In der Duft-Falle

Die Venusfliegenfalle lockt Insekten mit einem Duftgemisch aus über 60 verschiedenen Stoffen an

17.02.2014 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Venusfliegenfalle sichert sich mit dem Fangen von Insekten zusätzlichen Stickstoff. (Quelle: © che/wikimedia.org; CC BY-SA 2.5)

Die Venusfliegenfalle sichert sich mit dem Fangen von Insekten zusätzlichen Stickstoff. (Quelle: © che/wikimedia.org; CC BY-SA 2.5)

Forscher der Universität Freiburg haben herausgefunden, wie die Venusfliegenfalle ihre Beute in die Falle lockt.

Die Venusfliegenfalle (Dionaea muscipula) ist eine carnivore (fleischfressende) Pflanze, die die küstennahen Feuchtgebiete im Südosten der USA besiedelt. Ihre Fähigkeit, Insekten zu fangen und zu verdauen, ermöglicht es ihr, auf stickstoffarmen Böden durch diese zusätzliche Stickstoffquelle einen Standortvorteil zu gewinnen. Ihre Fangorgane bestehen aus einem umgebildeten Blatt und ähneln einem Fangeisen: Ober- und Unterseite sind an den Rändern mit Borsten besetzt, die beim Schließen der Falle ineinander greifen. Berührt ein Insekt in der geöffneten Falle eine oder mehrere der innen sitzenden „Fühlborsten“ kurz hintereinander, schließt sie sich mit einer Geschwindigkeit von bis zu 20 cm pro Sekunde – eine der schnellsten bekannten Bewegungen im Pflanzenreich. Das Insekt hat keine Chance zu entkommen.

Attraktiver Landeplatz

Die Frage, die auch Charles Darwin schon beschäftigte, lautet: Wie bekommt man ein Insekt dazu, genau innerhalb dieser Falle zu landen? Ein Teil der Antwort ist bereits bekannt: Die rote Farbe der Innenfläche der Falle sowie glitzernde Nektartropfen machen sie offenbar zu einem attraktiven Landeplatz. Aber die Fliegenfalle geht noch einen Schritt weiter, wie Wissenschaftler jetzt herausfanden: Sie lockt ihre potentielle Beute offenbar schon aus der Ferne mit einem unwiderstehlichen Duft an.

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Summ, summ, schnapp! Die Pflanze lockt Insekten mit einer Kombination aus Duft, Farbe und glitzernden Nektartröpfchen an.

Summ, summ, schnapp! Die Pflanze lockt Insekten mit einer Kombination aus Duft, Farbe und glitzernden Nektartröpfchen an.

Bildquelle: © iStockphoto.com/ VickieSichau

Faule Früchtchen

Um die Duftwirkung zu untersuchen, setzten die Forscher Fruchtfliegen (Drosophila melanogaster) in eine Y-Röhre. Durch eine Öffnung schickten sie einen Luftstrom, der zuvor über eine Venusfliegenfalle geleitet worden war, durch die andere Öffnung strömte Umgebungsluft. In der Folge nahmen 94 Prozent der männlichen und 76 Prozent der weiblichen Fruchtfliegen die Röhre, die zur Pflanze führte. Daraus schlossen die Forscher, dass die Venusfliegenfalle einen Duft ausströmen muss, der dem Duft der natürlichen Nahrung der Fruchtfliegen – reifes und angefaultes Obst – stark ähnelt. Diese Wirkung hatte die Pflanze allerdings nur am Tag. Wurde der Luftstrom über eine im Dunkeln gehaltene Fliegenfalle geschickt, konnten sich nur vereinzelte männliche Fliegen für die Pflanze begeistern. Die Fliegen reagierten generell nur, wenn sie hungrig waren, satte Fliegen bewegten sich so gut wie gar nicht.

Ein wohlkomponierter Duft

Eine Analyse des Fliegenfallen-Duftes ergab, dass über 60 flüchtige organische Verbindungen (Volatile Organic Compounds, VOC) darin enthalten sind, viele von ihnen typische Bestandteile von Blüten- und Fruchtdüften. Die Wissenschaftler fanden unter anderem Terpene, aromatische und aliphatische Verbindungen, die in den Düften von über der Hälfte der Familien der Samenpflanzen vorkommen. Sie vermuten, dass die Fliegenfalle mit diesem weiten Spektrum an Duftstoffen versucht, möglichst viele verschiedene Insektenarten anzulocken. Werden Insekten, die sich von faulenden Früchten ernähren, eher durch Komponenten wie Alkohole und Ester angezogen, reagieren Bestäuber vor allem auf Terpene, Sesquiterpene und Aromaten, wie sie in ätherischen Ölen vorkommen.

Antwort auf eine 140 Jahre alte Frage

Die Forscher hoffen, hiermit eine Antwort auf die Frage gegeben zu haben, die sich Charles Darwin schon vor 140 Jahren stellte. Der Duft der Venusfliegenfalle lockt Insekten verschiedenster Art aus der Entfernung an, Farbe und Nektar bringen sie zur Landung in der Falle. Damit verfügt die Venusfliegenfalle über ein ausgeklügeltes System, um an ihre Beute zu kommen und sich so das Überleben an kargen Standorten zu sichern.


Quelle:
Kreuzwieser, J. et al. (2013): The Venus flytrap attracts insects by the release of volatile organic compounds. In: Journal of Experimental Botany, 65 (2): 755-766 (2. February 2014), doi: 10.1093/jxb/ert455.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Die Venusfliegenfalle sichert sich mit dem Fangen von Insekten zusätzlichen Stickstoff. (Quelle: © che/wikimedia.org; CC BY-SA 2.5)