Die richtigen Kandidaten für mehr Holz

POP MASS und TREE FOR JOULES untersuchen das Erbgut von Pappeln

13.08.2014 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Ein Wald einmal ganz anders: Pappelpflanzen in der Gewebekultur für Untersuchungen im Labor. (Bildquelle: © Matthias Fladung)

Ein Wald einmal ganz anders: Pappelpflanzen in der Gewebekultur für Untersuchungen im Labor. (Bildquelle: © Matthias Fladung)

Der Mensch nutzt Holz seit jeher als Rohstoff. Aufgrund langer Wachstumszeiten sind schnell wachsende Baumarten wie die Pappel für die Wirtschaft besonders interessant. Das PLANT 2030 Projekt POP MASS hat sich zum Ziel gesetzt, die Biomasseproduktion bei Pappeln zu steigern. Dafür werden bestimmte Kandidatengene, die sich auf die Bildung von Biomasse auswirken, untersucht. Auch das Projekt TREE FOR JOULES widmet sich den Bäumen: Es sollen gezielt die Holzeigenschaften von Pappeln und Eukalyptus verbessert werden.

Es begegnet uns morgens als Zeitung, mittags als Pommes-Gäbelchen und abends in Form eines Kneipentresens: Holz. Holz ist ein vielseitig einsetzbarer nachwachsender Rohstoff, der aus unserem täglichen Leben nicht wegzudenken ist. Doch nicht nur schöne und praktische Produkte, sondern auch Energie wird aus Holz gewonnen. Wurde es früher einfach nur verbrannt, gewinnen wir heute daraus auch Biokraftstoff und Biogas.

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Die schnell wachsenden Pappeln sind nicht nur für die Papierindustrie interessant, sie werden auch als Energiepflanzen genutzt.

Die schnell wachsenden Pappeln sind nicht nur für die Papierindustrie interessant, sie werden auch als Energiepflanzen genutzt.

Bildquelle: © Matthias Fladung

Schnell wachsende Baumarten im Fokus 

Doch anders als bei Getreide oder Gemüse, benötigen Bäume viele Jahre, bis wir sie nutzen können. Daher geraten schnell wachsende Bäume in den Fokus der wirtschaftlichen Nutzung. Bekanntestes Beispiel eines relativ schnell wachsenden Baums ist die Pappeln (Gattungsname: Populus). Pappeln können bereits nach drei bis sechs Jahren gefällt und weiterverarbeitet werden. Darüber hinaus war die Pappel der erste Baum, dessen Erbgut entschlüsselt wurde. Was den Baum speziell für die Forschung interessant macht.

Schnell wachsende Bäume für die kommerzielle Nutzung pflanzt man gezielt auf speziellen Plantagen, sogenannten Kurzumtriebsplantagen (KUPs). Wie bei allen wichtigen biologischen Rohstoffen, liegt auch hier das Augenmerk auf einer Steigerung der Biomasse, d.h. im Fall der Bäume, der Gewinnung von mehr Holz. Das PLANT 2030 Projekt POP MASS hat bei der Pappel genau das zum Ziel. Damit die Bäume besser zu Produkten oder Energie verarbeitet werden können, benötigt man letztlich verbesserte Sorten. Das Verbundprojekt konzentriert sich daher darauf, Gene zu identifizieren, die sich positiv auf die Ausbildung von Biomasse auswirken.

Mehrere genetische Ansatzpunkte für mehr Holz

Das POP MASS-Konsortium besteht aus sechs akademischen Forschungseinrichtungen und zwei Privatunternehmen. Die Mitglieder testen im Rahmen des Projektes, welche Auswirkungen eine Veränderung bestimmter genetischer Parameter auf die Biomassebildung bei der Pappel haben. Es werden dabei Kandidatengene ausgewählt, die (1) bei der Blütenbildung von Bedeutung sind, (2) die die Zusammensetzung der Zellwände beeinflussen und (3) die sich auf die Pflanzenarchitektur auswirken - d.h. auf den Verzweigungsgrad der Äste. Darüber hinaus wird die Rolle des pflanzlichen Wachstumshormon Cytokinin auf die Biomassebildung genauer untersucht.

Die Kandidaten werden geprüft

Potenzielle Kandidatengene für die untersuchten Eigenschaften werden genetisch transformiert. So werden Pappellinien für weitere Untersuchungen erzeugt. Bei der Analyse der Bäume kommt ein neues Screeningverfahren zum Einsatz, welches im Projekt entwickelt wird. Am Ende werden die Baumanatomie - also das Wuchsbild der Bäume - und die Holzeigenschaften ausgewachsener Bäumen betrachtet. 

