Ein dauerhafter Allrounder

Das Weizen-Resistenzgen Lr34 wirkt auch in Hirse

30.11.2017 | von Redaktion Pflanzenforschung.de

Hirse (Sorghum bicolor) ist ein wichtiges Getreide, dass aufgrund seiner Dürretoleranz in Regionen mit semiaridem Klima beliebt ist. (Bildquelle: © John Coppi/CSIRO; CC BY 3.0)

Hirse (Sorghum bicolor) ist ein wichtiges Getreide, dass aufgrund seiner Dürretoleranz in Regionen mit semiaridem Klima beliebt ist. (Bildquelle: © John Coppi/CSIRO; CC BY 3.0)

Lr34 ist ein Resistenzgen, das zwei besondere Eigenschaften aufweist: Es schützt Weizenpflanzen gleich gegen mehrere Krankheitserreger und wird in Zuchtprogrammen schon seit über 100 Jahren erfolgreich genutzt – ohne das jemals die von diesem Gen vermittelte Resistenz durchbrochen wurde. Nun hat ein Forschungsteam nachgewiesen, dass Lr34 auch Hirse gegen verschiedene Erreger schützen kann.  

Pilzkrankheiten verursachen bei Kulturpflanzen erhebliche wirtschaftliche Schäden. So verringern sie die Erträge und müssen kostspielig mit Pflanzenschutzmitteln bekämpft werden. Ein Ausweg ist der Anbau von krankheitsresistenten Sorten. Daher suchen Züchter händeringend nach Genen, die unsere wichtigsten Nutzpflanzen dauerhaft schützen können.

Multipathogen-Resistenzgen aus Weizen

Viele bisher identifizierte Resistenzgene haben einen großen Nachteil: Sie sind nur kurzzeitig wirksam. Die Erreger schaffen es, sich anzupassen und die Resistenz der Pflanzen zu durchbrechen. Nur sehr wenige Gene können den Pathogenen lange Einhalt gebieten. Bei Weizen, der weltweit am häufigsten angebauten Getreideart, fand man ein Gen, dass ausgewachsene Pflanzen gegen ein breites Spektrum an Krankheitserregern schützt: Lr34. Es wird seit langem erfolgreich in der Weizenzucht gegen mehrere Pilzkrankheiten angewendet, darunter gegen Rostkrankheiten wie Braunrost, Gelbrost oder Schwarzrost sowie Mehltau.

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Rostkrankheiten werden durch Pilze verursacht und führen zu erheblichen Ernteeinbußen bei Kulturpflanzen.

Rostkrankheiten werden durch Pilze verursacht und führen zu erheblichen Ernteeinbußen bei Kulturpflanzen.

Bildquelle: © Carl Davies/CSIRO; CC BY 3.0

Bemerkenswert ist, dass dabei kein Cluster von Resistenzgenen am Werk ist, sondern nur ein einziges Gen. Lr34 kodiert für ein Membrantransportprotein (ABC-Transporter). Bisher ist zwar noch nicht verstanden, welcher Wirkmechanismus der durch Lr34 verliehenen Krankheitsresistenz zugrunde liegt. Aber die gentechnische Übertragung von Lr34 auf andere Kulturen wie Gerste (Chauhan, et al., 2015), Reis (Krattinger, et al., 2015) und Mais (Sucher, et al., 2016) hat gezeigt, dass es dort auch gegen nicht Weizen-spezifische Pathogene effektiv wirkt.

Auch in Hirse wirksam

Nun überprüfte ein Team, ob das Gen auch in Hirse (Sorghum bicolor) ähnliche Effekte erzieht. Hirse ist ebenfalls ein wichtiges Getreide, das beim weltweiten Getreideanbau flächenmäßig an fünfter Stelle steht. Vor allem in Regionen mit semiaridem Klima ist Hirse aufgrund ihrer Dürretoleranz beliebt. Auch sie wird von Krankheiten heimgesucht, die erhebliche Ernteeinbußen nach sich ziehen können. Da Lr34 in Weizen überwiegend Resistenzen gegen biotrophe Pathogene verleiht (d. h. Erreger, die lebende Pflanzen parasitieren), wollte man hier zudem überprüfen, ob Lr34 auch gegen hemibiotrophen Pilze wirkt - also solche, die sich von lebendem und danach von totem Gewebe ernähren.

Im Labor wurde der Gentransfer mittels Partikelbeschuss durchgeführt. Die erfolgreich transformierten Hirsezellen wurden zu transgenen Pflanzen regeneriert. Es entstanden drei Hirse-Linien, die jeweils unterschiedlich viele Kopien des Genes im Erbgut enthielten: entweder eine einzige Kopie, drei oder sieben Kopien. Sie wurden anschließend mit Krankheitserregern infiziert, dem biotrophen Pilz Puccinia purpurea  (verursacht Sorghumrost) oder dem hemitrophen Pilz Colletotrichum sublineolum (ruft Anthraknose hervor). Alle erfolgreich transformierten Pflanzen zeigten anschließend weniger Krankheitssymptome, während Kontrollpflanzen deutlich sichtbare Spuren der Krankheiten Sorghumrost und Anthraknose aufwiesen. Je höher die Kopienzahl des Lr34-Gens im Genom war, desto stärker war die Abwehrkraft der Pflanzen. Dies lässt sich mit einer damit verbundenen höheren Expressionsrate des Resistenzgens erklären.

Wichtiger Ansatzpunkt

Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die notwendigen Komponenten, die an der durch Lr34 angestoßen Signalweiterleitung und Abwehrreaktion beteiligt sind, auch in Sorghum natürlicherweise vorhanden sind. So konnten in infizierten Lr34-Linien auch erhöhte Werte von Phytoalexinen wie 3-Deoxyanthocyanidine nachgewiesen werden. Diese Abwehrstoffe hemmen Ausbreitung, Wachstum oder Vermehrung von Krankheitserregern in Pflanzen. Ein Wehrmutstropfen gibt es aber noch: Die resistentesten Pflanzen, die Lr34 stark exprimierten, zeigten ein etwas geringeres Wachstum und niedrigere Erträge als die Pflanzen mit geringerer Lr34-Aktivität oder die Kontrollpflanzen. Dennoch ist das Gen ein erfolgversprechender Ansatz für weitere Forschung und für zukünftige Züchtungsprogramme.


Quelle:
Schnippenkoetter, W. et al. (2017): The wheat Lr34 multipathogen resistance gene confers resistance to anthracnose and rust in sorghum. In: Plant Biotechnology Journal (2017) 15, pp. 1387–1396, (10. Oktober 2017), doi: 10.1111/pbi.12723.

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Titelbild: Hirse (Sorghum bicolor) ist ein wichtiges Getreide, dass aufgrund seiner Dürretoleranz in Regionen mit semiaridem Klima beliebt ist. (Bildquelle: © John Coppi/CSIRO; CC BY 3.0)