Die Jahrhundertaufgabe besteht fort:

Der Kampf gegen den Hunger

22.05.2014 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Die Landwirtschaft Afrikas wächst jährlich um fast 4 Prozent, dennoch leidet knapp ein Viertel der Bevölkerung an Hunger und Mangelernährung. (Bildquelle: © iStock.com/afrika924)

Die Landwirtschaft Afrikas wächst jährlich um fast 4 Prozent, dennoch leidet knapp ein Viertel der Bevölkerung an Hunger und Mangelernährung. (Bildquelle: © iStock.com/afrika924)

Ein neuer Ernährungsbericht des International Food Policy Research Institutes (IFPRI) gibt einen Überblick über Schwerpunkte und aktuelle Entwicklungen bei den internationalen Bemühungen, Unter- und Mangelernährung von der Erde zu verbannen.

Der Hunger bleibt auch weiterhin eines der größten Probleme weltweit. Zwar können einige aktuelle Zahlen optimistisch stimmen – so ist die Zahl der hungernden Menschen in den letzten zwei Jahrzehnten um ein Drittel gesunken – aber noch immer müssen mehr als 840 Millionen Menschen Hunger leiden. Eine wichtige Rolle in der Bekämpfung des Hungers kommt der Nahrungsmittelproduktion und damit auch der Landwirtschaft zu. Dürreperioden, Überschwemmungen, Schädlinge, Unkräuter aber auch inadäquate Anbaumethoden führen dazu, dass Erträge ausfallen und nicht zur Ernährung der Bevölkerung ausreichen. Um Ernährungssicherheit zu garantieren, braucht es vielfältige und umfassende Ansätze.

Potenzial: Den Hunger zu besiegen

Im Jahr 2015 laufen die durch die Weltgemeinschaft gesteckten Millenniumsziele der Vereinten Nationen aus. Eines der wichtigsten Ziele ist die Halbierung des Hungers zum Vergleichsjahr 2000. In den letzten Jahren konnten einige positive Entwicklungen verzeichnet werden. So blieben zum Beispiel im letzten Jahr die Preise für Grundnahrungsmittel verhältnismäßig stabil. Zudem verpflichteten sich die führenden Wirtschaftsnationen im Vorfeld eines G8-Treffens in London 2013 bei einem Ernährungsgipfel, die Reduzierung der Mangelernährung mit zusätzlichen Maßnahmen zu bekämpfen. Dafür stellen sie in den kommenden Jahren drei Milliarden Euro zur Verfügung.

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Shenggen Fan, Generaldirektor des International Food Policy Research Institute (IFPRI)

Shenggen Fan, Generaldirektor des International Food Policy Research Institute (IFPRI)

Bildquelle: © IFPRI

Die Weltgemeinschaft befindet sich auf einem guten Weg. Ob aber die mbitionierten Milleniumsziele erreicht werden, bezweifeln zahlreiche Experten. Zu diesem Fazit kommt auch ein aktueller Bericht zur globalen Ernährungs- und Entwicklungspolitik des „International Food Policy Research Institutes“ (IFPRI). In seinem Vorwort zum Bericht äußert sich IFPRI-Generaldirektor Sheggen Fan verhalten optimistisch: "In Anbetracht der bereits in mehreren Entwicklungsländern erzielten Erfolge sehen wir ein eindeutiges Potenzial, dass Hunger und Mangelernährung in der Welt bis 2025 besiegt werden könnte."

Ernährungspolitik ist ein komplexes Thema

In dem Report gibt das IFPRI einen umfassenden Einblick in den gegenwärtigen Stand, die Fortschritte und Maßnahmen im Hinblick auf die weltweite Ernährungssituation. Die Broschüre liefert einerseits einen fundierten Überblick über die großen ernährungspolitischen Herausforderungen. Die Experten des Instituts untersuchen hierbei politische Maßnahmen zur den Beendigung des Hungers, die Rolle innovativer Landwirtschaftspraktiken und die Möglichkeiten, die moderne Informations- und Kommunikationstechnologien bieten können.

