Dürre Aussichten

Trockenheit bedroht viele Anbauregionen weltweit – vor allem gleichzeitig!

21.10.2019 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Es wird erwartet, dass Dürreperioden in Zukunft häufiger auftreten. (Bildquelle: © messager1708/pixabay/CC0)

Es wird erwartet, dass Dürreperioden in Zukunft häufiger auftreten. (Bildquelle: © messager1708/pixabay/CC0)

Eine Studie sagt voraus, dass sich das Risiko für gleichzeitige Dürreperioden in wichtigen Weizenanbauregionen der Erde bis zum Ende des Jahrhunderts vervierfachen könnte. Sie fordern vor allem die Politik zum Handeln auf. Denn es wird nicht nur den Weizen treffen.

Weizen nimmt weltweit die größte Anbaufläche ein und ist enorm wichtig für unsere Ernährung. Rund 20 Prozent aller von Menschen konsumierten Kalorien stammen von dieser Nutzpflanze. Über die Hälfte der globalen Anbaufläche liegt in zehn Anbauzentren: der Europäischen Union, Russland, Kanada, USA, Ukraine, Australien, Kasachstan, Argentinien, Türkei und Brasilien. Der Anteil dieser Flächen an der Weltproduktion liegt bei 54 Prozent und 92 Prozent des international gehandelten Weizens stammt aus diesen Regionen.

Dürreperioden beeinträchtigen die Weizenproduktion

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92 Prozent des international gehandelten Weizens stammt aus nur zehn Anbauregionen.

92 Prozent des international gehandelten Weizens stammt aus nur zehn Anbauregionen.

Bildquelle: © Stan Petersen/Pixabay/CC0

Da Weizen meist ohne Bewässerung angebaut wird, ist der natürliche Niederschlag vor und während der Vegetationsperiode entscheidend für eine gute Ernte. Weizen kann Trockenphasen relativ lange gut überstehen und hat einen vergleichsweise geringen Wasserbedarf. Aber langanhaltende Dürreperioden wirken sich auch bei ihm negativ aus. So waren lange Trockenperioden ein Mitauslöser der Nahrungsmittelpreiskrise von 2007-2008 (Headey, 2009). Doch wie wahrscheinlich ist es, dass Dürren zukünftig in mehreren wichtigen Weizenanbaugebieten gleichzeitig auftreten und ernste Versorgungsengpässe eintreten? Das hat ein internationales Team unter Beteiligung der Universität Göttingen nun untersucht.

Drei Szenarien für die Zukunft des Weizens

In dieser Studie wurde die Wahrscheinlichkeit gleichzeitiger Dürreperioden in geografisch entfernten Weizenanbaugebieten auf verschiedenen räumlich-zeitlichen Skalen abgeschätzt und eine repräsentative Auswahl globaler Klimamodelle und Emissionsszenarien berücksichtigt. Als Grundlage dienten dem Team hier drei Szenarien des Weltklimarats IPCC, genannt RCP 2.6, RCP 4.5 und RCP 8.5. Diese sogenannten „repräsentativen Konzentrationspfade“ (engl.: representative concentration pathway, kurz: RCP), wurden für den 5. Sachstandsbericht des IPCC entwickelt. Jeder dieser Pfade geht von einer anderen Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre aus – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Temperaturkurve unserer Erde. So konnte das Team im Umkehrschluss untersuchen, wie sich Klimaschutzmaßnahmen auf das künftige Dürrerisiko in den wichtigsten Weizenanbaugebieten auswirken könnten.

Das Risiko steigt

Die Projektionen zeigen ein beunruhigendes Bild: Bis zum Ende des Jahrhunderts würde demnach das Risiko für extreme Dürreperioden, die wichtige Anbauregionen gleichzeitig treffen, im schlimmsten Fall auf das Drei-bis Vierfache ansteigen. Damit könnten bis zu 60 Prozent der derzeitigen Weizenanbaugebiete gleichzeitig betroffen sein.

Sollten wir entsprechend des Pariser Klimaabkommens das Zwei-Grad Ziel noch erreichen, würde sich das Risiko zwischen 2041 und 2070 im Vergleich zu den beiden anderen Szenarien zwar erheblich verringern, aber trotzdem im Vergleich zu heute verdoppeln. Insgesamt hat Europa mit den meisten Dürren bei allen Szenarien zu rechnen. Europa würde also mehr als jede andere Region von einer Verringerung der Treibhausgasemissionen profitieren, prognostizieren die Beteiligten.

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Eine Verknappung von Grundnahrungsmitteln gefährdet nicht nur die Ernährungssicherheit, sondern kann auch soziale Unruhen auslösen.

Eine Verknappung von Grundnahrungsmitteln gefährdet nicht nur die Ernährungssicherheit, sondern kann auch soziale Unruhen auslösen.

Bildquelle: © Bruno Glätsch/Pixabay/CC0

Weltweite Ernährungssicherheit gefährdet

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass unter den künftigen Klimabedingungen das Risiko für Extremereignisse stark erhöht ist. Dies würde wahrscheinlich alle Marktteilnehmer treffen, angefangen von direkten Einflüssen auf Subsistenzlandwirte bis hin zu preisbedingten Veränderungen auf den internationalen Märkten, schreiben die Autoren.

„Wenn die Wahrscheinlichkeit, dass solche Ereignisse gleichzeitig passieren, aufgrund des Klimawandels weiter zunimmt, hat das deutliche Auswirkungen auf das zweite Nachhaltigkeitsziel der Vereinten Nationen, den Hunger in der Welt bis 2030 zu eliminieren“, betont der an der Studie beteiligte Wissenschaftler Reimund P. Rötter von der Universität Göttingen. Denn die Studie belegt, dass selbst die stärksten in den Szenarien angenommenen Reduktionsmaßnahmen die Zunahmen von Dürren nicht verhindern können.

Es muss etwas getan werden!

Das macht rechtzeitige Anpassungsmaßnahmen dringlich erforderlich. Die Forscher appellieren daher an die Politik, ambitionierte und wissenschaftsbasierte Maßnahmen zu ergreifen sowie Rahmenbedingungen zu schaffen, um den bevorstehenden Herausforderungen – auch auf sozialer Ebene – entgegenzuwirken.

Aber auch gezielte Maßnahmen auf landwirtschaftlicher und züchterischer Seite müssen angestoßen werden. Dabei geht es beispielsweise um eine Verlegung der Anbauzeit, ein Umstieg auf vollständige oder teilweise Bewässerung, die Steigerung der Wassereffizienz in der Landwirtschaft sowie neue Sorten mit erhöhter Trockenheits- und Hitzetoleranz. Und das gilt nicht nur für den Weizenanbau, sondern auch für viele andere Feldkulturen.


Quelle:
Trnka, M. et al. (2019): Mitigation efforts will not fully alleviate the increase in water scarcity occurrence probability in wheat-producing areas. In: Science Advances, (25. September 2019), doi: 10.1126/sciadv.aau2406.

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Titelbild: Es wird erwartet, dass Dürreperioden in Zukunft häufiger auftreten. (Bildquelle: © messager1708/pixabay/CC0)