümmerten Wurzelmeristeme der brx-Mutanten durch das Ankurbeln des Auxin-Signalstoffwechselweges wieder zum Leben erwecken, ohne dass die Pflanzen jedoch Auxin aufnahmen. Diese Beobachtungen führten die Wissenschaftler auf die hyperaktiven Protonenpumpen in den Wurzeln der brx-Mutanten zurück. Damit geht auch einher, dass brx-Mutanten auf übermäßig sauren Böden besser wachsen und vitaler sind, als ihre Wildtyp-Artgenossen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass das ursprüngliche brx-Allel aus einer Pflanze isoliert wurde, die auf einem sauren Boden wuchs. In Arabidopsispflanzen, die ebenfalls von sauren Böden stammten, suchten die Wissenschaftler nach weiteren brx-Allelen – und wurden fündig. Darin sehen sie die Existenz unabhängig voneinander aufrecht erhaltener brx-Funktionsverlust-Allelen in der Natur bestätigt. Dass diese Allele offenbar vorteilhaft für das Wachstum von Pflanzen auf sauren Böden sind, könnte sich die Pflanzenzüchtung in Zukunft zunutze machen.

Weltweit ist ein großer Teil der Ackerflächen durch Versauerung weniger ertragreich oder für die landwirtschaftliche Nutzung ungeeignet. Böden in den feuchten Tropen sind durch die klimatisch bedingte vermehrte Freisetzung von Huminsäuren am stärksten betroffen. Aber auch industrielle Einflüsse (saurer Regen) oder eine nicht nachhaltige landwirtschaftliche Praxis, z.B. durch hohe Stickstoffeinträge (Ammonium, NH4),  tragen zur Versauerung bei.


Quelle:
Gujas, B. et al. (2012): Natural Arabidopsis brx Loss-of-Function Alleles Confer Root Adaptation to Acidic Soil. In: Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2012.08.026

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