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Video: Das PLANT 2030 Projekt POP MASS will die Biomasseproduktion von Pappeln weiter steigern. (Quelle: Pflanzenforschung.de/youtube.com)

Die Hoffnung ist, während des Projektes genetische An satzpunkte zu identifizieren, die es möglich machen, mit den Ergebnissen des POP MASS Projekts neue Pappelsorten mit verbesserten Eigenschaften zu entwickeln. Im Gegensatz zur Züchtung von Feldfrüchten oder von Zierpflanzen gibt es weltweit nur wenige kommerzielle Baumzüchter. Lange Generationszeiten und das langsame Wachstum sind der Grund. Universitäten und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen widmen sich diesen Aspekten. Sehr oft arbeiten sie in internationalen Verbünden zusammen.

Mehr Holz, aber auch weniger Lignin

Doch nicht nur die Ausbildung von mehr Holz, sondern auch dessen Zusammensetzung ist für die weitere Verwendung des nachwachsenden Rohstoffs entscheidend. Holz enthält neben Cellulose auch den Stoff Lignin in den Zellen. Er lagert sich in den Zellwänden an und hat zwei wichtige Funktionen für die Pflanze: Zum einen sorgt er für Stabilität und zum anderen dient er als Schutz vor Fressfeinden.

Cellulose ist für die Industrie ein wichtiger Rohstoff. Er muss jedoch erst aufwändig vom Lignin getrennt werden. Dies ist derzeit sehr kosten- und zeitintensiv. Das Projekt TREE FOR JOULES konzentriert sich daher darauf, den Ligningehalt in schnell wachsenden Bäumen zu modifizieren. „Schon seit Beginn der 1990er Jahre zielt man darauf ab, das Verhältnis Lignin zu Cellulose zu verändern. Die ursprüngliche Idee war, die Cellulose-Herstellung für die Papierindustrie zu vereinfachen. Später wurde dies auch für die energetische Nutzung interessant, da man aus Cellulose auch Bioethanol herstellen kann“, sagt Dr. Matthias Fladung, Projektleiter der beiden Projekte POP MASS und TREE FOR JOULES und Leiter des Forschungsbereichs Genomforschung amInstitut für Forstgenetik des Johann Heinrich von Thünen-Instituts, einer Forschungseinrichtung des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL).

Optimale Bäume für jede Anwendung

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Prof. Dr. Matthias Fladung ist Projektleiter der beiden Projekte. Darüber hinaus ist er stellvertretender Institutsleiter des Instituts für Forstgenetik des Johann Heinrich von Thünen-Instituts und leitet hier den Forschungsbereich Genomforschung.

Prof. Dr. Matthias Fladung ist Projektleiter der beiden Projekte. Darüber hinaus ist er stellvertretender Institutsleiter des Instituts für Forstgenetik des Johann Heinrich von Thünen-Instituts und leitet hier den Forschungsbereich Genomforschung.

Bildquelle: © Matthias Fladung

„In der Regel befindet sich durchschnittlich ca. 30 Prozent Lignin in den Bäumen und biotechnologisch reduziert man lediglich zwei bis vier Prozent. Dieser Prozentsatz entspricht der natürlichen Schwankungsbreite des Ligningehalts in Populationen. Selbst eine Reduktion von nur einem Prozent spart der verarbeitenden Industrie erhebliche Kosten und ist gut für die Umwelt. Energie und der Einsatz von Chemikalien zum Aufschluss des Holzes werden eingespart“, erklärt Fladung weiter. Doch auch das Gegenteil kann von Vorteil sein: Will man das Holz verbrennen, dann ist es besser, wenn mehr Lignin und weniger Cellulose enthalten ist.

Das transnationale Forschungsprojekt TREE FOR JOULES untersucht neben der Pappel auch den Eukalyptus (Eucalyptus), da dieser in wärmeren Gebieten eine wirtschaftlich bedeutende, schnell wachsendende Baumart und so für die Projektmitglieder in Spanien und Portugal interessant ist. Die deutschen und die französischen Beteiligten bearbeiten ebenfalls die Pappel. So sollen die genetischen Grundlagen der Holzbildung verstanden und optimiert werden, um einen Beitrag zu einer nachhaltigen Energieversorgung zu leisten. Dabei liegen die Schwerpunkte auf Transkriptionsfaktoren und MicroRNAs (miRNAs), die regulierend auf den Holzbildungsprozess wirken.

