Der Klimawandel auf dem Teller

Weniger Fleisch, mehr Klimaschutz

11.01.2019 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Rinder produzieren als Wiederkäuer eine erhebliche Menge des Treibhausgases Methan, das 28mal stärker wirkt als CO2. (Bildquelle: © Pixabay/CC0)

Rinder produzieren als Wiederkäuer eine erhebliche Menge des Treibhausgases Methan, das 28mal stärker wirkt als CO2. (Bildquelle: © Pixabay/CC0)

Der Verzicht auf Fleisch von Wiederkäuern und Milchprodukte kann massive Effekte haben – zum Wohle des Klimas.

Der Ausstoß von Treibhausgasen muss in absehbarer Zeit deutlich herunter gefahren werden, wenn die Weltgemeinschaft das im Paris-Abkommen erklärte Ziel noch erreichen möchte: eine Begrenzung der Erderwärmung unter 1,5 Grad Celsius. Ein wesentlicher Faktor ist dabei die intensive Landwirtschaft. Der hohe Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und synthetischem Dünger und vor allem die hohen Treibhausgasfreisetzungen durch die Fleisch- und Milchproduktion summierten sich im Jahr 2015 weltweit auf 5,7 Gigatonnen CO2-Äquivalente pro Jahr (Gt CO2e/y). Gleichzeitig muss die Landwirtschaft bis zum Jahr 2050 ihre Produktion mindestens verdoppeln, um die Menschen auf der Erde ernähren zu können.

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Die Nordeuropäer verbrauchen allein für ihre sehr fleisch- und milchlastige Ernährung knapp 9 t CO2e pro Kopf und Jahr.

Die Nordeuropäer verbrauchen allein für ihre sehr fleisch- und milchlastige Ernährung knapp 9 t CO2e pro Kopf und Jahr.

Bildquelle: © Pixabay/CC0

Um diese Probleme zu lösen, müssen tiefgreifende Änderungen zeitnah angegangen werden. Zwei neue Studien befassen sich daher mit Einsparpotentialen bei der Produktion und beim Konsum von landwirtschaftlichen Produkten.

Klimawandel vs. Landwirtschaft

Der Anteil der Landwirtschaft an der weltweiten Freisetzung von hochwirksamen Treibhausgasen beträgt für Methan (CH4) 40 Prozent und bei Lachgas (N2O) etwa 60 Prozent. Ursache hierfür ist vor allem die Haltung von Wiederkäuern wie Rindern, Schafen und Ziegen.

Potentielle Reduktionen dieser Emissionen lassen sich kalkulieren, wenn freigesetzte Treibhausgase zusätzlich bepreist würden.

In einer Studie unter Beteiligung der Universität Bonn wurde dazu folgende Annahme zugrunde gelegt: Je höher der Preis für eine Tonne freigesetzte CO2-Äquivalente, desto größer die Einsparbemühungen. Die Forscher betonen allerdings, dass direkte Bepreisungen kein reales politisches Instrument darstellen. Schließlich würde man damit sowohl Landwirte als auch Verbraucher über Gebühr belasten. Sie könnten allerdings zumindest in bestimmten Bereichen der landwirtschaftlichen Produktion zur Anwendung kommen, beispielsweise bei der Herstellung von synthetischem Dünger. Mehrkosten kommen erst dann beim Verbraucher an, wenn er solche Produkte auch kauft.

Die wahren Kosten der Treibhausgasfreisetzung

Legt man einen Preis von 20 US-Dollar für eine Tonne freigesetzte CO2-Äquivalente zugrunde (dem niedrigsten Wert in der aktuellen Studie), könnten nach den Berechnungen der Forscher in der landwirtschaftlichen Produktion zwischen 0,8 und 1,4 Gt CO2e/Jahr eingespart werden. Verzichtet die Gemeinschaft in den Industrie- und Schwellenländern zudem noch größtenteils auf Fleisch und Milchprodukte, könnten sogar 1,7 bis 1,8 Gt CO2e/Jahr bis 2050 eingespart werden. Erhöht man die Kosten weiter auf 950 US-Dollar pro freigesetzte Tonne CO2e, sind sogar 3,9 Gt CO2e/Jahr an Einsparungen bis 2050 möglich. Das entspricht etwa 50 Prozent der Emissionen im Vergleich zu einem Szenario ohne Einsparbemühungen.

Damit ist klar: Bei den Einsparbemühungen ist noch ordentlich Luft nach oben. Um die gesetzten Ziele zu erreichen, muss sowohl in der Produktion als auch im Konsumverhalten ein nachhaltiges Umdenken einsetzen.

