Die Tricks des Maiswurzelbohrers

Eisenaufnahme der Maispflanze entpuppt sich als Achillesferse

16.08.2018 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Gefürchteter Agrarschädling: Eine Larve des Westlichen Maiswurzelbohrers (Diabrotica virgifera) speist gerade genüsslich an der Wurzel einer Maispflanze. (Bildquelle: © Cyril Hertz)

Gefürchteter Agrarschädling: Eine Larve des Westlichen Maiswurzelbohrers (Diabrotica virgifera) speist gerade genüsslich an der Wurzel einer Maispflanze. (Bildquelle: © Cyril Hertz)

Nun ist es bewiesen: Der Schrecken eines jeden Maisanbauers, der Maiswurzelbohrer, wird von den Pflanzen unabsichtlich angelockt. Maispflanzen geben Stoffe in den Boden ab, die ihre Eisenaufnahme und damit ihr Wachstum verbessern. Fatalerweise nützt das genau dem Schadinsekt: Er ortet seine Opfer anhand dieser Stoffe und raubt dann auch noch der Pflanze das Eisen. Diesen Teufelskreis zu durchbrechen, ist eine große Herausforderung für Landwirte und Züchter.  

Der Westliche Maiswurzelbohrer (Diabrotica virgifera) ist ein gefürchteter Agrarschädling. Er war ursprünglich in Mittelamerika beheimatet und hat sich von dort in ganz Nordamerika ausgebreitet. Bedenklich ist, dass er auch zunehmend in Europa gesichtet wird. Seine Larven ernähren sich fast ausschließlich von Maiswurzeln und richten jährlich Schäden in Milliardenhöhe an.

Ausgefuchste Schädlinge

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Fraßschäden durch den Maiswurzelbohrer können verheerend sein und zu beträchtlichen Ernteausfällen führen.

Fraßschäden durch den Maiswurzelbohrer können verheerend sein und zu beträchtlichen Ernteausfällen führen.

Bildquelle: © CyrilHertz

Der Maisschädling ist kaum zu stoppen. Die Maispflanzen bilden in ihren Wurzeln zur ihrer Verteidigung zwar toxisch wirkende Stoffe wie Benzoxazinoide. Diese wirken normalerweise wie natürliche Insektizide. Aber die Rechnung geht beim Maiswurzelbohrer nicht auf. Schon letztes Jahr konnten Forscher beweisen: Der Maiswurzelbohrer ist gegen die Abwehrstoffe nicht nur immun, sondern er funktioniert sie sogar zu seinen Gunsten um. Der Schädling speichert diese Verbindungen in für ihn ungiftige Formen und kann sie dann sogar gegen seine Fressfeinde als Abwehrstoffe einsetzen (vgl. Robert et al., 2017).

Doch wie weiß eigentlich der Maiswurzelbohrer, wo die nahrhaften Maiswurzeln zu finden sind und warum ist der Schädling dabei so unglaublich erfolgreich? Das haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für chemische Ökologie in Jena und der Universität Bern nun herausgefunden. Ihre Ergebnisse veröffentlichte das Team nun im renommierten Fachmagazin „Science“.

Eisenaufnahme ist die Achillesferse von Mais

Der Schlüssel zu diesem Rätsel liegt in der Nährstoffaufnahme der Pflanzen verborgen. Konkret in der Aufnahme von Eisen (Fe), einem wichtigen Mikronährstoff. Um mehr Eisen zu ergattern, geben Maispflanzen sogenannte Phytosiderophore in die Rhizosphäre ab. Auch Benzoxazinoide – also die sekundären Pflanzenstoffe, die die Pflanzen mitunter zur Selbstverteidigung produzieren – können als Phytosiderophore fungieren. Benzoxazinoide bilden mit dem freien Eisen im Boden Komplexe („Fe-DIMBOA“), die von den Pflanzen leicht aufgenommen werden können. Das Pflanzenwachstum wird dadurch nachweislich angekurbelt.

Doch dieser Aufnahmemechanismus entwickelt sich zur tödlichen Falle, da der Schädling von den spezifischen Eisenkomplexen der Maispflanze angelockt wird. Und nicht nur das: Das Forscherteam identifizierte einen Eisentransporter im Maiswurzelbohrer für Fe-DIMBOA. Der Schädling kann also diese Komplexe ebenfalls als Eisenquelle nutzen und wächst dadurch schneller und größer heran. Besonders an den sehr nährstoffreichen sprossbürtigen Kronenwurzeln – die nicht nur unterirdisch, sondern auch als Luftwurzeln bodennah wachsen – nimmt die Pflanze große Mengen der Eisenkomplexe auf. Diese Wurzeln sind daher der bevorzugte Angriffspunkt für die Schadinsekten, was in Experimenten auch deutlich gezeigt werden konnte.

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Das Video zeigt anschaulich, wie Maiswurzelbohrer unter der Erde die Maiswurzeln finden. (Video in englischer Sprache)

(Quelle: Universität Bern/youtube.com)

Neue Erkenntnisse sinnvoll nutzen

Hier liegt die Krux: Da Benzoxazinoide nicht nur zur Abwehr von Herbivoren, sondern auch für die Eisenaufnahme notwendig sind, wäre die Züchtung Benzoxazinoid-freier Sorten keine geeignete Strategie im Kampf gegen den Maiswurzelbohrer. „Die Herausforderung wird es sein, mit unserem neuen Wissen Maispflanzen zu züchten, die sich gegen ihren schlimmsten Feind verteidigen können, ohne ihre Eisenversorgung zu gefährden“, fasst Jonathan Gershenzon vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie die Aufgabe zusammen.

Erste Ideen gibt es schon: „Wir denken z. B. darüber nach, ob wir die Eisenkomplexe als Lockstoffe benutzen könnten, um den Wurzelbohrer von den Maispflanzen abzubringen“, erklärt die beteiligte Forscherin Christelle Robert. Dafür könnte man Eisenkomplexe synthetisch herstellen und in den Boden um „Lockpflanzen“ einbringen, die normalerweise nicht auf dem Speiseplan der Schädlinge stehen, beschreibt sie im Gespräch mit Pflanzenforschung.de. Unklar ist bisher jedoch die genaue Konzentration an FE-DIMBOA, die für solch ein Ablenkmanöver vonnöten wäre. Auch die praktische Anwendbarkeit müsste erst noch durchdacht werden. Aber zumindest theoretisch könnte so der Schaden der Schädlinge in den Maisfeldern minimiert werden.


Quelle:
Hu, L. et al. (2018): Plant Iron Acquisition Strategy Exploited by an Insect Herbivore. In: Science, (17. August 2018), doi: 10.1126/science.aat4082.

Zum Weiterlesen:

Titelbild: Gefürchteter Agrarschädling: Eine Larve des Westlichen Maiswurzelbohrers (Diabrotica virgifera) speist gerade genüsslich an der Wurzel einer Maispflanze. (Bildquelle: © Cyril Hertz)