Biokraftstoffe ohne Konkurrenz zu Nahrungsmitteln

Der weltweit hohe Bedarf an Kraftstoff ist ein Grund für die Bemühungen, Alternativen zum Erdöl zu finden. Auch Holz kann als Ausgangsstoff für Biokraftstoff dienen. Dabei wird es zerkleinert und chemisch behandelt, um den Holzbestandteil Cellulose herauszulösen. Cellulose ist ein Mehrfachzucker, der zu Einfachzuckern (und zwar zu Glukose) gespalten und anschließend zu Bioethanol vergärt werden kann. Dieser Cellulose-Ethanol wird derzeit nur im kleinen Maßstab produziert. „Marktfähig ist das System heute noch nicht, aber wie so oft sind technologische Probleme von heute ´morgen´ gelöst“, betont Fladung. Der Wissenschaft geht es darum, neben dem Erkenntnisgewinn auch alternative Lösungsansätze zu etablierten Technologien auszuloten. 

Schnell wachsende Baumarten sind recht anspruchslos und können auch auf nährstoffarmen Flächen angebaut werden, die sich nicht für die industrielle Lebensmittelproduktion eignen - sogenannten Grenzertragsflächen. „Ziel muss es sein, Pappeln und andere schnell wachsende Bäume auf solchen Grenzertragsflächen anzubauen. Die Konkurrenz zwischen der Produktion von Nahrungs- und Energiepflanzen kann dadurch abgemildert oder sogar gänzlich vermieden werden. Außerdem erlangen Grenzertragsflächen dadurch eine wirtschaftliche Bedeutung. Darüber hinaus können marginale Standorte durch die Bäume fruchtbarer werden“, sagt Fladung. Obwohl die Nutzung als Nahrungsmittel ausfällt, wird eine Kaskadennutzung verfolgt. Bei dieser wird der Rohstoff zuerst stofflich und erst in einem zweiten Schritt energetisch genutzt.

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Auch Eukalyptusbäume wachsen schnell. Sie sind in Australien und Indonesien heimisch, werden jedoch mittlerweile auch in anderen suptropischen Ländern als Nutzpflanze angebaut. Man nutzt das Holz und gewinnt aus den Blättern ätherische Öle.

Auch Eukalyptusbäume wachsen schnell. Sie sind in Australien und Indonesien heimisch, werden jedoch mittlerweile auch in anderen suptropischen Ländern als Nutzpflanze angebaut. Man nutzt das Holz und gewinnt aus den Blättern ätherische Öle.

Bildquelle: © sil / pixelio.de

Anspruchslose Bäume zum Aufbau einer Bioökonomie

Doch Hierzulande ist man noch weit entfernt, so der Forscher. Derzeit werden in Deutschland lediglich auf etwa 6.000 Hektar Fläche schnell wachsende Bäume angebaut - ca. 70 Prozent davon sind Pappeln und ca. 30 Prozent Weiden. Spitzenreiter in Europa ist Schweden, mit ca. 12.000 ha Fläche. „Weltweit werden heute Pappeln für eine kommerzielle Nutzung auf über vier Millionen ha angebaut, China ist hierbei nicht eingerechnet. Aber für Europa mit einer Anbaufläche von etwa 50.000 - 70.000 ha im Jahr 2012 ist das noch Zukunftsmusik“, sagt Fladung. Einige Bundesländer haben bereits entsprechende Strategien für eine Erweiterung der KUPs entwickelt. So will das Land Brandenburg mit seinen durch den Braunkohletagebau geprägten Landschaften bis 2020 auf 10.000 Hektar Kurzumtriebsplantagen nutzen.

Schnell wachsende Bäume sind in jedem Fall ein wichtiger Rohstoff für den Aufbau einer Bioökonomie. Der Weg weg vom Öl und hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft wird im positiven Sinne ein holziger. „Wichtig ist dabei jedoch, dass man das Holz ökologisch nachhaltig sowie produktions- und verwendungsorientiert erzeugt und auch die daraus hergestellten Produkte umweltverträglich und kostengünstig verarbeitet“, fasst Fladung zusammen.


Weiterführende Informationen:

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Titelbild: Ein Wald einmal ganz anders: Pappelpflanzen in der Gewebekultur für Untersuchungen im Labor. (Bildquelle: © Matthias Fladung)

PLANT 2030 vereint die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsaktivitäten im Bereich der angewandten Pflanzenforschung. Derzeit umfasst dies die nationale Förderinitiative „Pflanzenbiotechnologie für die Zukunft“ und die Ausschreibungen des transnationalen Programms „PLANT-KBBE“, an denen sowohl Wissenschaftler aus dem akademischen Bereich als auch privatwirtschaftliche Unternehmen beteiligt sind.
Weitere Informationen finden Sie unter: PLANT 2030