Anhand von Analysen konkreter Ansätze wie das im vergangenen Jahr in Indien verabschiedete Gesetz zur Nahrungsmittelsicherung zeigt das IFPRI auf, wie auf eines der größten Länder der Welt auf die Herausforderung Hunger reagiert. Der Ansatz Indiens, armen Menschen den Zugang zu Grundnahrungsmittel zu festgesetzten Preisen zu garantieren, hat für das IFPRI das Potenzial, eine echte Wende in der nationalen Nahrungsmittelpolitik zu sein. Gleichwohl verweisen die Experten auf offen Fragen: So ist noch nicht klar, wie Indien die rund 15 Milliarden Euro jährlich aufbringt, ohne den bereits strapazierten Staatshaushalt weiter zu belasten; auch die Auswirkungen auf den indischen Getreidemarkt sind für das IFPRI noch nicht geklärt.

Hunger weiterhin eine Herausforderung

Durch Analysen der Ernährungssituation in sechs ausgewählten Regionen zeigt der Bericht auf, wie und wo die Herausforderungen für die betroffenen Länder liegen. Als besondere Schwerpunktregionen definiert der Bericht Südasien und in Subsahara-Afrika, in denen zusammen fast zwei Drittel aller weltweit hungernden Menschen leben.

Insbesondere in Südasien ist die problematische Versorgungslage oft das Resultat aus unterschiedlichen Faktoren: zum einen wiederkehrenden Naturkatastrophen wie Dürren, Erdbeben und vor allem Überschwemmungen, die dann zu Ernteausfällen führen. Zum anderen waren aber Versuche, die Nahrungsmittelsysteme in der Region zu reformieren und Zugang auch für die vielen Armen zu schaffen durch Unsicherheit im politischen Prozess gelähmt, so die Experten des IFPRI: „Das politische Umfeld in Südasien scheint auch weiterhin unsicher zu bleiben“, lautet deren nüchterne Bilanz.

Da sich 2013 die Einführung des „Comprehensive Africa Agriculture Development Programme“ zum zehnten Mal jährte, legten die Analysten des IPFRI ein genaues Augenmerk auf die Implementierung des afrikanischen Entwicklungsprogrammes. Dieses verfolgt zwei Hauptziele:

1. Den für die landwirtschaftliche Entwicklung reservierten Staatshaushaltsanteil auf 10 Prozent zu erhöhen und
2. ein jährliches Wachstum von 6 Prozent im Agrarbereich zu generieren.

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Überschwemmungen führen, wie hier in Pakistan, immer wieder zu großen Ernteausfällen.

Überschwemmungen führen, wie hier in Pakistan, immer wieder zu großen Ernteausfällen.

Bildquelle: © US Navy / Capt. Paul Duncan

Beide Ziele haben die wenigsten Unterzeichnerstaaten erreicht. Im afrikanischen Durchschnitt konnte zwischen 2003 und 2010 die Ausgaben für die Landwirtschaft auf 7,4 Prozent angehoben werden. Das Wachstum lag bei durchschnittlich 3,8 Prozent. Beide Ziele wurden bisher verfehlt. Der wichtigste Indikator für den Erfolg von Entwicklungsprogrammen ist, ob diese ihre Wirkungen bei den betroffenen Menschen entfalten. Der Anteil der unterernährten Menschen konnte in Afrika in entsprechenden Zeitraum um mehr als zwei Prozent reduziert werden. Aber noch sind knapp ein Viertel der Bevölkerung von Hunger und Mangelernährung betroffen. Es bedarf also weiterer großer Anstrengungen, um dem Hunger in Afrika ein Ende zu bereiten, so das Fazit der Afrika-Experten des IFPRI.

Ein langer Weg

Trotz dieser durchwachsenen Bilanz zeigt sich IFPRI-Generaldirektor Fan optimistisch. Wichtig ist seiner Meinung nach eine „integrativere globale Partnerschaft, die auch Regional- und Länderebenen einschließt – und die Regierungen, die Zivilgesellschaft und den Privatsektor mit einbezieht.“ Sollte das gewährleistet sein, dann, so Fan weiter, wäre die Weltgemeinschaft in der Lage, den Hunger und die Mangelernährung bis 2025 nachhaltig zu  beenden. Ein durchaus ambitioniertes Ziel, aber kein unrealistisches, wie Fan meint: „Wir sind jedoch durchaus in der Lage, diese Herausforderung zu bewältigen."


Quelle:
IFPRI (2014): "2013 Global Food Policy Report".

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Die Landwirtschaft Afrikas wächst jährlich um fast 4 Prozent, dennoch leidet knapp ein Viertel der Bevölkerung an Hunger und Mangelernährung. (Bildquelle: © iStock.com/afrika924)