Auswirkungen des Landverbrauchs unterschätzt

Eine zweite Studie unter Beteiligung der Humboldt-Universität zu Berlin befasst sich mit dem Landverbrauch, der für die Produktion von Nahrungsmitteln benötigt wird. Bisherige Berechnungen der Treibhausgasfreisetzungen durch die sogenannten Landnutzungsänderungen würden oftmals nicht richtig dargestellt, bemängeln die Forscher. Denn bisher wurde bei den Berechnungen nicht berücksichtigt, dass durch Umwandlung in Ackerland die ursprünglichen Flächen (z. B. Wald) als potentielle CO2-Senke größtenteils wegfallen.

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Wälder gelten als CO2-Senken, da Bäume CO2 über die Photosynthese fixieren und so für Jahrhunderte aus der Atmosphäre entfernen.

Wälder gelten als CO2-Senken, da Bäume CO2 über die Photosynthese fixieren und so für Jahrhunderte aus der Atmosphäre entfernen.

Bildquelle: © avior6720/ Fotolia.com

Sinnvoller ist es dagegen, diese „entgangenen CO2-Gewinne“ mit in die Bilanzen einzubeziehen. Dafür haben die Forscher den sogenannten „Carbon Benefit Index“ eingeführt, mit dem sich eine genauere Bilanz für die Nutzung von Land erstellen lässt. Hier wird beispielsweise erfasst, welche Feldfrüchte angebaut werden und welche CO2-Bilanz diese Flächen im Vergleich zur Situation vor der Landnutzungsänderung haben, wie das Land bewirtschaftet wird und wie sich das auf den Boden auswirkt.

CO2-Bilanzen, neu berechnet

Die Berechnungen mit dem Carbon Benefit Index zeigen, dass viele Prozesse bisher in ihrer Treibhausgasfreisetzung unterschätzt wurden. Beispiel Ernährung: Die Nordeuropäer verbrauchen allein für ihre sehr fleisch- und milchlastige Ernährung knapp 9 t CO2e pro Kopf und Jahr. Aber ein Wechsel zu einer weniger fleisch- und milchlastigen Ernährung könnte diesen Wert um bis zu 70 Prozent senken:

  • streng vegane Ernährung: knapp 2 t CO2e pro Kopf und Jahr
  • kein Fleisch von Wiederkäuern (nur noch Geflügel und Schweine), keine Milchprodukte: 2,5 t CO2e pro Kopf und Jahr
  • vegetarische Ernährung, inkl. Eier und Milch: etwa 5,5 t CO2e pro Kopf und Jahr
  • halbierter Fleischkonsum, inkl. Wiederkäuerfleisch: über 6 t CO2e pro Kopf und Jahr

Jeder hat es selbst in der Hand

Die Ergebnisse zeigen, dass es wichtig ist, beide Seiten einer Sache zu betrachten: Zum einen ist notwendig, die tatsächlichen Treibhausgasemissionen so genau wie möglich zu berechnen, um auf dieser Basis zielführende Entscheidungen für eine effizientere Landnutzung zu treffen. Zum anderen hat das Konsumverhalten einen viel größeren Einfluss auf das Erreichen von Klimazielen als bisher angenommen. Um den Klimawandel wirksam zu bekämpfen, wird beides gebraucht.

Unter dem Strich zeigen die beiden Studien, dass recht radikale Maßnahmen getroffen werden müssen, um dem Klimawandel noch Einhalt zu gebieten. Dazu müsste laut IPCC-Bericht von 2018 allein der Ausstoß von CO2 bis 2030 um 45 Prozent gegenüber dem Ausstoß von 2010 gesenkt werden und bis 2050 gegen Null gehen. Um das zu erreichen, müssen jährlich etwa 60 Gt CO2 eingespart werden. Eine der einfachsten Methoden: Den Fleischverbrauch zu reduzieren oder (noch besser) auf das Fleisch von Wiederkäuern und Milch möglichst ganz zu verzichten.


Quellen:

  • Frank, S. et al. (2018): Agricultural non-CO2 emission reduction potential in the context of the 1,5 °C target. In: Nature Climate Change, (17. Dezember 2018), doi: 10.1038/s41558-018-0358-8.
  • Searchinger, T. D. et al. (2018): Assessing the efficiency of changes in land use for mitigating climate change. In: Nature, Vol 564, (12. Dezember 2018), doi: 10.1038/s41586-018-0757-z.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Rinder produzieren als Wiederkäuer eine erhebliche Menge des Treibhausgases Methan, das 28mal stärker wirkt als CO2. (Bildquelle: © Pixabay/CC0)