Davon profitiert auch der Mensch

Polyploidisierung von Pflanzen schafft Variation

29.11.2016 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Raps ist nicht gleich Raps. Während der europäische Raps alle Varianten den Gens NYE1 besitzt, das unter anderem für den Chlorophyllabbau zuständig ist, fehlt eine Kopie dieses Gens beim asiatischen Raps. (Bildquelle: © Romi/pixabay/CC0)

Raps ist nicht gleich Raps. Während der europäische Raps alle Varianten den Gens NYE1 besitzt, das unter anderem für den Chlorophyllabbau zuständig ist, fehlt eine Kopie dieses Gens beim asiatischen Raps. (Bildquelle: © Romi/pixabay/CC0)

Unter bestimmten Umweltbedingungen können zufällige Deletionen in einem Gen einen positiven Effekt für die Pflanze haben. Wissenschaftler haben entdeckt, dass eine solche zufällige Deletion im asiatischen Raps (Brassica napus) wiederum zufällig durch zahlreiche Rückkreuzungen mit dem Rapsvorfahren Rübsen (Brassica rapa) den Raps in Asien dazu befähigt, auch in kühleren Regionen zu wachsen und mehr Öl zu bilden.

Über die Photosynthese gewinnt die Pflanze aus Sonnenlicht Energie. Dabei muss sich der Photosynthese-Apparat an wechselnde Umweltbedingungen anpassen. Chlorophyll, der grüne Blattfarbstoff, ist eines der wichtigsten Moleküle im Photosynthese-Prozess. Sein Vorkommen in der Pflanze schwankt je nach Umwelteinflüssen. Chlorophyll ist Bestandteil mehrerer Proteinkomplexe wie dem Photosystem I und Photosystem II. Dort absorbiert der grüne Blattfarbstoff das Sonnenlicht und leitet die aufgenommene Energie weiter.

Jeden Herbst muss die blattabwerfende Pflanze den grünen Farbstoff in ihren Blättern abbauen, um sich auf die Winterzeit vorzubereiten. Aber auch bei der Reifung von Früchten und der Entfaltung von Blüten bedarf es eines Chlorophyllabbaus. Die molekularen Mechanismen, mit denen eine höhere Pflanze ihr Chlorophyll abbaut, sind bis auf die Schlüsselmetabolite noch nicht vollständig verstanden.

Gen NON-YELLOWING 1 für Chlorophyllabbau verantwortlich

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Rübsen (Brassica rapa) gelten als Rapsvorfahren. Im asiatischen Raum wurde der Kulturraps (Brassica napus) häufig mit dem Rübsen rückgekreuzt, um bestimmte Eigenschaften des Rübsens in den Raps zu übertragen. Dabei hat sich auch eine Gendeletion mit eingeschlichen.

Rübsen (Brassica rapa) gelten als Rapsvorfahren. Im asiatischen Raum wurde der Kulturraps (Brassica napus) häufig mit dem Rübsen rückgekreuzt, um bestimmte Eigenschaften des Rübsens in den Raps zu übertragen. Dabei hat sich auch eine Gendeletion mit eingeschlichen.

Bildquelle: © TeunSpaans/ wikimedia.org/ CC BY-SA 3.0

Bekannt ist jedoch, dass das Gen NON-YELLOWING 1 (NYE1) bei diesem Prozess eine wesentliche Rolle spielt. Mutationen in diesem Gen sorgten bei Arabidopsis, Reis, Tomate und Erbse dafür, dass die Blätter ihre grüne Farbe beibehielten. Studien zeigten zudem, dass NYE1 nicht nur am Abbau von Chlorophyll maßgeblich beteiligt ist, sondern wahrscheinlich auch am pflanzlichen Wachstum und der Anpassung der Pflanze an verschiedene Stickstoffvorkommen im Boden.

Fehlen von NYE1 beeinflusst Wachstum und Ölgehalt von Raps

In einer aktuellen Studie unter Federführung der Universität Gießen haben Wissenschaftler untersucht, wie sich das Fehlen des NYE1-Gens auf die Expression des Lichtsammelkomplexes, auf die photosynthetischen Reaktionszentren PS-I und –II, sowie auf den Ölgehalt in den Samen der Rapspflanze (Brassica napus) auswirkt. Dazu verglichen die Forscher drei verschiedene Ökotypen von Brassica napus und verwandten Arten und stellten fest: Eine Anpassung an die Umweltbedingungen durch das Fehlen von NYE1 verbessert das Wachstum von Winterraps in den milden Wintern Chinas, einer der Hauptproduzenten von Rapsöl. Auch die Höhe der Pflanzen und der Ölgehalt scheint durch das Fehlen von NYE1 beeinflusst zu sein.

Polyploidie schafft Variation

„Raps hat ein komplexes, polyploides Genom, also mehrere Genome in einer Pflanze“, so Studienleiter Rod Snowdon. Von jedem Gen gibt es beim Raps mehrere Kopien. „Diese werden meist organspezifisch exprimiert, also an unterschiedlichen Stellen der Pflanze in Proteine übersetzt.“ Unterschiede am Gengehalt wirken sich dabei auf die phänotypischen Variationen der Pflanze aus. Diese Variationen sind sowohl für die evolutionäre Selektion als auch für die züchterische Selektion von großer Bedeutung.

Rapspflanzen aus unterschiedlichen Regionen unterscheiden sich genetisch und phänotypisch

Raps hat in unterschiedlichen Regionen der Erde im Laufe der Zeit unterschiedliche Selektionen erfahren. „Die Rapspflanzen unterscheiden sich phänotypisch und genetisch ganz deutlich“, so Snowdon. In Asien wurden Rapspflanzen in den letzten 100 Jahren häufig mit dem diploiden Rapsvorläufer Brassica rapa rückgekreuzt, um bestimmte Eigenschaften aus Brassica rapa im Raps (Brassica napus) aufzunehmen. „Anscheinend ist per Zufall auch die Deletion von NYE1 in den asiatischen Raps eingekreuzt worden“, so Snowdon.

Im europäischen Raps kommt diese Deletion nicht vor. „Interessanterweise sehen wir aber bei den Pflanzen, die diese Deletion tragen, nicht nur einen erhöhten Chlorophyllgehalt, sondern auch einen erhöhten Ölgehalt in den Samen. Die Photosynthese in den Schoten hängt nämlich sehr eng mit dem Ölgehalt in den Körnern zusammen. Wir gehen davon aus, dass diese Deletion der Pflanze hilft, auch unter Stress eine stabile Photosynthese aufrecht zu erhalten“, erklärte der Studienleiter.

Presence-Absence-Varianten sind Quelle für phänotypische Varianten

Während der Polyploidisierung entstehen häufig sogenannte „Presence-Absence-Varianten“, also Gendeletionen oder auch Genduplikationen. Diese sind eine Quelle für phänotypische Varianten, die auch vom Menschen genutzt werden. Für die Agrarrevolution sind polyploide Pflanzen ein wichtiger Treiber, denn sie können sich besser an Umweltvariationen anpassen. „In diesem Fall haben die Selektionsprozesse zufällig stattgefunden“, so Rod Snowdon. Der Mensch kann, sofern die Deletionen bekannt sind, aber auch ganz gezielt danach selektieren.


Quelle:
Qian, L. et al. (2016): Deletion of a stay-green gene associates with adaptive selection in Brassica napus. In: Mol Plant., (05. November 2016), doi: 10.1016/j.molp.2016.10.017.

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